Tilbage til oversigten!
1 Sermon von der
würdigen Empfahun des heiligen wahren Leichnam Christi,
gehalten am grünen Donnerstag zu Wittenberg Anno 1521. (n1) |
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2 Zum ersten, sollen die zum Sacrament nicht gehen, die in öffentlichen Sünden und bösem Vorsatz liegen; als da sind, Hass, Unreinigkeit und dergleichen. | |
3 Und soll nicht angesehen werden der Kirchen Gebot, bis sie solche Sünde meiden; denn es ist besser, thun Gottes Gebot, denn der Kirchen Gebot, und Nachlassung des Sacraments, denn wider Gottes Gebot sündigen, das- (66) selbige empfahen, welcher solchen Sünden verboten hat das heilige Sacrament. | |
4 Zum andern, sollen auch die sich enthalten vom Sacrament, die sich empfinden also geschickt, dass sie nur ums Gebots willen der Kirche oder aus Gewohnheit hinzu gehen, dass, wo sie frei wären und möchten's lassen, sie nicht von gutem Willen oder Begierden hinzugehen; | |
5 denn das heilige Sacrament sucht, als St. Augustinus sagt, eine hungerige, durftige, begierige Seele, die nach ihm Verlangen hat: | |
6 welche aber aus Gebot oder Gewohnheit hingehen, die haben kein Verlangen noch Begierde dazu, sondern vielmehr ein Greuel oder Scheue davor, dass sie lieber davon, denn dabei wären. | |
7 Ein begierig Herz erwartet nicht des Gebots, siehte auch nicht auf Gebot oder Gewohnheit, sondern seine Noth und Begierde treibt ihn, dass er nur aufs Sacrament, das er begehret, Achtung hat. | |
8 Zum dritten, sprichtst du, wo das wahr wäre, so ist zu besorgen, dass wenig Leute in der Welt es würdig empfahen, denn fast jedermann, ohne sein Erwählen, nur aus Gehorsam der Kirchen hinzugehet. | |
9 Antwort: Da hilft nichts für, es muss Hunger und Durst seyn zu dieser Speis und Trank, oder mag ohne Schaden nicht abgehen. | |
10 Gleich als in der Natur, wenn der Leib satt und voll ist, oder sonst krank und nicht hungerig, und nimmt darüber zu sich ein gross, reiches Mahl, der muss davon siech, und krank werden und sterben: ist er aber hungrig und durstig, so ist er lustig, und wird gesund und stark davon. | |
11 Zum vierten: Darum thut der Papst zu wenig, ja unrecht daran, dass er die Leute mit Gebot dahin dringt, ohn allen Unterscheid, und nicht zuvor und mehr allen Fleiss vorwendet, wie er diesen Hunger und Durst in die Herzen bringe, verderbet damit nur die Seelen, und treibt sie zu Sünden, macht des Sacraments Frucht ganz zunichte: es wäre denn, dass jemand sein Gebot nur auf die Hungrigen deuten wollte. | |
12 Sonst ist's fürwahr ein verderblich, schädlich Gebot, dem nicht zu folgen ist, bis dass du hungerig seyest, und ohn Gebot von dir selbst hinzugetreiben werdest, dass dir alsdenn sein Gebot nimmer noth sey. | |
13 Es mag je das Sacrament, (E67) auch Gott selber, niemand ohne seinen Willen etwas geben, und seine Gaben, dieweil sie gross sind, fordern sie grossen Hunger und Verlangen, fliehen aber und scheuen ein gedrungen und unwilliges Herz. | |
14 Zum fünften: den Hunger und Durst bereitet man also, wenn man dem Menschen ohn alle Gebieten anzeigt seine Gebrechen und Noth, dass er seinen Jammer erkenne, und eine Begierde gewinne, derselben los zu werden. | |
15 Als, wenn du erkennest, dass du schwach im Glauben, kalt in der Liebe bist, zaghaftig in der Hoffnung. | |
16 Item, findest dich geneigt zu Hass und Ungeduld, zu Unreinigkeit, zu Geiz, oder was der Laster mehr sind, als du ohn Zweifel dich finden und fühlen wirst, so du dich recht ansiehest; | |
17 denn alle Heiligen haben sich also funden: auch ob du in etliche der Stücke, als gebrechlich, verwilliget oder verfallen wärest. | |
18 Siehe, das Ansehen und Erkennen deiner Sünde, so es der Meinung geschieht, oder so viel in dir wirkt, dass du derselben Laster und Bosheit gern los wärest, und begehrest auch rein, züchtig, sanftmüthig, mild, demüthig, gläubig, liebend, etc. zu seyn, das ist ein Angang dieses Hungers und Durstes. | |
19 Zum sechsten: Je grösser und hitziger nun diese Begierde in dir ist, je bas du zum Sacrament geschickt bist; | |
20 denn auch Gott sein Gebot darum gegeben, die Sünde also zu erkennen, dazu so greulich etliche straft, auch den Tod und Hölle mit allerlei Pein und Jammer dräuet, dass er den Menschen treibe und verlangend mache nach der Frömmigkeit, und also bereit zu diesem Sacrament. | |
21 Siehe, alsodenn achtet der Mensch nicht mehr der Kirchen Gebot, sondern wird froh, dass er mag dazu kommen, ungetrieben, und von ihm selbst und seiner Nothdurft, ohn alle Gebot und Forderung. | |
22 Diese Lehre und Unterricht sollten Papst und alle Priester treiben ins Volk, und ihr Gebot lassen anstehen, auf dass ein jeglicher frei bleibe, und wer nicht hiedurch begierig würde, vom Sacrament sich enthalten liesse. | |
23 Nun treiben sie nur das Gebot, und mit dem Haufen hinein stürmen, dass er gar viel Schadens der Christenheit davon geschieht. | |
24 c Zum siebenten: Wenn nun der Mensch also zum Hunger kommen ist, und damit bereitet zum Sacrament; (E68) soll er je zusehen, dass er nicht auf seine Würdigkeit hinzu gehe, auch nicht allein darum bitten, wie etliche thun, die den Vers beten: "Herr, ich bin nicht würdig, dass du unter mein Dach gehest, sondern sag nur ein Wort, so wird meine Seele gesund," Matt 8,8. | |
25 Nichte, dass ich das Gebet verwerfe, sondern man soll ein nähers begreifen. | |
26 Das sind die Worte, da Christus die Mess eingesetzet, und spricht: "Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. | |
27 Nehmet hin, und trinket daraus allesammt, das ist der Kelch des neuen und ewigen Testament in meinem Blut, das für euch und für viel vergossen wird, zur Vergebung der Sünden". Matt 26,26sqq. | |
28 Diese Worte, ob sie wohl der Priester heimlich spricht, (und wollte Gott, er spräche sie aufs allerlauteste, dass sie jedermann klärlich hörete, auch in deutscher Sprach,) so soll sie doch ein jeglicher Christ in der Mess vor ihm haben, und nur auf dieselben acht haben vor allen Dingen; | |
29 denn gleichwie sie lauten zu uns allen, also redet sie auch der Priester an Christi Statt zu allen, die um ihn stehen; sollen uns auch ihr alle annehmen, darauf bauen, und nicht zweifeln, wir werden damit zu Gaste geladen von dem Herrn zu diesen reichen Mahl. | |
30 Zum achten: das bedeutet auch der Priester, wenn er das Sacrament und Kelch empor hebt, und dazu mit Glocken geläutet wird, welches alles nicht besser ist, denn dass wir damit der Wort Christi erinnert werden; |
Noter:
n0. Jvfr Köstlin 3,17#119.
n1: Erlanger-note: Erschien in demselben Jahre und später noch etlichemal unter dem Titel: ein Sermon von der würdigen Empfahung des heiligen wahren Leichnams Christi, gethan am grünen Donnerstag zu Wittenberg, in Gegenwart des Durchl. Hochgebornen Fürsten und Markgraven in Brandenburg den jüngern, Dr. Mart. Luther, in 4.