Prædiken skærtorsdag 1521 i Wittenberg


holdt den 28. marts 1521 i Wittenberg (n0), før afrejsen til Worms. Taget fra Erl 17,65-72.

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1 Sermon von der würdigen Empfahun des heiligen wahren Leichnam Christi,
gehalten am grünen Donnerstag zu Wittenberg Anno 1521.  (n1
        Zum ersten, sollen die zum Sacrament nicht gehen, die in öffentlichen Sünden und bösem Vorsatz liegen; als da sind, Hass, Unreinigkeit und dergleichen. 
3  Und soll nicht angesehen werden der Kirchen Gebot, bis sie solche Sünde meiden; denn es ist besser, thun Gottes Gebot, denn der Kirchen Gebot, und Nachlassung des Sacraments, denn wider Gottes Gebot sündigen, das- (66) selbige empfahen, welcher solchen Sünden verboten hat das heilige Sacrament. 
4         Zum andern, sollen auch die sich enthalten vom Sacrament, die sich empfinden also geschickt, dass sie nur ums Gebots willen der Kirche oder aus Gewohnheit hinzu gehen, dass, wo sie frei wären und möchten's lassen, sie nicht von gutem Willen oder Begierden hinzugehen; 
5  denn das heilige Sacrament sucht, als St. Augustinus sagt, eine hungerige, durftige, begierige Seele, die nach ihm Verlangen hat: 
6  welche aber aus Gebot oder Gewohnheit hingehen, die haben kein Verlangen noch Begierde dazu, sondern vielmehr ein Greuel oder Scheue davor, dass sie lieber davon, denn dabei wären. 
7  Ein begierig Herz erwartet nicht des Gebots, siehte auch nicht auf Gebot oder Gewohnheit, sondern seine Noth und Begierde treibt ihn, dass er nur aufs Sacrament, das er begehret, Achtung hat. 
8            Zum dritten, sprichtst du, wo das wahr wäre, so ist zu besorgen, dass wenig Leute in der Welt es würdig empfahen, denn fast jedermann, ohne sein Erwählen, nur aus Gehorsam der Kirchen hinzugehet. 
9 Antwort: Da hilft nichts für, es muss Hunger und Durst seyn zu dieser Speis und Trank, oder mag ohne Schaden nicht abgehen. 
10 Gleich als in der Natur, wenn der Leib satt und voll ist, oder sonst krank und nicht hungerig, und nimmt darüber zu sich ein gross, reiches Mahl, der muss davon siech, und krank werden und sterben: ist er aber hungrig und durstig, so ist er lustig, und wird gesund und stark davon. 
11            Zum vierten: Darum thut der Papst zu wenig, ja unrecht daran, dass er die Leute mit Gebot dahin dringt, ohn allen Unterscheid, und nicht zuvor und mehr allen Fleiss vorwendet, wie er diesen Hunger und Durst in die Herzen bringe, verderbet damit nur die Seelen, und treibt sie zu Sünden, macht des Sacraments Frucht ganz zunichte: es wäre denn, dass jemand sein Gebot nur auf die Hungrigen deuten wollte. 
12 Sonst ist's fürwahr ein verderblich, schädlich Gebot, dem nicht zu folgen ist, bis dass du hungerig seyest, und ohn Gebot von dir selbst hinzugetreiben werdest, dass dir alsdenn sein Gebot nimmer noth sey. 
13 Es mag je das Sacrament, (E67) auch Gott selber, niemand ohne seinen Willen etwas geben, und seine Gaben, dieweil sie gross sind, fordern sie grossen Hunger und Verlangen, fliehen aber und scheuen ein gedrungen und unwilliges Herz. 
14        Zum fünften: den Hunger und Durst bereitet man also, wenn man dem Menschen ohn alle Gebieten anzeigt seine Gebrechen und Noth, dass er seinen Jammer erkenne, und eine Begierde gewinne, derselben los zu werden. 
15 Als, wenn du erkennest, dass du schwach im Glauben, kalt in der Liebe bist, zaghaftig in der Hoffnung. 
16 Item, findest dich geneigt zu Hass und Ungeduld, zu Unreinigkeit, zu Geiz, oder was der Laster mehr sind, als du ohn Zweifel dich finden und fühlen wirst, so du dich recht ansiehest; 
17 denn alle Heiligen haben sich also funden: auch ob du in etliche der Stücke, als gebrechlich, verwilliget oder verfallen wärest. 
18 Siehe, das Ansehen und Erkennen deiner Sünde, so es der Meinung geschieht, oder so viel in dir wirkt, dass du derselben Laster und Bosheit gern los wärest, und begehrest auch rein, züchtig, sanftmüthig, mild, demüthig, gläubig, liebend, etc. zu seyn, das ist ein Angang dieses Hungers und Durstes. 
19         Zum sechsten: Je grösser und hitziger nun diese Begierde in dir ist, je bas du zum Sacrament geschickt bist; 
20 denn auch Gott sein Gebot darum gegeben, die Sünde also zu erkennen, dazu so greulich etliche straft, auch den Tod und Hölle mit allerlei Pein und Jammer dräuet, dass er den Menschen treibe und verlangend mache nach der Frömmigkeit, und also bereit zu diesem Sacrament. 
21 Siehe, alsodenn achtet der Mensch nicht mehr der Kirchen Gebot, sondern wird froh, dass er mag dazu kommen, ungetrieben, und von ihm selbst und seiner Nothdurft, ohn alle Gebot und Forderung. 
22 Diese Lehre und Unterricht sollten Papst und alle Priester treiben ins Volk, und ihr Gebot lassen anstehen, auf dass ein jeglicher frei bleibe, und wer nicht hiedurch begierig würde, vom Sacrament sich enthalten liesse. 
23 Nun treiben sie nur das Gebot, und mit dem Haufen hinein stürmen, dass er gar viel Schadens der Christenheit davon geschieht. 
24 c       Zum siebenten: Wenn nun der Mensch also zum Hunger kommen ist, und damit bereitet zum Sacrament; (E68) soll er je zusehen, dass er nicht auf seine Würdigkeit hinzu gehe, auch nicht allein darum bitten, wie etliche thun, die den Vers beten: "Herr, ich bin nicht würdig, dass du unter mein Dach gehest, sondern sag nur ein Wort, so wird meine Seele gesund," Matt 8,8. 
25 Nichte, dass ich das Gebet verwerfe, sondern man soll ein nähers begreifen. 
26 Das sind die Worte, da Christus die Mess eingesetzet, und spricht: "Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. 
27 Nehmet hin, und trinket daraus allesammt, das ist der Kelch des neuen und ewigen Testament in meinem Blut, das für euch und für viel vergossen wird, zur Vergebung der Sünden". Matt 26,26sqq. 
28         Diese Worte, ob sie wohl der Priester heimlich spricht, (und wollte Gott, er spräche sie aufs allerlauteste, dass sie jedermann klärlich hörete, auch in deutscher Sprach,) so soll sie doch ein jeglicher Christ in der Mess vor ihm haben, und nur auf dieselben acht haben vor allen Dingen; 
29 denn gleichwie sie lauten zu uns allen, also redet sie auch der Priester an Christi Statt zu allen, die um ihn stehen; sollen uns auch ihr alle annehmen, darauf bauen, und nicht zweifeln, wir werden damit zu Gaste geladen von dem Herrn zu diesen reichen Mahl.
30          Zum achten: das bedeutet auch der Priester, wenn er das Sacrament und Kelch empor hebt, und dazu mit Glocken geläutet wird, welches alles nicht besser ist, denn dass wir damit der Wort Christi erinnert werden; 
31  als sollte der Priester und Glöckner sagen zu uns allen: Höret zu, ihr Christen, sehet her, da nehmet hin und esset, nehmet hin und trinket, das ist der Leib und Blut Christi. 
32 Also, dass den Layen mit dem Aufheben des Priesters und Glöcklein gleich so viel bedeutet werde, als höreten sie die Worte Christi laut und klar, die der Priester heimlich gelesen hat. 
33 Auf diese Worte musst du nun dein hungerig Herz bauen, und auf solch göttlicher Wahrheit Zusagung dich verlassen, darauf zum Sacrament gehen, und zu Gott dringen, und also sagen: 
34 Herr, wahr ist's, dass ich nicht würdig bin, dass du gehest unter mein Dach, so bin ich doch dürstig und begierig deiner Hülf und Gnade, dass ich auch möge fromm werden. 
35 So komme ich auf kein anders Verlassen, denn (E69) dass ich jetzt süsse Worte gehöret habe, da du micht mit zu deinem Tisch ladest, und sagest mir Unwürdigen zu, ich soll Vergebung aller Sünde haben durch dein Leib und Blut, so ich's esse und trinke in diesem Sacrament, Amen. 
36 Lieber Herr, dein Wort ist wahr, da zweifle ich nicht an, und darauf esse und trinke ich mit dir, mir geschehe nach deinem Willen und Worten. Amen. 
37          Zum neunten: Das heisst denn würdig zum Sacrament gangen: welche Würdigkeit nicht an unserm Fleiss, Mühe, Arbeit, Beten oder Fasten, sondern an der göttlichen Worte Wahrheit liegt. 
38 Es haben wohl etliche, solche Lust und Begierde zum Sacrament zu machen, erdichtet mancherlei Frucht der Messen, einer sonst, der ander so: 
39 dass unter ihnen etliche schreiben, der Mensch werde nicht älter unter der Messe; und so lang damit genarret, dass sie die Frucht der Messen allerdings leiblich und zeitlich gemacht haben, dess sie doch keinen Grund, denn ihre eigenen Träume haben; 
40 wollen auch um der gehörten Mess willen des Tages sicher und glückselig seyn: und ist nichts überblieben von der Messe, das ist, vom Verstand und Brauch dieser göttlichen Zusagung, welches die ganze Mess ist. 
41 Denn Christus am Abendessen nicht mehr, denn diese Wort eingesetzt, und dieselben nur zum geistlichen Nutz, als zur Vergebung der Sünde, zur Gnade und Hülfe Empfahung, zu brauchen geben hat, dass des Menschen Herz durch den Glauben dran hangend, stark wird in allem Guten wider die Sünde, Tod, und Hölle. 
42 Er will nicht zeitlich, sondern geistlich und ewiglich geholfen haben, durch seine Worte und Werke, und ist eine Schmach Gottes, derselben zu zeitlichen Gütern also missbrauchen. 
43         Zum zehenten: Also, wenn der Priester das Sacrament reicht, sollte er verstanden werden, als thue er das Werk, von welchem die Worte Christi lauten: nehmet hin, und esset etc. und der Mensch soll auch in Kraft und Bedenken desselben Worts das Sacrament eimpfahen, und je nicht zweifeln, es geschehe ihm nach Laut und Inhalt derselben Wort Christi, dass gewisslich Christi Leib für ihn gegeben, und sein Blut für ihn vergossen sey, und er ein Erbe des neuen Testaments sey, das ist, Gnade und Hulde Gottes, zum ewigen Leben. 
44 Siehe, (E70) der Glaube macht fromm und vertreibt alle Sünde, stärkt alle Krankheit, erleucht' alle Blindheit, heilet alle böse Zuneigung, behütet vor Sünden, thut alles Gutes; 
45 kürzlich, die Frucht solches Glaubens ist allessammt, und kein Gebrechen mehr: denn in dem Glauben wird der heilige Geist gegeben, dadurch der Mensch Gott lieb gewinnet, als der ihm hierin eine so reiche Wohlthat erzeiget, wird lustig und fröhlich alles Gute zu thun, ohn Gebot und Gesetz. 
46        Zum eilften: Nun siehe, wie fern sie gefahren sind von der Strassen, die uns gelehret haben zu dem Sacrament würdig zu gehen, auf die Maasse, dass wir sollen ganz rein seyn, und haben uns blöd, schüchtern gemacht, das süsse, selige Sacrament zu einem schrecklichen und gefährlichen Handel verkehret, dass wenig Leute mit Lust und Begierde dahin gehen, darum, dass sie immer fürchten, sie seyn nicht rein und würdig genug, durch welche Sorge und Furcht sie am allerunwürdigsten werden, und gleich der Hunger und Durst ausgetrieben wird: 
47 denn Furcht und Verlangen bestehen nicht mit einander; darum haben sie eben damit uns verhindert, damit sie uns zu fördern gemeinet haben. 
48 Wenn du nicht ehe kommen willst, du seyest denn ganz rein und ohne Gebrechen, so bleibest du viel besser davon. 
49 Das Sacrament soll dich rein machen und dir helfen, so willst du nicht ehe kommen, du bedürfst denn seiner Hülfe nimmer, habest dir zuvor selber geholfen. 
50 Das ist eben, als wenn du zu einem köstlichen Mahl geladen werdest, und fressest und säufest dich zuvor voll, dass du über dem Tisch müssest sitzen mit Unlust und Eckel, alle Speise vergebens lassen vortragen. Wie soll das dem Wirth gefallen? 
51         Zum zwölften: Siehe, also gehet es, wenn man die Leute mit Geboten und Gesetzen will fromm machen, und recht führen, dass sie nur ärger werden, und durch solch Treiben unwillig, unlustig thun; 
52 welches denn bald hinderlich ist zu Gottes Gnaden und Sacrament, welches er nicht mag noch will geben den gedrungenen, gezwungenen, hergenöthigten durch Gebot und Gesetz; 
53 sondern den begierigen, selbstkommenden, dürstigen, verlangenden Herzen, wie er sagt Matth. 14,12: "Das Him- (E71) melreich leidet Gewalt, und die Gewaltigen reissen es zu sich, von der Zeit an der Predigt Johannes", das ist, dieweil St. Johannes dem Volk seine Sünde und Gebrechen eröffnet, (welches sollen alle Prediger thun,) so wird ihnen so jäch nach dem Reich Gottes und seiner Hülfe, dass sie gleich mit Gewalt hinzu dringen, und reissen es zu sich. 
54 Solche Gäste hat auch Gott lieb, und heisst sie willkommen, die also von ihren Sünden und Gebrechen gejaget werden, wir Psalm 42,2 sagtt: "Wie ein gejagter Hirsch begierig ist nach einem frischen Brunnwasser, so verlanget auch meine Seele nach dir, mein Gott". 
55         Zum dreizehnten: Also locket er auch Matth. 11,28: "Kommet zu mir alle, die ihr arbeitet und beschweret seyd, ich will euch erquicken und helfen". 
56 Es ist nihct zu glauben, dass der Herr von leiblicher Arbeit oder Last sage, denn er hilft nur den Seelen; 
57 darum sine solche Worte zu verstehen von der Arbeit und Last des Gewissens, welches sind nichts anders, denn bös Gewissen von gethanen Sünden und täglich Gebrechen und Neigung zu Sünden. 
58 Alle dieselbigen treibt er nihct von sich, wie die thun, die uns lehren rein und würdig zum Sacrament gehen, giebt auch kein Gebot, treibt niemand, sondern locket und reizet lieblich alle, die da Sünder sind und sich belastet finden, so sie anders Hülfe begehren. 
59 cMan muss das hohe Sacrament nicht als ein Gift, sondern als eine Arzenei der Seelen halten; 
60 wie er selbst sagt Matth. 9,12: "Die Gesunden dürfen keines Arztes, sondern die Kranken". 
61 Da liegt es nur an, dass due deine Arbeit und Last wohl erkennest und fühlest, und herzlich begierig seyest, derselben los zu werden; 
62 siehe, so bist du des Sacraments würdig, und so du glaubest, so giebt er dir alles, was du bedarfest. 
63 Aber nun gehet das mehrere Theil ohn' solchen Verstand hin, bringen einen hungerigen Bauch, und eine volle Seele; beten viel zuvor, und glauben doch nicht; nehmen das Sacrament, und brauchen sein nicht; wissen nicht, warum sie das thun, denn dass sie dem Gebot der Kirchen mit Furcht und Unwillen gehorsam sind, damit auf's allerungeschicktest zum Sacrament werden. 
64 Wehe allen solchen Lehrern, die des (E72) heiligen Sacraments Brauch und Kraft nicht allein schweigen, sondern auch hindern mit ihrem tollen Treiben und Schreiben. Gott erlöse uns von ihnen. Amen. 
65 c
66 c
67 c
68 c
69 c
70 c
71 c
72 c
73 c
74 c
75 c
76 c
77 c
78 c
79 c
80 c
81 c
82 c
83 c
84 c
85 c
86 c
87 c
88 c
89 c
90 c

Noter:

n0. Jvfr Köstlin 3,17#119.

n1: Erlanger-note: Erschien in demselben Jahre und später noch etlichemal unter dem Titel: ein Sermon von der würdigen Empfahung des heiligen wahren Leichnams Christi, gethan am grünen Donnerstag zu Wittenberg, in Gegenwart des Durchl. Hochgebornen Fürsten und Markgraven in Brandenburg den jüngern, Dr. Mart. Luther, in 4.