1
Es würt ietz im liecht des evangeliums gefraget:
Ob under den
christen, die all von ainem irdischen vatter geboren, von ainem hymlischen
widergeboren und in evangelische freyhait durchs blut Christi gesetzt seind,
mög oder solle knechtschafft oder leybaygenschafft erlitten werden? |
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2
Auff dise frag will ich also antworten, das herren und knechten auss götlicher
schrifft gesagt werd, was inen zu sagen ist, durch etlich artickel. Überliss
und darnach urtayl! |
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3 1. Wir seind all
kinder des zorns geboren vom Adam, das des natürlichen ursprungs halber
kain underschayd ist, so werden wir christen all durchs wasser und gayst
widergeborens in wellicher widergeburt werden wir kinder Gottes, bruder
Christi, berufft zu aim erb, das also nach der natur und gnad der wal und
kyndtschafft ainer dem andern nit soll fürgezogen werden. (Eph 2,3;
Joh 3,5) |
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4 2.
Wie wol darnach in den gaben Got des hayligen gaysts grosser underschayd
ist under den menschen, die weyl ainem mer dem andern weniger gegeben wirt
wie es dem gayst Gottes gefalt, doch underschaydet allain der liebreich
glaub under den sünen des reichs und den sünen der verderbtnüss.
(1 Kor 12,4-31; Gal 3,7. 26) |
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5 3. Wir christen all werden
durch den glauben in Christum ain gaist mit im, und auss veraynigung der
gaistlichen ee zwischen uns und Christo werden wir all künig und priester
nach der ewigen wal Gottes. (Ef 5,30; Apoc 1,6; 1 Pet 2,9. 10) |
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6 4.
Des selbigen künigreychs gwalt ist unüberwintlich, wunderbarlich
und so gross, das ainem christenmenschen nichts schaden mag, sonder alle
ding müssen im dienen zum hayl, dann er ist aller ding ain herr in
Christo, der aller freyest und niemants knecht. (Rom 8,31. 28; 1 Kor 3,16.
17. 22; Matt 16,19; 1 Kor 9,1) |
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7 5.
Wir seind auch priester in Christo, und mögen in krafft diss priesterthümbs
für Got tretten durch den gayst des glaubens, für die andern
bitten, das reych der hymel verkünden, ain opffer des kreütz
unnd lobs opffern. (1 Pet 2,5; Apoc 1,10. 11; Rom 12,1) |
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8 6. Aber unsers künigs
reych ist nit von diser welt, er regniert in hymlischen gaystlichen dingen,
als ist gerechtigkait, warhayt, weysshait, fryd, hayl etc. (Joh 18,36f) |
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9 7. Nit, das irdische,
sichtliche [sichtbare] unnd hellische ding nit auch Christo underworffen
seyen, welcher warlich allen gewalt von Got seinem vatter in hymel und
erd hat empfangen. Aber er hat ain solichs besunders reych, das nit in
solichen sichtlichen dingen steet oder von solchen schlechten dingen ist.
(Matt 28,18; Hebr 1,2-4; Fil 2,6-11) (243) |
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10 8. Darumb ist der christglaubigen
reych nit ain sichtlichs, zeytlichs reych hie auff erden, sender ain gaistlichs
reych im glauben. |
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11 9. Also das ain christ regniert
und triumphiert inmitten in aller zeytlicher trübsal, in angst und
leyden, dann sein krafft nimpt zu in der schwachayt, unnd ist im ain freüd,
so er in mancherlay trübsal felt, dieweil er waysst, das erfarung
des glaubens gedult bringt, gedult bringt bewerung, bewerung bringt hoffnung,
welche in nit lasst zu schanden werden. (2 Kor 12,10; Jak 1,2f; Rom 5,3-5) |
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12 10.
Es ist vil ain ander ding umb unser reych, dann umb der welt reich. Das
weltlich reych nimpt zu, wann es andern leüten schaden thut und belaidigt.
Unser reych wechsst wann es geduldigklich die unbillichait leydet. Das
weltlich reych wiirt behalten [erhalten] unnd beschützt mit macht
der waffen und hülff der menschen, darinn es sich berümbt. Aber
unser reych würt gemeret und behalten inn kranckhait, deren es sich
berümbt, ob es gleich aller weltlicher hülff entsetzt ist, auff
das es hab die krafft des einwonenden Christi, dergesagt hat: Habt ain
vertrawen, ich hab die welt überwunden. (2 Kor 13,3f; Joh 16,33) |
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13 11.
Also ist nun ain christglaubiger der massen gantz frey und aller ding ain
herr, das er auch zugleych aller menschen knecht und iederman underworffen
sein mag und soll. (1 Kor 9,19; Rom 13,1-10; Gal 5,13. 16) |
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14 12. Dann christliche freyhait
ist im gayst unnd soll kain deckmantel dem flaysch werden und der ungezämbten
bosshayt. (1 Pet 2,16) |
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15 13.
Derhalb in unserm reych neben evangelischer freyhait wol mag burgerliche
knechthait oder leibaigenschafft ston, durch weliche ain christ ainem leyblichen
herren ist underworffen und verpflicht zu steür, zol, zyns, eer, forcht
unnd was sollicher dienstbarkayten mer seind. (Rom 13,1-7) |
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16 14. Das aber ainer ain christ
sein und bleyben mög, ob er gleych ain leibaygen man oder knecht ist,
also das es im an christlicher freyhait nichts schade, und daz knechthait
ain alts ding sei, nit erst erdacht, mag unüberwintlich auss götlicher
schrifft bayder testament probiert werden.- |
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17 15. Im. 1. buch Mosi 9 [20—27]
als der unzüchtig Cham, ain vater Chanaan, seinen zwen brudern Sem
unnd Japhet verkündet seyns vatters blösse in der weynfeüchte
und Noe solchs erfur, vermaledeyt er den Cham sampt seinen nachkommenden
zür knechthayt, das er seiner bruder knecht solte sein, das also knechthayt
auss der bosshait erstlich herkompt. |
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18 Also ist hernach auch umb
der bosshayt willen gefengknüss kommen, auss gefencknüss knechthait,
wie es dann bey den hayden ersehen würdt. Item aber im ersten buch
Moysi 17 [27] beschnayd Abraham alle die, so er erkaufft hette under seynem
haussvolck, hie sagt der text klarlich von den erkaufften leüten,
die der fromm ertzvatter Abraham het. |
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19 Item aber im selben büch
37 [26—28] ward Joseph Jacobs sun von seynen brüdern verkaufft den
Ismaelitern und bleibe dannocht ain frommer man. Im andern [zweiten] buch
Moysi 21 [1] gibt seym volck Got ain gebot der knecht halber unnd spricht:
Wann du würst kauffen ain hebraischen knecht, so soll er dir sechs
jar dienen, aber im sibenden jar würt er ledig aussgeen umb sonst. |
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20 Item im dritten buch Moysi
19 [20]: Wann iemants ain frawen beschlafft, die ain dienerin ist, auch
edel, und doch nit erlösst und nit mit freyhait begabt, so sollen
sie bayde geschlagen werden unnd aber nit getödt, dann sie ist nit
frey gewesen. Item im fünfften büch Moysi 23 [16]: Du solt den
knecht seynem herren nit übergeben, der zu dir geflohen ist. Item
besich Deute. 15 [5. Mose 15, 12-18] und Hiere. 34 [Jer. 34, 8-17] von
freymachung der knecht. (Lev 25,39. 44. 47) |
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21 16. Wie wol nun die Juden
ain frey volck Gottes warn, sein erb, aygenthum und besonder volck, dannocht
haben sie under inen knechtschafft gelitten, als Moses deütlich anzaygt.
(Deut 7,6; Es 19,25) |
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22 17.
Wa nun solliche knechtschafft oder leibaygenschafft iemants jetz im newen
testament ergreyfft, der soll sie umb seiner evangelischen freyhait willen
nit frevenlich von im schitten [abschütten] mit auffrür oder
ungebürlicher, unordenlicher weyss. Dann die weyl das christlich leben
ain spiegel sein soll aller demüt, gedult, senfftmütigkayt und
aller tugendt, so würdt gewisslich ain rechter christ alles das leyden,
das im an seinem glauben nichts schadet, seytenmal er in allen dingen,
guten und widerwertigen, durch freyhait des gaists ain gewinn seins hayls
haben mag. Rom 8,17. 38. 39) |
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23 18. Solichs leert überflüssig
daz new testament an vil orten, als in der epistel zun Römern underwirft
uns Got der oberkayt, die sein dienerin ist zum gutten, und will das wir
niemand nichts schuldig bleyben sollen dann die liebe, yederman geben was
im zügehört. Also will Petrus, das wir den herren underthänig
seien, ob sie schon böss weren. Dann was schadet mir meyns herren
bosshayt, die weyl er mir nichts anders gebeüt, dann das ich on verletzung
meins gelaubens thun kan. Gebeüt er übels, so bin ich Got mer
gehorsam dann den menschen, dann ich kan zwayen widerspennigen herren nit
zu gleich dienen. (Act 5,29; Matt 6,24) |
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24 Gebeüt er, das zu fryd,
ainigkait und underhaltung ains gemainen nutz dient, soll ich gehorsam
seyn, nit allain umb des zorns willen, sonder auch umb der gewissen willen.
Ain solcher herren gewalt ist etwa umb gemains frids willen, der halb die
gewissen auss pflicht der liebe zu gehorsamm verbunden wirt. Item Paulus
zun Ephesern 6 [5—8]: Ir knecht seind gehorsam ewern leyblichen herren
mit forcht unnd zittern, in ainfeltigkayt ewers hertzens als Christo, nit
mit dienst allain vor augen, als den menschen zu gefallen, sonder als die
knecht Christi, das ir solchen willen Gotes thut von hertzen mit willfertigkayt.
Lasst euch duncken, das ir dem herrn dient und nicht den menschen, (245)
und wissend, waz ain ieglicher guts thun würt, daz wirt er empfahen
von dem herren, er sey ain knecht oder ain freyer. |
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25 In dysen worten Pauli ist
gut zu vernemen, daz er, als der hayden leerer, etwa [irgendwo] nach haydnischem
brauch noch knecht oder leybaygen leüt hat gefunden, dann er spricht:
er sey ain knecht oder frey, das nit von knechten, wie sie ietz umb ain
lon dienend, sonder von leibaygen leüten geredt würdt. Den selben
gibt Paulus ain leer, das sie trewlich sollend dienen. Dann es schadet
dem gelauben und christlicher freyhait nichts, wann sie schon knecht oder
leibaygen leüt seind. Darumb inen nit not ist umb des glauben willen
von iren herren zu lauffen, oder das joch der knechthayt mit frevel von
in werffen. |
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26 Als er auch leert zun Corinthern:
Ain ieglicher beleybe in dem ruff darinnen er beruffet ist, bistu ain knecht
berüffet, sorg dir nicht, doch kanstu frey werden, so brauch des vil
lieber, dann wer ain knecht berüffet ist im herren, der ist ain freyer
des herren. Hie ists klar das knechthait nicht schadet dem christlichen
glauben des knechtes. Doch es lasst im Deut. 16 [20] die geschrifft zu,
mög er frey werden, das ers thü. Aber freylich lasst ym die schrifft
nit zu das ers thu mit frevel und rumorn. (Deut 16,20) |
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27 Dann was recht ist, das soll
man rechtlich aussfüren, sonst wurde es ain unrecht. Zü disem
spruch stimbt gar feyn Moses im 5. buch 15 [16. 17]: Wa der knecht nit
frey sein wolte, so ers doch wol möchte im sibenden jar, so füre
man in zur thür des hauss und durchstech im sein or, und bleybe seyn
lebtag ain knecht. Ob aber der haussherr sünde, das er aygen leüt
hat, und ob ers allweg mög behalten, wirt hernach angezaygt werden.
Weytter spricht Paulus: Ir knecht so under dem joch seynd, die halten ire
herren aller eren werdt, auff das nit der nam Gotes und die leer verlestert
werd. Welche aber glaubige herren haben, die verachten sie nit, die weyl
sie bruder seynd, sonder seyen vil mer dienstbar, die weyl sie gelaubig
und geliebt und der wolthat taylhafftig seind. (1 Tim 6,1) |
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28 Auss den worten lernen wir,
das ob ainer ain christlichen halsherren oder schützherren hat, soll
er inn darumb nit verachten, das er des glaubens halb sein bruder ist,
sonder im dester lieber dienen, seytenmal er auch ainem haydnischen herren
trewen dienst thün müste. Also ermanet auch Paulus die knecht
das sie iren herren gehorsam seyend, auff das nit umb irer ungehorsam willen
dye leer Christi geschmecht werde, das iemants sage: Sich,
der ist ain christ, und ist so unbillich, halssstarrig und mülich
[schwierig], das niemants mit ym ausskommen mag. |
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29 Das brecht dann dem evangelio
schmach, dann es wurde bey den unwissenden darfür gehalten, als ob
inn das evangelium so unthättig und ungezämbt hette gemacht.
Hie siehstu knechtschafft im newen testament, und aber Paulus vast anhelt,
das sie umb irer freyhait willen nit ungehorsam unnd mülich werden
sollen, sender thettiger dann vor ye. (246) |
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30 19. Wie wol nun knechthayt
oder leibaygenschafft ain hert ding ist, nichts desterminder würt
sich hierinn ain rechter christ nit auffrürisch und ungebürlich
halten, sonder umb fryds willen und zu vermeyden ergernüss gedultigklich
leyden, waz er thun mag, das nit wider Got ist. Seytenmal er sich im tauff
verpflicht hat sein kreütz zu tragen, das ist allerlay trübsal
und angst leyden und annemen als das edel hailthumb, das Christus mit seynem
blüt gehayligt hat. |
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31 Dann es ist ain
solch ding umb ain christlich leben, das es angst, not, beschwert und trübsal
diss lebens annympt als ain kostliche bewerte artzney, den alten menschen
zu hailen, wie auch Paulus sich in trübsal berümbt unnd den leyblichen
todt als ain gewynn achtet. (Gal 6,2. 17; 2 Kor 12,7-10; Fil 1,13. 19-21) |
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32 20. Ich will geschweygen,
das leibaygenschafft oder knechthayt zu unsern zeytten etwas ringer ist
dann zur zeyt Pauli, das, wa christlich herren mer schützherren dann
halsherren seind, ain armer man die leibaygenschafft nit darff so vast
scheühen. Dann inen wirt gewonlich gut under die hend geben, davon
sie und ire kind ain zymblichs ausskommen mögen haben. |
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33 Und etwa würt in auch
zur notturfft hylff mit leyhen bewisen, wie ichs an etlichen orten gesehen
hab. Ob sie dann schon irem herren zu seyner underhaltung steür und
zins gebend und andere dienstbarkait, die nit gar ungebürlich ist,
sollen sie desshalb kain aufgeleüff machen. Dann ich wayss das an
etlichen orten sollich herren seind, under welchen der arm man gutten schütz
hat und hylff, das er sich kayner untreglichen bürdi beklagen mag. |
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34 21.
Darumb frage ain christ nit zu sorgfeltigklich, wie er oder seine fordern
in dise knechthayt kommen sey, sonder so es mit fügen nit anders geseyn
mag, bleybe er in seiner berüffung. Es schat im die leyplich knechthait
nichts, so er von der gaistlichen knechthait der sünd erlosst ist
und ain gefreyter Jesu Christi und des halb nun im gayst ain herr. Unnd
die weyl im Paulus nit gestattet, das er ain haydnischen herren verachte,
wie vil weniger wurd er leiden, das er ain christlichen herrn verachtete,
der des gemaynen gelauben halb sein bruder ist? (1 Kor 7,20-24; 1 Tim 6,1.2) |
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35 22.
Es ist den auffrürigen, die sich auss der oberkait hend mit aygnem
frevel on ordenlichen gewalt haben wellen herauss reyssen, nye glücklich
ergangen. Des lass dir Judam Galileam ain exempel seyn, der darumb mit
den seinen gantz gedempt [unterdrückt] unnd aussgelescht ward. Dann
ob gleych wol der herr nit fromm ist und ain unleydelicher tyrann, ist
doch mir nit befolhen die rach. Got ist der richter, dem gehort die straf
zu, der strait etwa on alls mittel [unmittelbar] durch sich selb, etwa
durch seine diener, das weltlich schwert. Das dann schuldig ist auffzumercken
und wachen, auff das gemayner fryd bestand und niemants dem andern wider
recht und billichayt thü. (Act 5,37; Deut 32,35; Rom 12,19)
(247) |
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36 23. Man soil die christen
ernstlich ermanen, wie fast sie joch imer den leyplichen herren verstrickt
seynd, das sie den selben nach irem stannd gebend, was sye schuldig seynd,
on rumor. Und sollen sich darumb nie entbören, das sie etwa zu vil
zwangs und schatzung leyden mussen. Dann ain christlichs gemüt ist
vyll höher, dann das es umb ains zeytlichen schadens willen die christlich
liebe lass verletzt werden. |
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37 Die liebe leyt alle ding,
verhofft alle ding, ist gedultig, würdt nit liederlich geraitzt, thüt
nienderts ibel. Ain rechter christ hat kayn zweyffel, es werde niemants
beschediget und geletzt dann allain von im selbs. (1 Kor 13,4-7) |
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38 24.
Dieweil ain christ (laut seins evangeliums) alle zergenckliche
gutter diser welt veracht und in vester hoffnung zu den ewigen guttern
dringt, als der hie kain bleiblich stat hat, wie wol wurde es sich dann
reymen, das er vast von wegen zeytlichs guts oder gemachs wolte zancken
und rumorn? Es steet allweg bas umb den so unrecht leyt, dann umb den,
der unrecht zufugt. (Hebr 13,14) |
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39 Der da unrecht leyt, ist
er ain christ, so würt er nit geschediget, dann er kan durch sein
gelauben alle ding wol brauchen. Aber der da den schaden sich vermisst
zu zufügen, der würt am maysten in allem geschediget. Dann die
weyl er sich understeet, seim nachsten am leyb, gut oder eer zeytlich zu
schaden, als bald schadet er im selbs todtlich an der sel und verletzt
sich selbs grewlicher, dann inn all seyn feynd möchten verletzen.
Dann so er uns antast, so tast er die götlich mayestet an, die sich
unser annymbt, wie de prophet Zachariae sagt: Wer euch anrürt, der
rürt meyn augapffel an. (Zak. 2,12) |
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40 25.
Da bey soll ain frommer christ bedencken, das leybaygenschafft oder
knechtschafft etwa umb der sünd willen eingefürt ist, der
halb er sie leyde als ain andere gaysel Gottes. Dann er bekenne sich ie
[immer] (wie billich) ain armen sünder seyn, darumb thut er als ain
gehorsams kind und fleücht die vaterlich straff Gottes nit,
in was weiss oder weg sie im imer züsteet. Ja es ist kayn so herter
stand auff erden, er mag in recht brauchen zur eer Gottes. (Hebr 12,5-9) |
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41 26. Er befilchts alls dem
götlichen willen und zweifelt nichts, es gange alls zu durch Gottes
willen und verhengknuss [Zulassung]. Er waysst das alle härlin seyn
haubts gezelt seynd, und kayn spatzlin auffs erdtreych felt on Gottes willen
und wiirckung. Darumb steet er gedultigklich under dem kreütz, mit
seliger verlaugknung sein selbs und gelassenhait, lasst Got walten, der
alle ding würckt nach dem anschlag seins willens, und würckt
seyn hayl mit forcht und zittern. (Matt 10,29f; 16,24) |
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42 27.
Er ist gar in ainen andern weg lebendig, reych, frey, knecht, gefangen,
dann die kinnder der welt. Das leyblich leben ist inn seynen augen nit
hoch geacht, dann yetz nit er, sonder Christus in im lebt. Dann das (248)
leben, das er hie im flaysch lebt, das lebet er durch den gelauben des
suns Gottes, der inn geliebt hat unnd sich selbs fur inn geben hat. Also
lebt er seyns gelaubens, das wol ain ander leben ist, dann dyss natürlich,
wellichs gutten und bösen hye gemayn ist. (Abac 2,4; Matt 6,19f) |
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43 Seyn reichtumb ist unsichtbarlich,
die ym nyemants nemen kann dann Got, nämlich gelauben, lieben, hoffnung
etc. Die weyl er durch Christum an Got hangt, ist er reych und selig genug.
Dagegen ist im alle reychtumb der weytten welt als daz kadt [der Kot] auff
der gassen. Er achtets für den grosten schaden, wann er die gantzen
welt gewunne mit ainem ainigen schaden seiner sel. Wann im nun Christus
bleybt so hat er genug. (Matt 16,26; Joh 8,31f) |
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44 Wann er das wort Gottes hat,
so wirt er recht frey nach seins hertzen gelust. Dann durch den gelauben
des worts würt er frey von sünd, tod unnd hell, von vermaledeyung
des gesatz, das nunmer kayn ansprach an in hat. Dann er ist in Christo,
der im die sünd unnd tod erwürget hat, dem gesatz genügthon
unnd darzu den gayst erworben, da mit er auch möge dem gesatz gemess
leben. (Rom 8,1-9) |
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45 Und was noch des blöden
[schwachen] flayschs halb abgat, erstattet das genügthün Christi,
und würt im nit zur verdambnüss gerechnet umb des gelaubens willen
der wider die sünd kempfft. So ist nun ains christen menschen freyhait
nit ain eüsserliche freyhait, das er mög alles thun, das in anficht,
dann das were ain flayschliche frechhayt und müttwill, nit also lieben
christen. Das gesatz ist auffgehebt sollicher gestalt, nitt das es nit
mer solle erfült werden, sonder wann es übertretten ist, das
es dannocht nit möge verdammen. Unnd ist ain newer pundt mit uns gemacht,
darynnen uns nit allayn inn stayne tafflen das gesatz geschriben würdt,
sonder in die flayschlichen tafel unsers hertz. (Jer 31,18-20; 2 Kor 3,6) |
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46 Dann der haylig gayst wirt
uns geben, der geüsst liebe ins hertz, durch welliche dem gesatzt
möge genug geschehen. Darumb nit das gesatz aber wol des gsatz ansprach
und vermaledeyung ist aufgehebt durch Christum, der uns alle sünd
verzigen hat, und ausgetilgt die handschrift wider uns durch schriftlich
satzung erweysst, welche uns entgegen war, unnd hat sie auss dem mitel
gethon und ans kreütz geheft. Aber solich erlösung vom gesatz
widerfert allain denen, so im newen testament seynd, das ist, den glaubigen.
Weliche nit glauben, die stecken noch starck under dem gesatz oder alten
testament. Dann dise zwen stend, daz alt und new testament, werden underschyden
mer auss des hailigen gaysts regiment, dann durch hinfliessung der zeyt.
(Rom 5,6-11; Rom 13,8-10; Gal 3,22-27) |
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47 Darumb ligt gross daran,
daz man die christlich freyhait recht verstande, dann kain eüsserlich
ding, man nens wie man well, kan unnd mag mich frey oder fromm machen,
dann aines christen menschen freyhait und frommkait. Widerumb sein bosshait
und gefengknüss seind nit leyblich noch eüsserlich: In sünden
ligen, das hat er für die recht, schendtlich knechthait, leibaygenschafft
oder gefengknüss, aber von sünden durch die gnad Christi erledigt
werden, das ist seyn (249) rechte wonsame freyhait. (Joh 8,34-36) |
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48 Darumb wa man hört von
christlicher freyhait predigen, soll man nit zufaren unnd auffs eüsserliche
sehen, als ob wasser, holtz, feld und sollich ding iederman erlaubt sei,
nayn nayn. Der alt flaischlich mensch hörte gern ain soliche freyhayt,
damit im der zorn gehenget wurde, allen sein gelust zu biessen und sackman
zu machen [Räuber zu spielen]. Das sey aber weyt von ainem ieden frommen
christen, der zeytlich gut und armut nienen [unter keinen Umständen]
so gross achtet, daz er darumb wider christliche liebe etwas fürnem. |
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49 28. Unnd also ists umb ain
rechten christen so ain frey ding, das er niendert an kain eüsserlich
ding ist gebunden mit seyner gewissen, als ob es im zur fromkait und freyhait
not sey, es gilt im vast alls gleych. Bleybt sein glaub unversert, so ist
er reych, edel und frey gnug, unnd wann er schon in der Thürckey im
pflüg zug oder auff dem mör ain galeot [Galeerensträfling]
were. Und daz ist die recht evangelisch freyhait, frey von des gesatz ansprach
sein, von sünden ledig seyn, ain bruder Christi sein, das uns alle
geschöpff musse fürderlich und dienstlich sein zum gutten, und
uns dannocht kayne zur fromkait not ist, auch kaine schaden mag. |
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50 Eusserliche freyhait, das
ainer vogelfrey ist unnd kain herren hat auff niemandts sehen darff, ist
ain schlechte freihait. Es mag sie wol auch ain boser bub haben,der von
aufiwendig hoch geeret und gehalten würt, und aber inwendig ain armer
verstrickter knecht ist der sünden, über den ain iegliche anfechtung
herschet, als zorn, neyd, unkeuschait, forcht etc. |
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51 Aber die evangelischen freyhait
hat niemandts dann die lieben kinder Gottes, die in Christo irem herren
alles haben, was in not ist, die schon selig seind, doch in der hoffnung,
und teglich mit hertzlichem seenen warten des tags des herren, darinnen
ir glori und herliche freyhait geoffenbart würt. Darumb ir frommen
christen, lassend euch nichts auf dem weyten erdboden so lieb sein, das
ir darumb wider christliche lieb, senfftmutigkayt und zucht etwas furnemend.
Disc zeyt ist kurtz, leydend euch ain klaine weyl, diss leyden hie auff
erden ist klain und der grossen herligkayt nit wert die an uns soll offenbart
werden. (Rom 8,20-23; 1 Kor 7,29) |
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52 Gebt nyemants ursach zum
bösen. Seyt ains synns under ain ander. Wer dise welt braucht, der
sey als brauchte er sie nit, dann das wesen diser welt verget und unser
leben ist hie als ain dienst. Haltend euch, daz niemants kain klag ab euch
hab, sonder das umb ewers frydlichen lebens willen und tugendtreychen wandel
under den leüten das haylig evangelium gelobt werd. Wer von sünden
frey ist, der sey frölich, und achte der leyblichen knechtschaft nit
seer, die weyl bey unserm herren kain ansehen der person ist. Kan er mit
glimpff und fryd nit ledig werden, so leyde er sich ain klayne zeyt. (Rom
8,18; 2 Kor 4,17; 1 Kor 1,10; Fil 2,2; Jak 4,13f; Deut 10,17, Rom 2,11) |
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53 Es muss doch hie im zeyt
gelitten seyn, ist gleych so gut das als ain anders. Die kinder Gottes
werden mit mancherlay angst und trübsal geübt, sälig ist,
der verharret. Hiettend (250) euch aber das ir nit menschen knecht wert,
das ist das ir euch ewer gewissen nit lasst mitt menschen satzungen verbinden,
dann ir seyt theür erkaufft. Christus hat euch mit seynem aygnen blutt
von allen sünden und menschen gesatzen erkaufft und frey gemacht,
wellicher kauff nit weltlicher weyss zugeet unnd trifft nit die verbüntnüss,
so die menschen under ainander haben, als da ist des knechts gegen seynem
herren. (Ef 6,9; Act 14,22; Matt 24,13; 1 Kor 7,23) |
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54 Solchs bindtnüss lasst
er in irem werd bleyben. Dann sein freyhait geet gaystlich zu in der gewissen,
das uns vor Got kayn gesatz mer byndt oder facht [fängt], sonder da
seynd wir alle aller ding frey. Dann vor hyn waren wir in sünden gefangen,
nun seynd den glaubigen alle sünd ab. Was aber verbindtnüss oder
freyhait eüsserlich bleybt, das seind weder sünd noch verdienst,
sonder eüsserlich gemach oder ungemach, leyden oder freüd, wie
ander leyblich gut und übel, in welichen bayderlay wir künden
frey unnd on sünd leben. |
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55 Nun volgt der herren capitel,
in etlich artickel verfasst
1. Das aber die herren auss ob erzelten geschrifften nit auffgeblasen
werdend unnd damit vermaynend ir tyranney besteet seynn, oder das sie nicht
gedencken, sie seyend von natur so wirdig das sie auss billichayt irer
wirdi sollend herren seyn unnd wir arm knecht, so gib ich inen für,
mit
ernst zu bedencken die wort Pauli zun Romern: Sie seynd diener, dir zum
gutten. Da lernend ir herren, gefelts euch so wol, das die schrifft uns
underwürfft ewerem gewalt, so lasst euch auch gefallen, wann sie sagt,
was ir widerumb auch zu thun schuldig seyt. Ist iemants ain weltliche oberkayt,
der würt hie ain zyl gesteckt, wie weyt sie sich strecken sollen und
nit weytter. (Rom 13,4) |
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56 Zum ersten: ir seynd diener
Gottes. Zum andern: uns. Zum dritten: zum gutten. Der halb ir nit gewalt
habt alles das zu thun, das euch wolgefalt oder nutzlich wer, sonder ir
seyt Gottes diener unns zum gutten. Darumb ewer ampt ist, fürsehen
und daran sein [dafür sorgen] das fryd, aynigkait und gemayner nutz
betracht, gefürdert und erhalten werd, that irs ist gut, that irs
nit, so greyfft ir weytter dann euch zusteet, und seyt untrew diener Gottes. |
|
57 2. Die weyl ich dann als
ain christ ietz mit denen herren red, die auch christenleut sein wollen,
ist not das ich inen sage, wie sie in irem stand auch ain evangelisch leben
füren mögend, auff das inen der myssbrauch irs gewalts nit zu
ewiger verdamnüss rayche. Darumb lieben herren: Ir habt auch ain herren,
von dem aller gwalt kombt, und der im tag des zorns ain strenge rechenschafft
von euch fodern würt. Darumb bitt ich, ir wolt on zorn hören,
was ewer herr und Got von euch welle gehebt [gehalten] haben. (Rom 13,1)
(251) |
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58 Nach dem als Paulus zu den
Ephesern den knechten oder eweren underthonen im text het gelesen, facht
er von stund an und lisst den herren iren text auch, der laut also: Und
ir herren, thünd also das selb gegen inen, underlassend das tgröwen
und wist, das auch ewer herr im hymel ist, und ist vor Got kain ansehen
der personen. (Ef 6,9) |
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59 Secht ir hie, christlichen
herren, daz Got von euch auch etwas haben will, nämlich wie die knecht
euch trewlich dienen sollen, also widerumb solt ir sie trewlich beschützen,
sie bey recht handthaben, ewers ampts ausswarten, gedencken das ir auch
ain herren habt. Die schrifft warnet euch an vil ortten gar trewlich, das
ir umb der wirdi oder gewalts willen nit hochfertig und stoltz werdend,
sonder dester gotssförchtiger, dann je höher der stand ist, je
tieffer und sorgklicher der val. Also schickt Got sein propheten Hieremiam
zum künig Juda mit ainem solchen befelch. (Jer 22,1-3) |
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60 Das, spricht der herr, würckt
gericht und gerechtigkait: Erlösend den undergedruckten auss dem gewalt
des belaydigers, ir solt die frombden, witwen und waysen nit bekümern
und underdrucken und das unschuldig blut nit vergiessen. Derhalb wie ir
herren gern treüwen dienst habt von ewern aygen leüten, so beweyst
in auch trewen beschirm, was sie vor euch ausszurichten habend, das ferkendt
[verkündet] bald und trewlich, lasst der armen leut hendel nit jar
und tag in der langen truchen ligen zu irem mercklichem verderben, dann
das ist ewer ampt, dazu hat euch Got verordnet. |
|
61 Wa ir aber wolten
wolff seyn und nit hirten, so verkünd ich euch den unerleydlichen
strengen zorn des allmechtigen Gottes, des diener ir seyt. Weyter spricht
Paulus, ir sölt ewer tröwen lassen, daz ist ie ain starker donnerschlag
wider alle tyranney. Die haydnischen herren die haben getröwt und
alls nun mit gewalt nach irem willen hynauss gedruckt, aber ir solt nit
also thun, dann ir seyt oder solt sein christliche herren. Unnd wolt ir
den hochwirdigen namen recht füren, so musst ir auff ewers herren
Jesu Christi wort acht haben, euch darnach richten. |
|
62 Lasst euchs zu hertzen gon,
das vor Got kain ansehen der person ist, unnd gedenckt, das ir als christen
über die christenleiit unnd nit übers fich herschend, under wellichen
christen weder knecht noch frey ist, sonder wir all ain ding inn Christo.
Habt ir dann ain herrn im hymel, so ist nott das ir auff seyn wort unnd
befelch acht habend, der will, das ir euch sollicher mass gegen eweren
leütten haltend, daz sie mer auss liebe dann forcht bey der gehorsamme
behalten werdend. Dann forcht behalt kaynn reych in die harr [hält
kein Reich dauernd zusammen], es hat erzwungne und abgetrewte gehorsamme
[durch Drohungen bewirkter Gehorsam] kayn bestand. Hörend aber was
Got mit euch redet durch Mosen im fünfften buch. Er will das ir seyn
(252) gesatz buch lesend, alle tag auff seyn wort sehend, auff das ir lernend
fürchten Got eweren herren und seyn wort behalten. (Gal 3,28; Deut
17, 18-20) |
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63 Ewer hertz soll nit in hochffart
aufferhebt seyn über ewere brüder. Ir solt weder zur rechten
noch zur lingken hannd geen. Hie leret euch Moses drey notwendige ding,
daran ir layder grossen mangel habt, namlich wissenhaytt des gottlichen
gesatz, gotsforcht unnd demüt. |
|
64 3.
Also begert Salomon weysshait von Got, auff das er das volck Gottes recht
mocht regieren. Dess gleychen solten auch unsere herren thun. Dann so sie
Gottes diener seynd, sollen sie auch iren herren vor augen halten und weysshait
von im begeren. Wa sie aber auss aygnem kopff und vermessenhayt regiern,
thund sie übel, und würdt nymmer wol geregiert. (1 Kong 3,9) |
|
65 4. Unnd ob gleych auss gerechtem
urtayl Gottes das volck umb der sünd wyllen zum dickeren mal [öftere]
nach den waychen rutlinn Salomonis die bluttigen scorpion Roboams leyden
muss, so ist doch darumb Roboam von der sünd nit endtschuldigt, sonder
ist ain werckzeüg des gotlichen zorns. Wie Sennacherib ain gayssel
Gottes was zur straff der Israliter, aber was darumb nit gerechtfertigt,
wie Esaias spricht: Wee dem Assür, das ist dem Sennacherib, er ist
ain rut meyns zorns und ain steck. In seyner hand ist mein ungenad. |
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66 Ich würd inn schicken
wider ain ungerechts volck unnd würd im gebietten, das er raub neme
unnd zertrette es als das kadt auff der gassen. Aber seyn hertz was gericht
zu zerstörung viler völcker. Derhalb wann ain weltlicher herr
recht erkante die geferlichayt seines stands, er sollte vil lieber nach
aim hirtenstab stellen dann nach ainem küniglichen scepter. (Es 10,5-7) |
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67 5.
Das aber umb unser sund willen Gott verhenge, das unmilte herren über
unns herschen, bezeüget uns die geschrifft, als Esaias spricht: Ich
will inen kinder zu fürsten geben, unnd weybisch leütt werden
über sie herschen, und das volck würt fallen ain man zum andern
unnd ain yeder zu seynem nächsten. Das kind würdt ain rumor annfahen
wyder den alten und der unedel wyder den edeln. Ayn guter frommer herr
ist ain grosse gottes gab. Ain böser ist ain erschreckliche gottes
straff. (Es 3,4-5; Eccle 10,16) |
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68 Also spricht auch Salomon:
Wee dir, land, des künig ain kind ist unnd weliches fürsten frü
essend. Ain solches kind was Roboam, Salomons sun, der den jungen leütten
in irem radt volget, nit das er der jar halb ain kind wer, dann er das
reych annam, als er vierzig jar oder darüber was, aber weysshait halb
was er wol ain kind. Der gleych Job spricht, Got lasst ain gleychssner
regieren von wegen der sünd des volcks, unnd Salomon inn sprüchen:
Umb der sünd willen des erdbodens haben sie vil fürsten. (1 Kong
12,3-14; Job 34,30; Ordsp 28,2) |
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69 Item da die Israeliter sich
an iren richtern nit wolten lassen benügen, sonder begerten auch ain
künig zu haben, wie dann die hayden künig hetten und handleten
also wider Got iren rechten künig, da liess inen Got durch den frommen
Samuelem (253) erzelen, wie ain künig wurd mit inen tyrannisch umbgeen,
und sprach: Er würt ewere sun nemen und sie in die wegen spannen,
und wirt auss ewern töchtern köchinen machen. Er würt ewere
acker und weyngarten nemen und seinen knechten geben. Er würt auf
ewer trayd und weyngarten zehend legen, das ers seinen dienern gebe. Er
wirt euch nemen ewere knecht und megt und die besten jüngling und
esel und würts zu seinem werck brauchen. Er würdt zehenden legen
auff ewere fichherdten, unnd ir werden seyne knecht seyn. |
|
70 Und ir werden dann schreyen
vor dem angesicht ewers künigs den ir euch erwelet habt, und der herr
wirt euch in dem selben tag nit erhoren, dann ir habt euch ain künig
begert. Hosee'am 13. ca. [11] spricht: Ich wird dir ain künig geben
in meinem zorn und will in wider nemen in meiner ungnad. |
|
71 6.
Dise grausamme exempel sollen billich ain christlichen herren erschrecken,
das er in gottes forcht stande und auff sein hayligs wort sehe. Dann es
würt in nit helffen noch entschuldigen, wann schon Got durch in das
sündig volck straffte und sie an leib und gut blagete. Dann er soll
auff sein ampt sehen und allweg bedencken, das er ain diener Gotes sey
zum guten, das er ain gleychs unnd billichayt halte, nit trutzig sey, sich
nit überheb über seine mitbruder. |
|
72 Sollichs solt ir herren von
mir armen diener des evangelii inn senfftmutigkait auffnemen und nit verachten.
Dann ich red ietz nit mit den haydnischen tyrannen Phalaride, Moezentio,
Dyonisio Syracusano, Nerone, Caligula, Domiciano unnd dergleichen, sonder
ich red als ain christ, auss christlicher leer, mit christlichen herren. |
|
73 7. Wann so im finstern liecht
der natur kayn hesslicherer nam was dann tyrann, das im auch die hayden
feynd waren, als der auch wider haydnische zucht unnd tugent handlet, wie
vil billicher sollen sich die christlichen herren im hellen tag des evangeliums
solchs ungeheüren namens beschemen? Es will unnd kans der christlich
glaub nit erleyden. Wolt ir christliche herren sein und genent werden,
so müssen ir nit tyrannen seyn. |
|
74 Wolt ir aber tyrannen sein,
so lasst euch nit christen nennen, so waysst man sich darnach zu richten.
Wie kündt ir recht christen seyn, wann ir wolt regieren allain nach
ewerem kopff, in eweren sack, under den christen, die so wirdig seind,
das auch die kayserlichen recht nit leyden, das sie knecht oder aygen seyend. |
|
75 8. Darumb gedenckend, das
man mit den knechten oder aygen leüten ietz im christlichen glauben
miltiglicher muss handlen, dann vor zeyten geschach under den hayden. Dann
es seind nit ku und kelber, es seind die diener Gottes, die all mit euch
eben durch ain blut inn christliche freyhait gesetzt seind. Sie haben ain
glauben mit euch, aynerlai sacrament. Sie seind all zu aim erbtayl des
unsterblichen lebens im hymel mit euch zugleich berufft durch unsern aynigen
herren und fürsten Jesum Christum. |
|
76 9.
Also nent Paulus Onesimum, der ain geborner knecht oder aygen man was,
ain geliebten bruder Philemonis seins herren, nach dem (254) und [nämlich]
der knecht Onesimus getauft was und den christlichen glauben het angenomen.
(Filem 16) |
|
77 10.
Damit aber die herrschafft under den freyen christen und gebotne gehorsamme
den herren nit gar zu wol gefalle und ir hertz davon im hochmut gesterckt
werd, so sollen sie nit allain bedencken, was inen ire aygen leüt
schuldig seyen, sonder auch ermessen, waz sie widerumb den aygnen leüten
oder knechten schuldig seiend und auch Got unserm künig, der unser
aller gemayner herr ist. Dann rechte erkantnüss der grossen bürdi,
die ain regierender herr tregt, hat auch vor zeyten etlich hayden bewegt,
das sie vil lieber haben wollen fur sich selbs seyn dann grosse herschafft
haben. |
|
78 11. Ist ain herr ain christ,
so lass er im zu hertzen geen die ernstlichen wort des lebendigen Gottes
im fünfften buch Mosi 17 [16. 17] da er leert wie sich ain herr seins
volcks halten soll und spricht: Wann er ain herr gesetzt wirt, soll er
nit die pfert meren, er soll nit vil weyber haben die sein hertz zu inen
raytzend, er sol nit unermessenliche gewicht silber und gold haben. |
|
79 Will nun ainer ain christlicher
herr seyn, und gefelt im wol, das Paulus [Rom. 13, 7] spricht, man soll
im zins und zol, eer und forcht geben, so lasse er im auch wol gefallen,
was hie Moses gebeüt, nämlich, das er nit zu vil pferdt soll
halten, das ist, er soll nit zu vil kosten haben, das es die armen leüt
mögend erleyden unnd erschwingen. Er soll Gottes gesatz wissen, darauss
Got lernen fürchten. Er soll im die israelischeri künig ain exempel
lassen sein, deren wenig from seind gewesen unnd gotsforchtig, wie Eccle.
49 [Sir. 49, 4] aussgenomen David, Ezechiam und Josiam, haben alle künig
gesündet. |
|
80 12. Dann wiewol ain herr
in ainem hohern stand ist dann wir, dannocht soll er gedencken, das er
eben ain mensch ist seiner person halb wie wir all, und das er als ain
freier über die freien christen herschet und nit über unvernünfftige
thier, und ietz vil ain ander ding seyn soll mit den knechten dann bey
den hayden. |
|
81 Es soll ainem fürsten
das wort nymer auss seinem hertzen kommen, das Paulus redt zun Römern
[13, 6]: sie seind diener Gotes. Dann sie sollen sich nach dem exempel
Gottes richten. Gleich wie Got der oberst herr bey dem höchsten gewalt
auch hat die höchsten weysshait und gutigkait, also wie ain herr im
volk den obersten gewalt hat, so soll er auch die grösten weysshait
under inen und gutigkait haben, will er ain rechter diener Gotes sein.
Sunst wa gwalt ist on gütigkait, da wirt nichts dann eytel tyranney. |
|
82 Wa gewalt ist on weysshait,
da ist nichts dann reyssen und verderben, nach den worten Salomonis: Ain
fürst, dem gebrist an weysshait, der wirt vil leüt underdrucken.
Ain gotloser fürst ist ain brumlender lew und hungeriger ber über
das arm volck. Und wann erst seine diener auch unmilt und ungotsforchtig
seind, da gedts dann, seytenmal auch ain frommer (255) herr grösser
fursichtigkait bedarff; das er nit von bösen dienern verfürt
werd. Dann es wirt freilich kum so ain hayliger David kommen, dem nit etwa
ain Ahithophel [2. Sam. 15, 12. 31] zu tayl were. (Ordsp 28,16) |
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83 13. Wie nun der arm man seinen
herren schos, zins, eer und forcht schuldig ist, also ist widerumb der
herr dem armen man schuldig beschurm, gerechtigkayt, trew und liebe. Dann
ist er in disem ampt Gottes diener, so dient er auch den gemainen dienst
mit uns allen Got, unserm rechten herren, als der haylig Agapetus mit grossem
ernst ermanet den Agapetus kayser Justinianum. |
|
84 Jetz fragstu also: Ich hab
nun fast wol gehört, das ainer mag ain knecht oder leibaygen man sein,
daz es im an seinem glauben und christlicher freyhait nichts schadet. Wie
aber mit den halssherren, mag ainer ain christ sein und dannocht aygen
leüt haben oder knecht, wie etwa waz, daz es im nichs schad am christlichen
glauben, oder mag er ain erkaufften oder sonst aygen man allweg in der
aygenschafft beheben [behalten] on sünd? |
|
85 Antwort:
Die weyl wir hie nit von haydnischen
herren redend, sonder von den christlichen, wirt nichts anders darauss,
dann sie müssen on zorn hie auffs wort Gotes acht haben, was es hierinn
vermüg, und darnach leben. Wer auss Got ist der hört seine wort,
unnd wer seyn wort halt, der wirt den tod nit sehen in die ewigkayt. Wer
ain christ sein will und da für gehalten werden, der halte liebe und
die gebot Gots. (Joh 8,47. 51; 13,34f; 14,23) |
|
86 Wer die gebot Gots hat und
sie halt, der hat in lieb. Wer in lieb hat, der halt seine wort. So wollen
wir nun in dem wort.Gottes zway ding finden, darauff die herren acht haben
sollen: Zum erst, ob ain herr on sünd aygen leüt möge haben?
Zum andern, wie lang er sie in der aygenschafft on sünd behalten mög. |
|
87 15. Zum ersten, als Paulus
zun Ephesiern [6, 5—8] die knecht oder aygen leüt hette gelert, wie
sie sich solten gegen iren herren christlich halten, gibt er gleych darnach
den leiblichen herrn auch ain ler, wie sie sich widerumb gegen den knechten
sollen halten und spricht: Und ir herren eben das selbig thut auch, seyt
nit gegen inen trowig [voll Drohungen], wisst daz ir auch ain herren habt
in hymeln. (Ef 6,9) |
|
88 Hie spricht er nit: Ir herren,
wolt ir christen bleyben, so erlasst ewere knecht von stundan frey aller
leibaygenschafft. Aber er spricht, sie sollen sie nit fihisch halten mit
trowungen. Darauss dann gut zu beschliessen ist, das ain herr, der aygen
leüt hat, die an in kommen seynd durch erb oder hats erkaufft, der
mag sie haben on sünd. Dann er würt sich auch mit inen der massen
halten, das er mer ain schützherr dann ain halsherr sein würt,
und das verstand [bedeutet] wann er helt die regel, die im Paulus gibt
zun Colos. 4,1 (256) namlich: Ir herren, was recht und billich oder gleych
ist das beweisend den knechten, und wisset das ir auch ain herren habt
im hymel |
|
89 16.
Auss obgeschribner regel Pauli lernen die herren, das sie nit mit iren
aigen leüten sollen umbgon, wie es inen nutz ist und wolgefelt. Got
hat irem gewalt hye ain zil gesteckt, sie sollen recht und billichait brauchen
und nit tyrannisieren nach aygnem frevel. Was ist aber hie das recht und
billichait, das man den knechten erzaygen soll? |
|
90 Antwort: Was Paulus hie nit
gar aussdruckt, das sollen und mussen wir an andern orten der schrifft
suchen, da von herrschafft und aygenschafft oder knechthait meldung geschicht.
Sunst in der gemayn zu reden, ist leichtlich zu versteen, das billichait
und recht gebraucht wirt, wann ain herr zimlich ausskommen von seinen leüten
nimbt, also das er sie nit gar blunder und underdruke, sonder daz er sie
wol und senft halt, daz sie es erleiden mögend und beschütz,
recht und gerechtikait bey im finden. |
|
91 Wie lang aber ain herr on sünd die aygen
leüt in der aygenschafft verschlossen behalten mog, das es ain christliche
billichhayt und recht bleyb, waiss ich auss gotlichem rechten, das ist
auss biblischer schrifft, nit anders anzuzaigen, dann wie die propheten
darvon geredt haben. Moses im andern buch, als er die gebot vom gericht
auss Gotes befelch dem volck wolt fürhalten, spricht er: Wann du ain
hebraischen knecht würst kauffen, der würdt dir sechs jar dienen,
aber im sibenden jar wirt er frey aussgon umb sonst. (Ex 21,2) |
|
92 Eben diss gotlich gebot sagt er auch im fünfften
buch, da mit er ain zyl steckt, wie weyt ain Israeliter ain menschen inn
der aygenschafft verhefften mog unnd nit weytter. Unnd das inen sollich
gebott von aufflosung der aygenschafft zu hertzen gee unnd nit als gering
veracht werd, ermandt er sie irer knechthayt, das sie inn Egypten seynnd
auch wol geplagt knecht gewesen in der hertten dienstbarkayt Pharaonis,
unnd spricht: Gedenncke das du auch ym Egyptter lannd gedient hast, und
Got dein herr hat dich erlosst und darumb gebeut ichs ietz dir. Derhalb
wa sich ain leiblicher herr nach Gottes wort richten will, hat er hye beschaids
gnug, wie lang er on sind seiri aygen man in dienstbarkayt halten mog.
(Deut 15,12. 15) |
|
93 Ob aber der herr sagte, es werend ietz nit
knecht oder aigen leüt, wie vor zeitten bey den Juden und hayden,
der halb in solich gebot nichts angang. Antwort: Es ist wol ain underschid
under den jüdischen knechten und den unsern in etlichen stucken, noch
bleybt aber dannocht so vil gleichnuss, das, was von jüdischer knechthait
gesagt ist, mag etlicher weyss wol und recht auch auff unsere leybaygen
leüt gezogen werden. Seytenmal sie mit irem gut und leib so hart hinder
die herren geknüpft seind, das sie sich mit leyb und gut nit sollen
verrucken [wegbegeben] on irs herren wissen und willen. |
|
94 Item sie mussen sich abkauffen, wa sie mit
hauss verrucken wollend, und an etlichen orten den leibfal geben, das ist,
wann ain aygen man mit tod abgeet, velt vom güt ain stuck an sein
halssherren, ain ross, ku, klayd etc. Item mussen den herren fronarbeit
thun und des gleichen vil dings, das nit not ist zu erzelen. Hat nun ain
herr nit aygen leüt, solcher gestalt, wie obstat [obensteht], der
darff sich meyner
ermanung nit annemen. Ich red allain mit denen, die das wort Gottes
in disem val antast. |
|
95 17.
Nun seind die propheten aussleger des gesatz Mosi und zaygen
an straff und belonung Gotes, wa seine gebot gehalten oder übertreten
wurden. So wollen wir nun sehen, wie Got die übertrettung solchs seines
gebots von der freylassung im sibenden jar gestraft hab. Hieremias
spricht: Das sagt der herr Got Israel: Ich hab ain pundt gemacht mit ewern
vätern, in dem tag da ich sie aussfurt auss Egypten, vom hauss der
dienstbarkait, sprechend: Wann siben jar erfült seind, so lass ain
iegklicher frey sein hebraischen bruder der im verkaufft worden ist, er
wirt dir sechs jar dienen, und du würst in frey von dir lassen, und
ewer vatter haben mir nit gefolget. (Jer 34,13-20) |
|
96 Ir seyt heut bekert und habt recht gehandelt
vor meinen augen, auf das ir verkündten ain ieder die freihait seinem
freünd, und habt ain pact gemacht vor meinem angesicht, im hauss da
mein namen über angerufft ist. Aber ir habt wider umbkert und habt
mein namen getadelt, und ain ieder hat sein knecht und sein magt, die ir
frey hetten gelassen irem gewalt, widerumb geholet und habts euch underworffen
gemacht, das sie ewer knecht und megt seyen. |
|
97 Darumb sagt der herr das: Ir habt mir nit
gefolgt, daz ir freyhait verkündte, ain ieder seinem bruder. Nembt
war: Ich verkund freyhait, spricht der herr, zum schwert, zü der pestilentz,
zum hunger, und ich wyll euch geben allen volckern zu ainer unruw. Ich
würd sie der feind hend übergeben und in die hend deren die inen
nach irem leben stellen, und ir todter corpel [Körper] wirt ain speyss
seyn den vogeln im lufft unnd den thieren des erdbodens. |
|
98 Hie lernen wir, wie Got erzyrnt ward über
den Zedechiam, ain künig Juda, seine fürsten, und wider das volk,
das sie den pact so sie gemacht hetten, und ain kalb in zwen tayl geschnidten,
übertratten, in dem, daz sie ire knecht und megt nit frey der aygenschafft
erliessen. So nun der allmechtig Got im alten testament (das ain testament
der forcht und knechtschafft was) dannocht so gnedigklich den knechten
oder aigen leüten fürgesehen hat, das er inen im sibenden jar
ain freyhait verschuff, ist wol zu gedencken, das solche freyhait im newen
testament der gnaden (darinn daz recht jubeljar ist) auch mag gehalten
werden. |
|
99 Dann daz alt testament ist nit solcher gestalt
abgethon, daz die selbige leer und exempel nichs mer sollend gelten, sonder
waran die im gesatz Mosi recht haben gethon in bruderlicher lieb, daran
thund auch ietz die christen recht im evangelio, welchs eytel liebe predigt.
Dann zeyt und eüsserlicher wandel schaydet nichts under den christen.
Ist iendert ain stuck im alten testament gebotten, das dem nechsten nutzlich
ist, warumb solt es dann nit im newen testament auch gelten, da erst die
liebe frei im schwanck geen soll, als starck sie ist, und alle gebott in
die liebe verfasset seind. |
|
100 Wie offt sagt Christus: Ich gib euch ain
new gebot, das ir euch lieb habt under ainander? Wann nun ain herr sein
aygen man will frey ledig lassen, so ist ain frag, in waz gestalt ers thun
solle, das er recht thu, ob er in on sünd mog verkauffen, oder ob
er in umbsonst aller aygenschaft erlassen solle. Antwort: Wann ainer, in
aller form und gstalt, knecht oder leibaigen leüt hat, wie sie im
alten testament waren, so ist bald geantwort. Dann Moses spricht im andern
buch: ain sollicher knecht soll frey aussgon umb sonst. (Joh 13,34; Ex
21,2) |
|
101 Und im 5. buch leert er die herren, wie
sie solch knecht und aigen megt sollend ledig lassen, und spricht: Welchen
du mit freyhait begabt hast, den selben lass nit lär von dir geen,
sonder gib im ain wegzerung von den fich herdten. Auss disen worten hören
wir, das sie sich nit erst theur mussen von iren herren lösen, wann
die zeyt der freyhait hie ist. (Deut 15,13. 14) |
|
102 Wie aber ietz zu unsern zeyten, so es in
etlichen stucken ain andere leibaygenschafft ist dann vor zeiten, mag ain
herr nit ain summa gelts fodern an seyn leibaygen menschen, der sich von
der herrschafft abziehen will? Antwort: Ich wolt gern hierinn nit so weyt
von der sach reden, bin aber gleich darzu genot worden. Dann als ich am
sontag 19. Februarii dise materi im 13. ca. zun Romern [1—10] predigt,
ward mir durch etlich christen fürgeworffen, ich wolte wider die armen
leüt sein und den herren die warhait verschweygen. Es were nit recht,
das ain christ den andern also verkauffte, wie ain fich. |
|
103 Deshalb ich den herren auch hierinn
solte radten, was die schrifft vermocht, sonst were ich ain stummer hund,
der nit bellen will, und wolte den menschen gefallen. Vermaint aber ich,
die weyl ich von der christlichen lieb so lang und vil hette gepredigt,
es were genug, und nam rnich wunder, das sich die christen so greülich
ab der leibaygenschafft stelleten, die doch dem glauben des aygen mans
nicht schadet. Und maynt man solte zum ersten mit ernst besehen, das man
der schantlichen knechthait der sünd abkeme und fromm wurde, darnach
het ich dester mit mer nutz mögen von der burgerlichen knechthait
reden. Dann was hulffts ain menschen, der schon frey ledig ist von allen
herren, und aber ain knecht der sünd ist? Wer der sünden knecht
ist, und das er zu tausent mal eüsserlich frey und ain kayser wer,
so ist er doch ain arm gefangen mensch und ain geplagter aygen man. |
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104 Ich sahe auch, das etlich leibaygen leüt
ain gantz ringe knechthait hetten, das ir herr ain schürm-herr und
mer ain vatter dann ain herr was, und sie zu bekantnüss der herrschafft
etwa nun ain magre hennen brachten. Es seind auch offt die aigen leüt
so liederlich das sie rechter freyhait nit achten, und wann sie ain herr
ledig lasst, so ergeben sie sich ainem andern, da sie noch herter dienen
müssen, umb die selben ists wol, das sie ir lebtag geplagt werden
und aigen sein mussen, nach dem gesatz Mosi am 2. buch 21 [2—6]. |
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105
Doch muss ich hierauff ain wenig antworten, und sag das hierinn die best
regel ist die christliche liebe, die ain christ dem andern schuldig ist,
die würt bayd herren und knecht gar bald leren, wie sie sich in disem
handel christlich halten mögen. Ist der arm man, der sich will verrucken
von der herrschafft und sein stand verbesseren, so gar notig [bedürftig,
arm], daz er nit stat hat ichts zu geben, und aber wa er zu geben wurd
getriben, das es in an seinem handtwerck oder stand hindert und verderbt?
So wirt sich ain christlicher herr wol wissen zu halten, dann er waisst
das der arm man in Christo sein bruder ist. Und Got will, wa unser bruder
not leydet, so sollen wir unser hertz nit vor im beschliessen, sonder helffen
und radten, das er gefürdert werd. |
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106 Wie wurde dann [Wie würden denn nicht]
ain frommer herr den selben armen man nemen, der bass bedarf, das im der
herr helff ? Ja wa schon die amptleüt hierinnen dem armen woltend
zu hert sein, so wurd doch der fromm herr darein sehen, das der arm nit
beschwert wurd. Es ist hie ain weytleüffig ding, das nit mit wenig
worten mag aussgericht werden, dann es ist underschaid zwischen leybaygenschafft
wie sie vor zeyten was, und deren so ietz ist. Darzu ist auch grosser underschaid
under den aygen leüten ietz und den lehengütern, so sie von iren
herren empfahend, darinnen allain die liebe des nächsten die gewissest
richt schnur ist, wie man sich zu bayden seitten halten solle. |
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107
Zu letst fragt man: Wie aber, wann ain herr des natürlichen und götlichen
gesatz vergäss und wolle sich nit nach dem wort Gotes halten, sonder
unerleydenlicher weyss tyrannisiern under den armen leüten, soll man
im zusehen und alls leyden, mag sich der arm nit gegen im setzen? |
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108 Antwort
kurtzumb: Wer ain christen mensch seyn will, der muss sich selbs nit rechen.
Mir gib die rach, spricht Got, ich will widergelten. Wir sollen nit boss
umb boss geben, uns nit das boss überwinden lassen, sonder guts umb
boss geben, und das boss mit gutem überwinden. Sprichstu: Mir geschicht
aber gewalt und unrecht? Antwort Petrus: Geschicht dir unrecht das ist
gnad, so iemand umb des gewissens willen zu Got mü tregt und leydet
mit unrecht. (Deut 32,35; Rom 12,17. 21; 1 Pet 2,19-21; 3,14) |
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109 Dann was ist daz fur ain preyss, so ir
umb missethat willen straich leidt? Aber wann ir umb wolthat willen leydet
und erduldet, das ist gnad bey Got. Wir seynd darzü berüffet,
das wir dem exempel Christi nach auch unser kreütz tragen. Begegnet
euch etwas schadens umb der gerechtigkayt willen, selig seyt ir. Darumb
hütend euch, lieben christen, vor auffrür, dann aufrür bringt
nichts guts, und werden allweg unschuldig mit den schuldigen beschedigt,
das ist dann gross unrecht. |
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110 Got hat darumb den weltlichen gwalt auf
gesetzt, das den bösen mit ordenlichem gwalt gewert werde, als dann
wirt das recht rechtlich und ordenlich aussgefürt. Darzü wa ir
woltend aufrürig sein, wurde durch ewer rumoren das evangelion verhindert
und die ler Christi geschmecht. Darumb seyt gedultig in aller widerwertygkait,
lasst Got walten und richten, thund nun ir recht. Dann es ist der will
Gotes, daz ir mit recht thun verstopff end daz maul den unwissenden menschen,
als die freyen. (1 Pet 2,15f; 3,16f) |
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111 Und nit als hetend ir die freyhait zum
deckmantel der bosshait, sonder als die knecht Gotes. Ich bit und erman
euch durch die barmhertzigkait Gottes und sein gestrengs gericht, ir wollend
mit iederman christlichen frid halten, ain gut gewissen haben. Auff das
die feind des evangeliums, die euch übel redend als von übelthettern,
zu schanden werdend und zu lugnern, das sie ewern gutten wandel in Christo
angetast haben. (Rom 12,1. 8) |
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112 Dann es ist besser, so es der will Gottes
ist, das ir von wolthat wegen leydend, dann von übelthat wegen. Gedenckt,
das wer nit fryd und senfftmütigkayt hat, der hat den gayst Christi
nit. Der gayst Christi bringt liebe und senfftmütigkait, wer nun den
gayst Christi nit hat, der ist nit sein. Darumb beweisset ewern glauben
mit den edlen früchten des gaysts unnd der liebe, als mit fryd, langmütigkayt,
freündtlichayt. güttigkayt, senfftmüt, wann ir das thut,
dabey würt man kennen, daz ir jünger Christi seyt unnd evangelisch.
(Gal 5,22; Rom 8,9; Joh 13,35) |
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113 Geschicht euch überdrang [Bedrängnis]
und unrecht von eweren herren, das befelcht Got, der durch Esaiam spricht:
Wee denen, die unrechte gesatz machen, die ungerechtigkayt haben geschriben,
auff das sie die armen im gerichtt underdruckend unnd dem handel der nydrigen
im volck gewalt thetten, das dye witwen ir raub weren, und blünderten
die waysen. (Es 10,1-3) |
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114 Was welt ir thun im tag der haymsuchung
und trübsal, die von ferren kombt? Haltet euch nach der leer Pauli,
der wyll 1. Timoth. 2 [1. 2], das wir Got trewlich sollend fur unser oberkayt
bitten, auff das wir ain ruwigs leben in aller gotseligkayt und erbarkayt
under inen füren mögend. Das sey nun genug auff ain mal, wer
genad hat, der erfulle, was ich aussgelassen hab. Gottes genad mit uns
allen. Amen. |
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