Julius Köstlin: Luther, sein Leben und seine Schriften
Drittes Buch:
Das reformatorische Werk und der fortschreitende Kampf, vom Ablassstreit 1511 bis zum Wormser Reichstag 1521.
Eberfeld 1883

Kap. 17:

Vorladung vor Kaiser und Reich; weitere Schriften bis zur Fahrt nach Worms.


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Inhalt: Luther und die Reichsgewalt 411 #1 -- Karl V. 412 #3 -- Seine Massnahmen in den Niederlanden 416 #23 -- Kurfürst Friedrichs Forderung einer Citation Luthers vor den Reichstag 417 #25 -- Luthers Stellung zur Frage 418 #30 -- Die Verhandlungen im Worms 419 #36 -- Neue Bulle vom 10. Februar. Aleander im Reichstag 422 #52 -- Drohung der Reichsacht 424 #58 -- Stimmung und Arbeiten Luthers 425 #65 -- Der Streit mit Emser 426 #70 -- Luther und Thomas Murner 428 #78 -- Andere Gegner 432 #92 -- Predigten und Schriftauslegung 433 #96 -- Luthers Citation nach Worms am 6. März 1521 434 #104 -- Beschwerden der Reichsstände gegen Rom 435 #107 -- Eindruck der Vorladung auf Luther 437 #115 -- Vorladung durch den Reichsherold am 26. März 438 #119.
 
1 Siebzehntes Kapitel.
Vorladung von Kaiser und Reich; weitere Schriften bis zur Fahrt nach Worms. 
     Gemäss den Ansprüchen des päpstlichen Stuhles und den Lehrsätzen der römischen Kirche hätte Luthers Los mit den Erlass der Bulle bereits entschieden sein müssen. Liess er scih nicht rechtzeitig zum Widerruf herbei, so sollte gemäss jenen Grundsätzen die christliche Obrigkeit ohne weiteres (412) gegen den durch sie Verurteilten ihren Arm leihen, ohne etwa selbst noch das Urteil zu prüfen. Indessen zeigte diejenige Obrigkeit, unter welcher Luther unmittelbar stand, nämlich sein Kurfürst, vielmehr fortwährend das Bestreben, einer solchen Verpflichtung wider ihn sich zu entziehen, und zugleich wurde von dieser Seite aus ernstlich auf die Gefahr hingewiesen, welche das päpstliche Verfahren gegen Luther dem allgemeinen Frieden und Wohlergehen der deutschen Nation drohe. 
Die Teilnahme und Aufregung unter dem Volk war auch so gross und offenbar, dass ein Bedürfnis, Luthers Sache vor Kaiser und Reicht zu bringen, nicht bezweifelt werden konnte. Andererseits gingen die Gesandten des Papstes an das Oberhaupt des Reiches: auch der Kaiser sollte nach ihrer Meinung nicht etwa noch prüfen, was durch die Kirche schon angeurteilt war, wohl aber als höchster Schirmvogt der Kirche ihr Urteil durchführen, wo die ihm untergeordneten Gewalten dies nicht thun wollten oder nicht zu thun wagten. Allein die bisherigen deutschen Kaiser und Reichstände hatten doch jenen Grundsatz von der unbedingten Geltung päpstlicher Urteile nie zu dem ihrigen gemacht, sondern wenigstens noch die Möglichkeit der Berufung an ein Konzil offen gehalten. (n412
3        So fand sich Karl V. zu einer Entscheidung in dieser Sache berufen, als er, noch nicht ganz einundzwanzig Jahre alt, nach Deutschland kam.
4        Den Erwartungen, welche Luther, Sickingen, Hutten und andere von dem "edlen jungen Blute" hegten, lag noch keine Bekanntschaft mit seiner Person zu Grunde. Es war, als ob solche deutschgesinnte, aber der Politik und Diplomatie fern stehenden Männer es wie etwas Selbstverständliches hofften, dass das junge, frische, von alten deutschen Ahnherren stammende Haupt der Nation an den höchsten Bestrebungen, welche diese jetzt bewegten, mit Wärme sich beteiligen, dass der Erde der alten, vom Papsttum so über behandelssen Kaiser den Kampf gegen dasselbs jetzt mit den neuen, unüberwindlichen Waffen des göttlichen Wortes freudig aufnehmen müsse. Dagegen liefen jene ersten Schritte Karls in den Niederlanden diesen Hoffnungen stracks zuwider. 
5          Der neue Kaiser war aber nach seinem Charakter und seiner Stellung überhaupt nicht der Mann, so einfach nach der einen oder anderen Seit hin sich zu entscheiden. 
6          Es war ein Irrtum, wenn Deutsche ihn wesentlich als Haupt ihrer Nation aufnahmen. Er stand da als der gewaltige Herrscher einer vielgegliederten Ländermasse, in welcher gerade die nichtdeutschen Bestandteile sich ihm als die Hauptgrundlagen der Macht darboten. Schon von seinem Grossvater, dem Kaiser Maximilian, her waren zu den deutsch-österreichischen Besitzungen des Hauses Habsburg die Niederlande gekommen, welche mit Deutschland nur noch sehr losen Zusammenhang hatten. Durch (413) seine Mutter Johanna fiel ihm das geeignigte Spanien mit Neapel und Sizilien zu. Die eigentlich deutschen Länder überlief er seinem Bruder Ferdinand. Dadurch, dass im Jahre 1521 die SChwester beider, Maria, mit dem König Ludwig von Böhmen und Ungarn sich vermählte, eröffnete sich den Habsburgern eine Aussicht auch auf diese Königreiche, welche wirklich nach Ludwigs Tod (+ 1526) den Erzherzog Ferdinand zum Herrscher annahmen. --
7  Je weniger wirkliche Macht die deutsche Kaiserthrone noch in sich schloss, um so mehr musste sie von vorne herein fragen, ob der neue Kaiser im Besitz der reichen, ihm anderweit zu Gebot stehenden Mittel sein Augenmerk wesentlich aud die Bedürfnisse und Wünsche der deutschen Nation richten, -- ob er nicht vielmehr als Haupt disjenigen Körpers, der ihm erblich angestammt war, sich fühlen, die Behauptung, Einigung und Ausdehnung desselben uch im Besitz der Kaiserthrone zu seinem eigentlichen Zweck setzen und hierbei auf dessen stärkstes und geschlossenstes Glied, nämlich auf Spanien, den Schwerpunkt legen werde. 
8  Überdies hatte gerade die letzte Kaiserwahl lebhaft daran erinnert, das das "Römische Reich deutscher Nation" auch seinem Wesen nach nicht mit Deutschland eins sei: König Franz von Frankreich hatte damals angestrengt um die Kaiserthrone sich umgethan und hatte einige Zeitlang Zusagen deutscher Reichtfürsten für sich gewonnen! Jetzt hatte man zum Kaiser einen König von Spanien, wenn auch Enkel deutscher Vorfahren. Wenn dieser dann auch die Herrlichkeit seiner neuen Krone noch höher als die seiner bisherigen achtete und ihre Würde wieder zu wirklicher Geltung bringen wollte, so musste dies darum doch nicht im Sinne der deutschen Nation geschehen. 
9         Nicht minder täuschten sich jene Hoffnungen hinsichtlich der Persönlichkeit Karls. Der Enkel Maximilians war nicht als Deutsche auferzogen worden; er verstand nicht einmal deutsch. -- Vom Feuer und Schwung eines jugendlichen Geistes war nichts bei ihm zu verspüren. Er konnte damals überhaupt unbedeutend erscheinen -- ganz abhängig von seinen Ratgebern. Bald aber zweigte er einen diesem Alter sonst fremden berechnenden Verstand, kluge Verschwiegenheit, diplomatische Vorsicht nach allen Seiten hin. Seine Politik fasste die Verhältnisse wirklich ganz in der vorhin angedeuteten Weise auf. -- 
10 Für diejenigen religiösen Regungen, welche einen Luther zum kirchlichen Kampf erweckten und jetzt weithin die Herzen und Gewissen der Deutschen durchdrangen, ja bereits auch bis zu den Spaniern sich zu verbreiten begannen, ging ihm der Sinn ab. Er kannte keine andere Religiosität als die, welche von der hierarchisch organisierten Kirche gepflanzt und geleitet wurde und streng in die gesetztlichen Formen der Kirche sich kleidete. In dieser Religiosität war er erzogen. Es war ihm auch persönlich ernst mit ihren Übungen. Ihr düsterer, gesetztlicher Charakter, welcher gegen die Freiheit und Freudigkeit des neu gepredigten (414) evangelischen Glaubens einen so schroffen Gegensatz bildete, entsprach auch seinem eignen Temperamente: es lag auf ihm ein Zug des Trübsinns, ein Erbteil seiner geisteskranken Mutter. 
11 Die Richtung seines Innern, die er schon auf den Thron mitbrachte, hat ihn, den grössten Monarchen der Christenheit, nach allen Arbeiten seiner fürstlichen Politik und nach langem Kampf mit denjenigen religiösen Mächten, die er nicht verstand, am Ende seiner Laufbahn ins Kloster geführt. Innig aber verbanden sich für ihn mit seiner religiösen Überzeugung auch wieder die politischen Gesichtspunkte: er musste als Regent auf Einheit des Glaubens und Kirchektumes in seinen Staaten halten, welche auch abgesehen davon schon genug zwiespältige Elemente in sich schlossen; als Kaiser sag er sich hierzu der ganzen Kirche gegenüber berufen; überdies wurde ihm die freie evangelische Bewegung von Anfang an auch als direkte Feindin des bürgerlichen Gehorsams und der politischen Ordnung dargestellt. 
12       Ein Eingehen auf das Dringen nach tiefer Reform des christlichen Glaubens und Lebens oder auf die deutsch-nationalen Tendenzen gegen Rom war also nicht von ihm zu erwarten. 
       Dennoch wollte und konnte er auch keineswegs unselbständig in die Hände der Papisten sich geben. 
13       Er wusste als Kaiser und als Herrscher in Italien recht wohl, was für Absichten und Gefahren von seiten des Papsttums seiner eignen Macht und seinen Rechten drohten. War ihm doch von dort her schon der Erwerb der Kaiserthrone so sehr wie möglich erschwert worden. Mit der Eifersucht des Papstes gegen seine Gewalt verbündete sich die Politik des französischen Königs gegen die gefürchtete Übermacht der apsnisch-habsburgischen Monarchie. 
14 Auch für seine spanische Regierung was es wichtig, kirchliche Zugeständnisse vom Papst im Interesse der königlichen Alleinherrschaft herauszuschlagen. Die religiöse Bewegung gegen Rom liess sich nun als kräftiges Mittel für sein politisches Verhältnis zum Papste gebrauchen. Ein Gesandter Karls in Rom riet ihm schon im Mai, nach Deutschland zu gehen und einem gewissen Martin Luther einige Gunst zu erweisen, der durch seine Predigten dem römischen Hof Besorgnis einflösse. (n414) -- In dieser Beziehung waren also die Gründe, auf welche deutsche Politiker, wie Sickingen, ihrer Hoffnungen bauten, doch berechtigt. 
15      Auch für die äusseren kirchlichen Missbräuche, über welche geklagt wurde, für die Beschwerden der Staatsmänner und deutschen Reichstände über die römischen Eingriffe und Erpressungen und für die Ärgernisse, welche das Verderben des Klerus gab, hatte der Kaiser bei aller Hingebung an die festen, überlieferten Grundordnungen des äusseren Kirchentums ein offenes Auge. In Spanien war in diesem Sinne bereits an kirchliche Reformen die Hand gelegt worden. Massregeln dieser Art wünschte auch (415) sein früherer Lehrer, Kardinal Hadrian, der in jenem beifälligen Brief an die Löwener Theologen (oben S. 284 = 3,8#72) so verächtlich über Luthers Theologie aburteilte; zu grosse Rücksicht auf die höchste Autorität des Papstes hemmte diesen nicht: er verwart ausdrücklich die Lehre von der päpstlichen Infallibilität. 
16 Karls ehemaliger Erzieher und einflussreichter Minister, Wilhelm von Croi, Herr von Chievre, galt, wie in politischen, so auch in kirchlichen Dingen für einen Mann friedlicher Vermittlung und Mässigung; dabei sahen in ihm die Niederländer und Deutschen einen billigen Vertreter ihrer Interessen: als er während des Wormser Reichstags 1521 starb, hiess es, er sei durch spanisches Gift umgebracht. Erasmus und andere klagten, der Kaiser sei in der Gewalt der Bettelmönche, und meinten hiermit namentlich seinen Beichtvater, den gewandten Franziskanermönch Glapio, dessen Inneres noch einer Äusserung des Erasmus so versteckt war, dass es einer schwerlich in zehnjährigem Umgang durchschauen könne. 
17 Auch Glapio aber war gar nicht ein blosses Werkzeug des päpstlichen Stuhles. Der eigne Einfluss ging ihm noch über den des Papstes; er hätte gern selbst als kirchlicher Politiker eine Rolle gespielt; er rühmte sich auch, wo er es angemessen fand, seines eignen Interesses für Reformen. Und so öffnete er nun doch sein Ohr eben auch jenem Erasmus, der gegen die lutherische Bewegung nicht blosse Gewalt, sondern ein Mittel einer ernstlichen katholischen Reformation anzuwenden riet. In Köln, wo Erasmus dem Kurfürsten Friedrich die oben (S. 398) angeführten Äusserungen über Luther abgab, hatte er mit seinem Rate auch beim Kaiser zu wirken versucht. Sehr bedauerlich war ihm dann freilich die Herausgabe der Schrift Luthers vom Babylonischen Gefängnis, welche unter diese seine Bestrebungen hinein ihm bekannt wurde. (n415
18          Der Kaiser musste ferner in seiner Behandlung der kirchlichen Angelegenheit auf diejenigen Reichfürsten, welche von seinem religiösen Standpunkte abwichen und der neuen Bewegung sich zuneigten, doch immer Rücksicht nehmen: vor allem auf Friedrich den Weisen, der im Rate der Reichstände das höchste persönliche Ansehen genoss und dessen Stimme bei der Kaiserwahl das höchste Gewicht für Karl hatte. Die Kämpfe mit Frankreich und Italien, welche sich für ihn voraussehen liessen, forderten schon seit dem Anfang seiner Regierung alle Vorsicht, dass er nicht im eignen deutschen Reich mit bedeutenden Gliedern sich verfeinde. Späterhin kamen dazu auch noch Anläufe der Türken, gegen welche er die geeinte Hülfe des Reichs bedurfte. -- Vom Jugend auf lernte er diese so verschiedenartigen Gesichtspunkte in seiner Überlegung vereinigen. 
19         Man betrachtet es mit Recht als ein besonderes Verhängnis für unsere Nation, dass sie in jenem wichtigsten Moment ihrer Entwicklung ein Haupt über sich gesetzt hatte, das nach seinem Charakter und seinen Verhältnissen so gar nicht dazu angethan war, die in ihr erwachten Kräfte (416) zu ihrem Ziele zu leiten, und dass dann für sie eben aus jenem Moment ihre grösste innere Zerrissenheit und Schwächung hervorgegangen ist. Wir gehen dieser Betrachtung hier nicht weiter nach. 
20 Nur sei andererseits daran erinnert, dass ebendieselbe Schickung -- freilich erst unter langen, schmerzlichen Erfahrungen und wie durch einen anfänglich nicht verstandenen Zwang unsere Nation gelehrt hat, den geschiedenen christlichen Bekenntnissen im grossen eine Gleichberechtigung innerhalb der einen nationalen und staatlichen Gemeinschaft zuzugestehen und hiermit zwischen dem weltlichen und geistlichen Gebiet eine Trennung praktisch anzuerkennen, die in Wahrheit schon aus den Prinzipien der neuen evangelischen Lehre selbst floss und die doch auch den Vorkämpfern dieser Lehre erst durch den geschichtlichen Gang als Konsequens derselben klar zum Bewusstsein gebracht werden musste. 
21        Mit unmittelbarem Bezug auf Luther und den Verlauf seines eignen Lebens und Wirkens aber haben wir hier noch mehr eine andere Fügung zu beachten, welche, während ihn selbst seine ganze Geistesrichtung, seine Bildung und sein Temperament zu nichts weniger als zum Politiker und Diplomaten machte, sein Wirken in den Gang einer merkwürdig vielgestaltigen kirchlichen und staatlichen Politik hineinzog und ohne sein Dazuthun diesen Gang so lenkte, dass trotz aller feindlichen äussern Mächte und trotz der Abneigung des Kaisers ihm doch immer eine friedliche Stätte, ein freies Wort und ein fortschreitender Erfolg seiner Arbeit gewahrt blieb. 
22         Die nächste und wichtigste Wendung in seiner Angelegenheit war, dass diese jetzt wirklich vor Kaiser Karl gezogen wurde, -- dass er selbst mit seinem Bekenntnis vor Kaiser und Reich gestellt werden sollte. Schon hier aber griffen im Verhalten des Kaisers zu ihm jene verschiedenartigen Momente ein, welche für die Entschiessungen desselben in Betracht kamen. Es blieb für ihn und seine Freunde sehr im Dunkeln, was dieser eigentlich mit ihm vorhabe. 
23        Für seine Niederlande hatte Karl V., wie wir sahen, bereits den Befehl gegeben, dass man Luthers Bücher gemäss dem päpstlichen Urteil verbrenne. Die päpstlichen Legaten drangen auf alle Weise in ihn, dass er ein gleiches Edikt für das deutsche Reich ergehen lasse. Aleander scheute kein Mittel, auf ihn einzuwirken und ihn auszukundschaften, suchte namentlich kaiserliche Sekretäre, Räte und Diener durch Geld für seine Zwecke zu gewinnen. 
24        Allein zu jenem ersten Befehl war der Kaiser mit seinen Ministern ohne die ihnen sonst eigne reifliche Überlegung durch Aleander gebracht worden; dieser rühmte selbst, wie er sie durch List und Raschheit dazu fortgerissen habe. Sie waren weiterhin vorsichtiger. Die Aufregung, die man in Deutschland fürchten müsse, konnte auch Aleander nicht leugnen; er schickte selber nach Rom Schilderungen davon. (n416) (417) 
25         Dazu wandte sich nun Friedrich der Weise während seines Aufenthalts in Köln (oben S. 398 = 3,16#9) an den Herrn von Chievres und Karls anderen Berater, den Grafen Heinrich von Nassau, mit dem Ersuchen, dass der Kaiser nichts gegen Luther vornehmen lasse, er sei denn zuvor verhört worden. In einem Schreiben (aus Oppenheim) vom 28. November, das jedoch erst in der dritten Woche des Dezember bei Friedrich eintraf, erwiderte ihm der Kaiser selbst: er wolle während des nach Worms ausgeschriebenen Reichstag Luther durch gelehrte und verständige Personen genugsam verhören lassen und darauf halten, dass ihm nichts wider Recht geschehe. 
26 Der Kurfürst möge ihn deshalb nach Worms mitbringen, solle aber ernstlich dafür sorgen, dass derselbe mittlerweise in keinerlei Weise etwas gegen den päpstlichen Stuhl veröffentliche. Zugleich sprachen jene beiden Räte dem Kurfürsten ihre Hoffnung aus, dass im Worms diese Sache sich mit guten Mitteln werde beilegen lassen. Ihren Brief erhielt Friedrich noch vor dem des Kaisers. Er liess sogleich durch Spalatin bei Luther anfragen, was dieser zu thun vorhabe, falls er vom Kaiser vorgeladen würde; Spalatin verhehlte dabei nicht, dass die Widersacher ihre Anschläge gegen ihn mit allen Mitteln beschleunigen.
27 Noch ehe Luther erwidern konnte, liess der Kurfürst seine eigne Antwort an die Räte und an den Kaiser (unter dem 14. und 20. Dezember) abgehen. Er schrieb: seit er sein Ersuchen an jene gerichtet, habe man wider sein Erwarten die Lutherschen Bücher auch in Köln und Mainz verbrannt, wovon, wie er meine, wenigstens die Rücksicht auf ihn hätte abhalten sollen; vielleicht habe bereits "auch Luther hiergegen etwas gethan" (er wusste jedenfalls am 20. Dezember, dass die Verbrennung der Bulle durch Luther erfolgt war); durch solches alles erscheine ihm diese Sache schon zu weit fortgeschritten; es müsste ihm schwer fallen, darauf hin Luther mit sich auf den Reichstag zu bringen; der Kaiser möge ihn mit diesem Auftrag gnädig verschonen.
28 Offenbar wagte er von einem Erscheinen Luthers vor dem Kaiser nichts Gutes mehr zu hoffen. Auf die Forderung, Luther von weiteren Schritten abzuhalten, entgegnete er, dass er Luthers Schreiben und Predigen überhaupt nie habe vertreten wollen, sondern diesem ganz überlasse, sich selbst zu verantworten; ihm sei nur darum zu thun, dass die Wahrheit an den Tag komme. 
29 Inzwischen hatten neue Nachrichten und Einflüsse auch den Kaiser umgestimmt. Mit den kurfürstlichen Schreiben vom 20. Dezember kreuzte sich ein neues kaiserliches aus Worms vom 17., welches erklärte: da Luther bereits dem Banne verfallen, über alle Orte, an die er komme, das Interdikt verhängt und jeder, der mit ihm handle und wandle, mit dem Banne bedroht sei, möchte, wenn derselbe nach Worms käme, hieraus dem Reich ein merklicher Vorwurf bei andern Nationen erwachsen; der Kurfürst solle ihn nur, wenn er widerrufen wolle, mitnehmen und auch dann nicht bis Worms, sondern (418) bloss bis Frankfurt oder an einen andern Ort, sonst aber ihn daheim lassen, bis zwischen dem Kaiser und Kurfürsten mündlich über ihn verhandelt werde. (n418
30           Luther war es unterdessen überlassen, ganz von sich aus zu entscheiden, was er zu thun wage. Und er erklärte noch am Tage (21. Dezember), an welchem er Spalatins Anfrage erhalten hatte: "Ich werde, wenn man mich ruft, kommen, so weit an mir liegt, ob ich mich auch krank müsste hinführen lassen, denn man darf nicht zweifeln, dass ich vom Herrn gerufen werde, wenn der Kaiser mich ruft; greifen sie zur Gewalt, wie es wahrscheinlich ist, -- denn dazu, um belehrt zu werden, lassen sie mich nicht rufen -- so muss man dem Herrn die Sache befehlen; denn noch lebt und regiert derselbige, der die drei Knaben im Feuerofen des Königs von Babylon erhalten hat; -- man darf hier nicht nach Gefahr oder Rettung fragen, sondern muss dafür sorgen, dass wir das Evangelium, das wir begonnen, den Gottlosen nicht zum Spott werden lassen. -- 
31  Sollten gleich die Könige der Erden und die Fürsten sich zu Haufen versammeln und samt den Völkern toben wider den Herrn und seinen Gesalbten (Ps. 2,1ff., Apstgesch. 4,25ff.), so lehret doch der Geist in dem selbigen Psalme, dass selig seien, die auf den Herrn trauen; und nicht allein das, sondern der Herr wird jene verlachen und ihrer spotten. Wir haben jedenfalls nicht zu bestimmen, ob aus meinem Leben oder aus meinem Tode mehr oder weniger Gefahr für das Evangelium und das gemeine Wohl erwachsen werde ... 
32 Nur die eine Sorge liegt uns noch ob, Gott darum zu bitten, dass nicht Karls Kaisertum mit meinem oder irgend eines andern Blut zum Schutz für die Gottlosigkeit sich in seinem ersten Thun beflecke; ich würde, wie ich oft gesagt, viel lieber allein durch die Hände der Römlinge umkommen, damit nicht jener mit den Seinigen in diese Sache verwickelt werde. Du weisst, welches Urteil den Kaiser Sigismund nach Hus' Ermodrung verfolgt hat ... Da hast Du meinen Rat und wie ich gesinnen bin. Nimm von mir alles an, nur nicht dass ich fliehe oder widerrufe; fliehen will ich nicht, widerrufen noch viel weniger. Dazu gebe mir der Herr Jesus Kraft ... Lebe wohl und sei stark in dem Herrn." (n418a) (br211220
33        Mit Bedauern vernahm Luther dann, dass der Kaiser von seiner Berufung nach Worms abgestanden sei. Er wusste auch, dass die Papisten dieselbe hintertrieben, damit er statt dessen einfach verurteilt und abgethan werde. (n418b) Aleander hatte sich, schon während er mit dem Kaiser in Köln war, gegen jedes Eingreifen des Reichs in diese kirchliche und von der Kirche bereits entschiedene Angelegenheit verwahrt: nur das kirchliche Urteil müsse vollzogen werden. 
34         Indessen schien in de ersten Hälfte Januars die Sache doch wieder dazu sich anzulassen, dass von seiten des Kaisers erst noch weitere Versuche mit (419) Luther gemacht werden sollte und er doch noch persönlich vernommen werden könnte. 
35         Kurfürst Friedrich war am 5. Januar in Worms eingetroffen und hier sehr freundlich vom Kaiser empfangen worden. Die Reichstände waren auf den 6. dorthin einberufen, kamen jedoch erst almählich zusammen. Der Kurfürst von Brandenburg und andere Fürsten, welche mit ihm reisten, namentlich Herzog Albrecht von Mecklenburg, versäumten nicht auf ihrer Fahrt durch Wittenberg Luther zu sehen: sie liessen ihn, den Gebannten, zu sich kommen und sprachen mit ihm. (n419
36        In Worms nun muss Friedrich gleich in den ersten Tagen nach seiner Ankunft Äusserungen von seiten des Kaisers vernommen haben, welche ihm hoffen liessen, dass er Luthers Anlegenheit in Gnaden vornehmen, ja ihn wohl noch vor den Reichtag bescheiden werde, und auf welche hin er sofort Luther selbst zu einer Erklärung veranlasste, die einem günstigen Verlauf der Sache dienen möge. Wir ersehen dies aus einem Schreiben Luthers an seinen Fürsten vom 25. Januar, wobei wir bemerken, dass die Mitteilungen aus Worms gegen vierzehn Tage Zeit brauchten, bis sie in Wittenberg anlangten. Darnach hat Luther, der noch vier Tage zuvor einem Freund über das Unterbleiben der kaiserlichen Citation geschrieben hatte, nunmehr mit "gar demütigem Dank und Gefallen" des Kurfürsten "gnädige Anzeigung" davon vernommen, "was Römischer Kaiserlicher und Hispanischer Königlicher Majestät, seines allergnädigsten Herrn, Bedenken und Meinung in seiner Sache sei". 
37 Er freue sich, schreibt er, von Herzen, dass der Kaiser die Sache, welche Gottes, gemeiner Christenheit und der ganzen deutschen Nation Sache sei, zu seiner Kaiserlichen Majestät nehmen wolle. Er legt ein Exemplar seines schon vor einem Jahr an den Kaiser gesandten "Erbietens" (oben s. 365 = 3,3#26) bei und erklärt sich bereit, fort und fort alles zu thun und zu lassen, was er mit christlichen Ehren und gemäss genugsamen Gründen der heiligen Schrift thun und lassen könne. 
38 Dann bittet er den Kurfürsten, sich beim Kaiser dahin zu verwenden, dass er mit freiem Geleit versehen und die Sache frommen, gelehrten, unverdächtigen Männern und zwar geistlichen und weltlichen befohlen werde, die in der Bibel wohl begründet wären und zwischen göttlichen und menschlichen Geboten zu unterscheiden wüssten. So wolle er in demütigen Gehorsam auf den Reichstag kommen und mit Hülfe des Allmächtigen sich dermassen erzeigen, dass männiglich in Wahrheit erfahren solle, wie er bisher nichts aus frevlem Willen und zeitlicher Ehre wegen, sondern alles seinem Gewissen nach als armer Lehrer der heiligen Schrift Gott zu Lob, zu Heil gemeiner Christenheit und der ganzen deutschen Nation zu gute gethan habe. (n419a
39        Allein von erfreulichen Absichten und Äusserungen Kaiser Karls bekam Luthers nichts weiter zu hören. Diejenigen Mitteilungen seines Kurfürsten (420) an ihn, welche sein Schreiben veranlassten, können nicht viel Grund gehabt haben. Während dieselben nach Wittenberg unterwegs waren (am 16. Januar), wusste Friedrich seinem Bruder Johann, der in Worms erst am 9. Februar eintraf, nur von bösen Beratungen zu berichten, die, wie er höre, täglich gegen Doktor Martinus gepflogen werden, damit er in die Acht gethan würde; "das", schreibt er, "thun die mit den ruten Hütlein und die Römer mit ihren Anhang". 
40 Eine Äusserung Aleanders, den Friedrich hierbei vorzugsweis im Auge hatte, war auch Luthern durch Spalatin aus Worms geschrieben worden: "Wenn ihr Deutschen, die ihr von allen am wenigsten Geld dem Papst zahlt, das römische Joch abwerft, werden wir dafür sorgen, dass ihr euch unter einander mordet, bis ihr ihm eignen Blut untergeht". Nachher, laut eines Briefes vom 9. Februar, hatte er erfahren, dass in Worms noch nichts gegen ihn geschehen sei; von seiten der Papisten werde wütend auf sein Verderben hingearbeitet; doch sei -- so schrieb ihm Spalatin -- bei andern auch so viel gute Gesinnung fürs Evangelium, dass zu hoffen sei, er werde nicht ungehört verurteilt werden. 
41        Während der folgenden Wochen zeigen Luthers Briefe keine nähere Kenntnis der Wormser Vorgänge. Die Beratungen und Verhandlungen schwankten hier sehr. Der in Worms anwesende Erzbischof von Salzburg, welchen der Bischof von Freising (vgl. oben S. 400 = 3,16#22) um Rat wegen der Publikation der Bannbulle angegangen hatte, vermied es noch in einem Brief vom 10. Januar, ihm eine bestimmte Antwort zu geben, meldete ihm dann aber am 21., dass der Kaiser dem römischen Stuhl anzuhangen beschlossen habe und, wie nach seiner Verordnung Luthers Bücher in Löwen und ferner in Mainz, Köln und Trier verbrannt worden seien, so auch ernstliche Mandate allenthalben ins Reich ausgehen lassen wolle. 
42 Andererseits konnte, nachdem der Reichstag am 28. Januar eröffenet worden war, Friedrich an Johann berichten, er vertraue trotz der roten Hütlein und ihres Anhangs doch dem allmächtigen Gott, dass die Wahrheit an den Tag kommen solle. Jene arbeitete mit allen Mitteln und namentlich beim Kaiser selbst. Karls politische Räte aber wollten mit Rücksicht auf die Verhältnisse jeden voreiligen Schritt meiden: neben der Rücksicht auf Unruhen in Deutschland kam für sie besonders auch die zweifelhafte Stellung des Papstes mit Bezug auf das Verhältnis zwischen dem Kaiser und König Franz fortwährend in Betracht. 
43        Ja im Februar liess nun gar der kaiserliche Beichtvater Glapio sich noch zu merkwürdigen Erklärungen über Luther gegen den kursächsischen Kanzler Brück herbei. Sie hatten etwa eine Woche lang täglich mehrstündige vertrauliche Konferenzen mit einander. Glapio, der hier offenbar auf Gedanken des Erasmus einging, sagte da freundlich und salbungsvoll: er sei ursprünglich dem Bruder Luther gar nicht abgeneigt, habe vielmehr bei ihm (421) aus seinen früheren Schriften ein edles Gewächse vermerkt, welches nutzbare Früchte für die Kirche tragen möchte, und finde sogar in seinem Buch "Von der christlichen Freiheit" grossen Verstand, Kunst und Geist. 
44 Nur Luthers Buch von der Babylonischen Gefangenschaft habe ihn sehr erschreckt und betrübt; er wolle nicht glauben, dass Luther sich zu diesem bekennen wolle, könne auch seinen Stil darin nicht wiederfinden. Luther solle dieses Buch verleugnen oder wenigstens widerrufen und sagen, er habe sich dazu durch Zorn über seine Widersacher fortreissen lassen. Glapio stellte auch eine Reihe von Sätze aus der genannten Schrift und ferner einige aus Luthers "Assertio omnium articulorum" (oben S. 408 = 3,16#56) zusammen, deren Widerruf unerlässlich sein werde: sie waren wesentliche Bestandteile seiner Lehre von der christlichen Kirche, kirchlichen Ordnungen und Gesetzen, Sakramenten, allgemeinen Priestertum u. s. w.; seinen Widerspruch gegen das göttliche Recht des Papsttum hob jedoch Glapio nicht hervor, sondern nur das, dass Luther das Papsttum gar fürs Reich des Antichrists erkläre und den Papst einen Ketzer und Teufel schelte; 
45 Luthers Sätze über die innern Vorgänge und Bedingungen bei der Aneignung des Heils zog er gar nicht bei. Wenn nur, sagte er, Luther jenes widerrufe, so werde seinen früheren Schriften und anderen Sätzen sich leicht ein besserer Sinn beilegen lassen und sie würden Bestand behalten. In dieser Weise wollte Glapio dafür sorgen, dass, wie er sich ausdrückte, Luthers gute Ware, die fast bis in den Hafen gebracht sei, nicht verschlagen werde. --
46 Er gab zu, dass manche Gegner Luthern Unrecht gethan und ihn nicht verstanden haben; so bemerkte er, dass erst in diesen Tagen ein Dominikanermönch Ambrosius (unten S. 429 = #80) dem Kaiser eine Schrift gegen Luther zugeschickt habe, in welcher ihm schon an zwanzig solcher Missverständnisse aufgestossen seien ("ei", fügte er bei, "was wird der angerichtet haben, wenn das Buch vor Dr. Luther kommt"). -- Für den Fall, dass Luther jene Punkte zurücknehme, erachtete es Glapio für leicht, das Urteil des Papstes über ihn umzuändern.  Ohnedies hielt er, wie er sagte, ein Verfahren gegen Luther für unbillig, bei welchem dieser nicht selbst gehört würde. Dabei riet er, dass Luther sich ja nicht aus seines löblichen Herrn Land und Schutz wegbegeben möge. 
47 Gern hätte er mit dem Kurfürsten selbst geredet, worauf jedoch dieser nicht einging. In betreff des Kaisers versicherte er, dass dieser den Legaten, welche täglich auf den Befehl zur Verbrennung von Luthers Büchern dringen, noch nicht nachgegeben, ja selbst auch an Schriften Luthers vor der über die Babylonische Gefangenschaft etlichermassen Gefallen gehabt habe; und er scheute sich nicht auszusprechen: der Papst sollte nicht sagen, dass der Kaiser keine Befugnis in solchen Dingen habe. 
48 Als bestes Mittel für den Streit zwischen Luther und dem Papst, welches er auch schon dem Herrn von Nassau vorgeschlagen habe, bezeichnete er das, dass fromme, gelehrte, unverdächtige Männer (422) bestellt wurden, vor welchen Luther an einer gelegene Stätte erscheinen und deren Entscheidung sowohl er als auch der Papst sich unterwerfen sollte; bis dahin sollte Luther stillschweigen und seine Schriften mit Beschlag belegt, aber bei einem Unparteiischen deponiert werden. Er erkundigte sich auch, wie weit es von Wittenberg nach Worms sei, und hoffte, dass man Luther durch eine Post schnell werde herholen können. 
49         Dass Glapio sich hier doppelzüngig benahm, ist keine Frage. Zur gleichen Zeit erwarb er sich Aleanders Wohlgefallen und Lobsprüche von Rom aus. Auch der Rat, den er wiederholt gab, dass Luther die sächsischen Lande nicht verlassen möge, hatte gewiss nicht Luthers Sicherheit zum Zweck; er wollte vielmehr vorbeugen, dass derselbe andere Beschützer suche, bei welchem er für die öffentliche Ruhe gefährlicher würde als unter dem weisen gewissenhaften Friedrich. -- 
50 Allein sein tiefes Eingehen in jene Verhandlungen liesse sich nicht erklären, wenn er nicht eine friedliche Beilegung der Sache durch Widerruf jener mit dem bestehenden Kirchentum unverträglichen Sätze für möglich gehalten und wirklich gewünscht hätte. Luther wäre hiermit auf den Standpunkt derjenigen Männer zurückgetreten, welche beim Kampf gegen das Papsttum ebenso wie bei Konzilien des vorigen Jahrhunderts im übrigen dem überlieferten Kirchentum treu bleiben wollten: und mit solchen konnte unter Umständen auch der Kaiser sich verbünden. Konnte so viel erreicht werden, so war dem Glapio daneben an einer Entscheidung über die tieferen Heilslehren, von welchen Luther ausgegangen war, wohl nicht viel gelegen. Es war in der That für die kaiserliche Räte von hohem Wert, zu versuchen, ob der Kurfürst sich bestimmen lasse, auf den von seinem Schutz abhängigen, jetzt so schwer bedrohten Luther kräftig einzuwirken. 
51       Doch Friedrich war zu einer Besprechung mit Glapio, wie gesagt, nicht zu bewegen und liess auch seinen Kanzler durchweg Zurückhaltung gegen ihn beobachten. Er wollte jene Vorschläge nicht, wie Glapio wünschte, an den Kaiser bringen: denn sonst werde man dafür halten, dass sie ihm selbst gefielen; er aber wollte sich nicht nachsagen lassen, dass, wie es dann wohl geschehen könnte, Luthers Sache durch ihn beschwerter würde, denn sie vorher gewesen. 
52         Diese Verhandlungen blieben so erfolglos. Und zugleich lief nun im Worms bei Aleander am 10. Februar eine neue päpstliche Bulle gegen Luther ein, wonach dieser verstockte Ketzer der verdiente Strafe preisgegeben und über alle Orte, wo die Ketzerei sich zeige, das Interdikt verhängt werden solle; ferner ein an den Kaiser gerichtetes Breve, in welchem der Papst nachdrücklich forderte, dass keinen Augenblick mehr der Pest Raum gelassen werde und diejenigen, welchen die Gewalt hierzu anvertraut sei, den Vollzug des päpstlichen Urteil gebieten. 
53 Zu gleicher Zeit liess sich der (423) Papst zu verschiedenen Zugeständnissen gegen den Kaiser und Gefälligkeiten gegen dessen Beichvater herbei; namentlich zog er eben jetzt gewisse Verfügungen zurück, durch welche er den Gebrauch der Inquisition in Spanien für die Zwecke des königlichen Absolutismus beschränkt hatte. Von derartigen Vereinbarungen machten die höchsten Gewalten der Christenheit die Entscheidung über die grösste Fragen dieser Christenheit und der deutschen Nation abhängig. 
54        Nunmehr liess der Kaiser im Reichstag das Breve verlesen und Aleander vor demselben sprechen. 
        Dieser hielt am 13. Februar, dem Aschermittwoch, eine dreistündige Rede. In geschickter Zusammenstellung trug er Luthers ketzerischte Sätze vor, in welchen gegen Gott im Himmel, die Engel und Heiligen, die Kirche und den heiligen Vater, die Kaiserliche Majestät und alle weltliche Herrschaft gefrevelt werde. Den Widerspruch Luthers gegen das göttliche Recht der Papstherrschafft berührte er nur kurz, indem er die Behauptung, dass die Griechen den Papst nie als Haupt der ganzen Christenheit anerkannt haben, durch Berufung aufs Florentiner Konzil vom Jahre 1439 meinte entkräften zu können. 
55 Den grössten Nachdruck legte er darauf und kam darauf immer wieder zurück, dass Luther so wie einst die Böhmen gegen die kirchlichen und kaiserlichen Gesetze sich auflehne, den Hus und Hieronymus von Prag aus der Hölle wieder ins Leben rufe, das Konstanzer Konzil lästere, überhaupt die heiligen Konzilien verachte und, während er an ein Konzil appelliert habe, dem Erkenntnis eines Konzils sich nicht unterwerfen wolle. Dagegen, dass man ihn, den Verurteilten, erst noch hören und dabei gar Laien mitreden sollten, protestierte er lebhaft: der Kaiser selbst, sagte er, wisse, dass er in Sachen des Glaubens nicht zu erkennen habe und viel weniger andere Laien. Von denjenigen Artikeln Luthers, die er speziell aushob, erklärte er, dass sie allein schon wert wären, dass man ihretwegen tausende von Ketzern verbrenne. Indessen richtete er selbt seinen Antrag an Kaiser und Reich nur dahin, dass sie gebieten sollten, Luthers Bücher zu verbrennen. Über den Vollzug der Strafe an Luthers Person sich zu äussern, hielt er nicht für ratsam. 
56         Aleander rühmte sich eines grossen Erfolges, den seine Rede gehabt habe, und hatte wohl Ursache dazu, wenn er auch denselben übertrieb. Er mochte mit manchen jener Sätze Männer erschrecken, welchen Luther bisher nicht so schwarz geschienen hatte, und mit dem Hinweis auf die Böhmen und Luthers Verachtung des Konstanzer Konzils hatte er, der auf seinem eignen papistischen Standpunkt den Konzilien keine Unfehlbarkeit beilegte, denjenigen Punkt ausgehoben, an welchem auch freier gesinnte deutsche Christen sich stossen mussten: wir werden sehen, wie nachher vollends alles Gewicht auf Luthers Stellung zu den Konzilien fiel. 
57 Am meisten durfte (424) er seines Eindrucks auf den Kaiser gewiss sein, der innerlich nie ein Gefühl für Luthers Sache hatte. Wir hören, dass derselbe um jene Zeit einen Brief Luthers zerrissen und auf den Boden geworden, Aleander aber ihn nach Rom geschickt und für die Vatikanische Bibliothek bestimmt habe: es war wohl jenes Exemplar von Luthers "Erbieten", das Luther eben damals (oben S. 419 = #37) nach Worms zu schicken veranlasst worden war, damit es dort dem Kaiser mitgeteilt werde, nachdem dieser es bisher noch keiner Beachtung gewürdigt, vielleicht auch garnicht in die Hände bekommen haben mag. 
58         Die päpstlichen Gesandten drangen jetzt so weit durch, dass der Kaiser ein ganz in ihrem Sinn abgefasstes Edikt den Reichständen vorlegen liess. Luther sollte als ein vom Papst verdammter offenbarer Ketzer nicht weiter gehört, sondern seine Bücher verbrannt und er selbst behufs weitern rechtlichen Verfahrens gegen ihn gefangen gesetzt werden. 
59         Darüber schwebte bis Ende Februar die Entscheidung bei den Ständen. Der Frankfurter Gesandte berichtete am 20. Februar, wohl unmittelbar vor der Vorlage des Edikts, nach Hause: "Der Mönch macht viel Arbeit; es möchte ihn ein Teil ja gern ans Kreuz schlagen; fürcht', er wird ihnen kaum entrinnen, allein ist zu besorgen, wo es geschehe, er wird am dritten Tage wieder erstehen". Ähnlich schrieb ein paar Tage nachher Kurfürst Friedrichs Rat Bernhard von Hirschfeld nach Nürnberg: die "geschwinde Acht", die der Kaiser gegen Luther vorhabe, werde wenig Frucht, vielmehr grosse Empörung im Reich gebären; eben darauf arbeiten freilich der Papst und alle die Seinen hin, dass die Deutschen einander selbst verfolgen und darüber ihre Misshandlungen vergessen und sie unreformiert lassen möchten. 
60 Unter den Reichständen erregte das Edikt heftige Debatten. Jene Besorgnis konnten doch auch die kaiserlichen Räte nicht los werden; auch von auswärts liefen über die Stimmung in Deutschland Warnungen ein. Andererseits schürte namentlich auch Eck wieder: am 17. Februar erhielt Aleander ein Schreiben von ihm, und unter dem 18. richtete er eine Mahnschrift an den Kaiser, dass, nachdem einst Karl der Grosse den Nacken der Sachsen unter den Glauben gebeugt habe, nicht jetzt unter dem grössten Karl der Sachse Luther andere vom Glauben abbringen dürfe. (n424
61        Luther erfuhr aus Worms nur, dass fortwährend heftig gegen ihn gearbeitet werde, aber, wie er nach einem Schreiben des Kurfürsten am 7. März dem Link meldete, "die Sache noch nicht im Neste der Papisten sei". 
         In seiner Nähe vollzogen jetzt die Bischöfe von Meissen und Merseburg die päpstliche Bulle an seinen Büchern: ganze Wagenladungen derselben kamen ins Feuer. 
        Ihn aber störte auch nicht die Unruhe des Wartens in seiner innern Sicherheit und in seinem gleichmässig fortgehenden Wirken. (425) 
62       Hatte der Papst ihn ausgestossen, so fühlte er sich dadurch jetzt nur vollends um so freier. Auch an die Satzungen seines Mönchtums achtete er sich nicht mehr für gebunden; namentlich liess er sich jetzt nicht mehr, wie er allzulange noch gethan (vgl. oben S. 151), durch klösterliche Übungen, Horenlesen und anderes, die Zeit rauben. Er äusserte hierüber gegen seinen Freund Lange: von des Ordens und des Papstes Gesetzen bin ich gelöst und exkommuniziert kraft der Bulle; das nehme ich mit Freuden an; nur im Mönchskleid und Haus bleibe ich noch. (n425
63        Von Staupitz (vgl. oben S. 402 = 3,16#30) hatte er jetzt erfahren, dass derselbe zu einer Erklärung sich herbeigelassen habe, durch welche er dem Urteil des Papstes sich unterwarf und welche demnach für eine völlige Verleugung der Sache Luthers genommen werden konnte. Mit liebreichen Schmerz, aber voll eigner Festigkeit sprach dieser ihm (am 9. Februar) sein Bedauern über eine solche Schwäche aus. 
64 Staupitz hatte ihn an die Pflicht der Demut erinnert. Er erwiderte ihm: "Bei Dir ist zu viel Demut, bei mir zu viel Stolz; ob man aber auch bisher schweigen und sich demütigen sollte, -- werden wir, ich beschwöre Dich, nicht jetzt, da der liebsten Heiland in der Welt zum Spott wird, für ihn streiten und unseren Hals hinstrecken? Jetzt gilt das Evangelium "Wer mich bekennet vor den Menschen, den will ich  auch bekennen vor meinem himmlischen Vater"; mag ich des Hochmuts, Mordes und aller Laster schuldig erfunden werden: wenn ich nur nicht gottlosen Stillschweigens mich schuldig mache! Durch solch Bekenntnis hoffe ich aller meiner Sünden los zu werden; darum habe ich mit Freudigkeit meine Hörner aufgerichtet wider den römischen Götzen; willst Du nicht folgen, so lass doch mich gehen und fortgerissen werden". (n425a) (br090221
65         Mit Vergnügen vernahm er, dass an verschiedenen Orten die Bulle beschimpft und zerrissen worden sei. In Wittenberg trieben die Studenten Fastnachtpossen mit dem Papst und den Kardinälen, während Aleander in Worms zu seiner Aschermittwochsrede sich rüstete; Luther meinte, das habe der Papst wohl verdient, der selber die grössten Fürsten, ja den Herrn Christus zum Spott und Spiel mache. -- Zur selben Zeit aber legte er gegen die gewaltthätige Pläne Huttens seine schon oben (S. 411 = 3,16#70) erwähnte Verwahrung ein. (n425b
66         Die deutsche Ausgabe seiner Rechtfertigungsschrift für die von der Bulle verdammten Artikel wurde, wie wir oben (S. 408 = 3,16#56) gesehen, damals im Druck fertig. Kurfürst Friedrich schickte am 19. März die deutsch, wie schon vorher die lateinische mit gnädigen Worten und offenbar auch mit Wohlgefallen an diesen Schriften selbst dem ihm befreundeten Nürnberger Patrizier Tucher zu, da er in diesem "einen guter Lutherer vermerkt habe". (n425c) (426) 
67        Zugleich liess Luther in der ersten Hälfte des Februars einen kurzen "Unterricht für die Beichtkinder" drucken, welche ihr Beichtvater wegen der Lektüre seiner Bücher ausforschen und zur Auslieferung derselben nötigen wollte. Auch zur Abfassung dieses Schriftchens hatte Spalatin ihn angeregt. Er will darin solchen Anweisung geben, welche in ihrem Gewissen von der Richtigkeit seiner Lehre überzeugt, aber vielleicht seinen Widersachern gegenüber noch schwach seien und deshalb versucht sein könnten, gegen ihr Gewissen etwas zu thun. Diesen sagt er: sie sollen jenes Ausforschen von sich abweisen und dem Beichtiger erwidern, dass für das, was sie verschweigen, sie selbst die Gefahr übernehmen; halte ihnen der Beichtvater die Bulle vor, so sollen sie ihm entgegenhalten, dass diese von vielen frommen Leuten nicht geachtet werde, dass des Papstes Urteile sehr wankelhaft zu sein pflegen, dass sie daher auf einen solchen Sand sich nicht treiben lassen wollen; 
68 versage ihnen dann der Beichtvater die Absolution, so sollen sie fröhlich und sicher sein derjenigen Absolution, die Gott auf ihr Begehren ihnen gebe; wo aber starke Gewissen seien, die die Wahrheit zu bekennen wagen, -- die sollen frei sagen, dass sie die Bücher nicht lassen wollen und dass man Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen. Versage einem der Priester ausser der Absolution auch das heilige Abendmahl, so bitte man ihn erst demütig; wolle das nicht helfen, so lasse man fahren Sakrament, Altar, Pfaffen und Kirchen; denn das göttliche Wort, das in der Bulle verdammt werde, sei mehr denn alle Dinge: seiner möge die Seele nicht entbehren, wohl aber könne sie des Sakraments entbehren, indem Christus, der rechte Bischof, selber geistlich mit demselben Sakrament sie speisen werde. 
69 Endlich bittet Luther alle Prälaten und Beichtväter, nicht mit Gewalt ins Volk zu dringen und die Gewissen zu martern, -- "auf dass sie nicht eine Ursache erregen, zu fragen und wiederum zu forschen, woher sie die Gewalt haben und wo die heimliche Beichte herkomme, daraus denn ein Aufruhr möchte erfolgen, der ihnen zu schwer würde." "Denn", sagt er, "obwohl solche Beichte das allerheilsamte Ding ist, weiss man doch wohl, wie der Pelz auf den Ärmeln steht (sie war ihm doch nur menschliche Ordnung); darum not sein will, dass solch heilsam Ding nicht durch Frevel, Stürmen, Gewalt der Regenten anhebe zerrüttet zu werden; Stürmen ist an sein Ende gekommen, sehet euch vor und seid weise". (n426) (beicht
70         Zur selben Zeit liess er seiner Feder wieder freien Lauf gegen Emser. Schon im vorigen Herbst war in Wittenberg eine zu Rom im August gedruckte lateinische Schrift des Italieners Thomas Rhadinus, nämlich eine "Rede an die Fürsten und Völker Deutschlands gegen den die Ehre der Nation schändenden Ketzer M. Luther" bekannt geworden, welche man in Leipzig sehr pries und nachdruckte und in welcher nun Luther und Melanchthon ein Werk Emsers zu erkennen vermeinten, der seinen (427) "Geifer" unter einem falschen Namen einführe. 
71 Die Entgegnung darauf übernahm Melanchthon und führte sie ernst und gediegen in einer seiner kräftigsten Schriften aus. Als aber von einer neuen deutschen Streitschrift Emsers, die gegen Luthers Büchlein "An den Adel" sich richtete, die Kunde und auch schon die ersten Druckbogen nach Wittenberg kamen, warf sich Luther selbst wieder auf ihn. Er vermutete, Emser handle auf Antrieb des Herzogs Georg, der auch beim kursächsischen Hof gegen ihn wüte, und wollte ihn um so weniger ungestraft lassen. Im Januar liess er ein paar Blätter: "An den Bock zu Leipzig" ausgehen, mit der Versicherung, dass jener fälschlich meine, er fürchte sich vor seinen Hörnern, weil er auf seine letzten Angriffe geschwiegen habe; er möchte vielmehr auf sein leichtfertiges Drohen antworten: "Lieber Esel, schlag nicht aus!" 
72 Von Emser erschien hierauf sogleich eine kurze Antwort: "An den Stier zu Wittenberg". Darauf von Luther eine Entgegnung: "Auf des Bocks zu Leipzig Antwort". Er verwahrte sich hier vor allem dagegen, dass ihm Emser dort (wie derselbe auch sonst schon gethan) seine Äusserung vor der Leipziger Disputation: das Ding sei nicht in Gottes Namen angefangen (oben S. 258 = 3,7#55), so verdrehte, als ob er bekannt hätte, sein eigen Werk nicht in Gottes Namen begonnen zu haben. Emser wiederum schrieb: "Auf des Stieres zu Wittenberg wütende Replica". Inzwischen wurde auch sein Buch: "Wider das unchristenliche Buch Mart. Luthers Augustiners an den deutschen Adel" fertig. 
73 Nachdem es im Februar an Luther gelangt war, verfasste dieser eine ausführliche "Antwort auf das überchristliche, übergeistliche und überkünstliche Buch Bock Emsers", welche gegen Ende des März zur Versendung kam. Schon die Titel dieser Schriften lassen erkennen, in welchem Stil von beiden Seiten geschrieben, von Emser verklagt, von Luther gespottet wurde. Die letztgenannte Schrift Luthers hat jedoch bleibenden Wert durch die in ihr wiederholte Erörterung und biblische Begründung seiner Lehre vom allgemeinen Priestertum der Christen und vornehmlic durch ihre Erklärungen über die rechte Auffassung und Auslegung des Sinnes der heiligen Schrift überhaupt. 
74 Emser wollte nämlich jenes allgemeines Priestertum, für welches Luther besonders auf 1. Petr. 2,9 sich stützte, mit Hülfe der herkömmlichen Annahme eines doppelten Schriftsinnes, eines geistlichen und eines buchstäblichen, bestreiten. Dagegen wurde diese jetzt von Luther, der einst auch in ihr herangebildet worden und ihr ergeben war, als eine willkürliche, menschliche Erfindung verworfen; er zeigte namentlich, dass der Ausspruch des Paulus vom tötenden Buchstaben und lebendigmachenden Geiste 2 Kor. 3,6 mit ihr nichts zu schaffen habe. (lutems05#53) So fordert er, dass man die Worte der Schrift einfach nehme, wie sie dem einfachen Wortsinn nach sich selbst geben; denn der heilige Geist sei "der allereinfältigste Schreiber und Redner, der im Himmel und auf Erden sei, (428) darum auch seine Worte nicht mehr denn einen einfältigen Sinn haben können"; (lutems05#69) solle einer Aussage der Schrift, wie gewissen alttestamentlichen Vorbildern, neben ihrer nächsten, geschichtlichen Bedeutung etwa noch eine höhere zukommen, so müsse auch dies der Geist Gottes in der Schrift klar ausgesprochen und ausgelegt haben. 
75 Nur die klaren Sprüche der Schrift mit ihrem einfältigen Wortsinn können man zum Streit brauchen; jener angebliche geistliche Sinn, den Emser aufblase, halte nicht Stich. Luther wusste, wie viel hieran für den ganzen Gebrauch der Schrift als Quelle und Norm der Heilswahrheit liege, -- wie man bei jener herkömmlichen Annahme und Methode entweder in reine Willkür hinein gerate oder von den kirchlichen Autoritäten, die den angeblichen anderen Schriftsinn auslegen, geknechtet werde. Er hat damit auch für jede wissenschaftliche Auslegung der Schrift den ersten Grundsatz ausgesprochen. Auch er hat dann wohl noch in erbaulichen und rednerischen Ausführungen manches kühne Allegorisieren sich erlaubt; aber für den Beweis des Glaubens hat er strenge nur dem klar vorliegenden einfachen Schriftsinn treu zu bleiben sich bemüht und von ihm auch alle willkürliche Glossen der angehensten Kirchenväter zurückgewiesen. 
76 Hinsichtlich jener apostolischen Aussage vom Priestertum aller Christen erwiderte er nachher (auf der Wartburg) eine neue Entgegnung ("Quadruplica") Emsers noch mit einem Schriftchen, das er selbst einen "durch den allergelehrtesten Priester Gottes erzwungenen Widerspruch seines Irrtums" betitelte, in welchem er aber seinen Gegner vielmehr noch schärfer abwies. Emser behauptete nämlich, dass nach Petrus' Sinn von einem geistlichen Priestertum, das man freilich allen Christen beilegen könne, das eigentlich sogenannte Priestertum, welches das leibliche Priestertum des kirchlichen Priesterstandes sei, unterschieden werden müsse. 
77 Luther erwiderte, jenes Wort des Petrus sei vielmehr von der ganzen Priesterschaft zu verstehen, welche in der Christenheit sei; denn jenen sogenannten kirchlichen Priestern gebühre eben gar nicht der Priesternahme, werde ihnen auch von der Schrift nirgends beigelegt, sondern die Schrift nenne jene nur Diener, Wächter oder Älteste, Priester aber nenne sie alle Getaufte und Gläubige. Er wolle wohl den herrschenden Brauch hingehen lassen, dass nach alter, menschlicher Gewohnheit jener geschmierte und beschorene Haufe Priester heisse; aber sie sollen wenigstens die heilige Schrift nicht auf ihren Tand reissen und die Christen nicht mit falschem  Schrecken durch göttliche Worte bedrohen und nach ihrem Mutwillen zwingen. (n428
78         Als ein neuer Gegner Luthers hatte sich seit Ende des vorigen Jahres der vielgewandte und auf mancherlei Gelehrsamkeit pochende, dabei volkstümlich derbe, plumpe und rohe Franziskanermönch Thomas Murner erhoben. Vorher waren von ihm Predigten und satirische Schriften gegen (429) die sittlichen Verderbnisse und Thorheiten der Zeit und insonderheit des Klerus ausgegangen, ohne dass er übrigens selbst eine tiefere, sittlich religiöse Grundlage gezeigt hätte. Jetzt bekämpfte er Luther als einen Zerstörer des Glaubens und der bürgerlichen und kirchlichen Ordnung. Noch im Jahre 1520 erschien auch von ihm wie von Rhadinus und Emser eine Entgegnung auf Luthers Buch an den Adel in einer an den Adel  gerichteten Aufforderung, den christlichen Glauben gegen Luther zu beschirmen 
79 Luther erfuhr dann noch von zwei weiteren Schriften, die derselbe gegen ihn losgelassen habe. Er antwortete ihm aber nur nebenher im Schlussteile seiner Schrift gegen das "überchristliche Buch Bock Emsers". Da verteidigt er gegen Murner seine Auffassung vom Wesen der Kirche, will sich aber in keine weitere Verhandlungen mit ihm einlassen, da jener anstatt schriftgemässer Gründe nur viele Worte vorbringe. Murner machte nachher auch gegen Luther die Satire zu seiner Hauptwaffe (1522 erschien sein Gedicht "Vom grossen lutherischen Narren, wie ihn Dr. Murner beschworen hat"); Anhänger der Reformation kehrten die gleiche Waffen gegen ihn; Luther selbst fand es nie der Mühe wert, sich wieder mit ihn einzulassen. 
80          Ernster als die Erzeugnisse eines Emser oder gar eines Murner nahm Luther die "Apologie für die Wahrheit des christlichen Glaubens", welche der angesehene thomistische Theolog Ambrosius Catharinus in Rom "gegen die gottlosen und sehr verderblichen Irrlehren Martin Luthers" zum Schluss des Jahres 1520 herausgab. Sie war dem Kaiser Karl gewidmet und bei jenen Gesprächen Glapios mit Brück soeben in Worms eingetroffen. Wir hörten (S. 421 = #46), dass Glapio selbst schlimmes befürchtete, wenn sie in Luthers Hände komme. 
81 Dieser erhielt erst am 6. oder 7. März ein Exemplar derselben durch W. Link zugeschickt und verfasste im Laufe des Monats eine lateinische Gegenschrift. Er dedizierte sie dem Link: zur Vergeltung, wie er sagt, dafür, dass dieser ein solches monströses Machwerk, in dessen Schmutz er fast versinke, an ihn geschickt und nicht lieber dem Pegnitzfluss oder dem Gott Vulkan verehrt habe. (lutcat01#3) Dem Catharinus gegenüber will er sich nicht erst lange mit denjenigen Ketzereien und angebliche Widersprüche beschäftigen, welche ihm dieser in Menge vorgeworfen habe, noch mit denjenigen Fragen über das Papsttum, bei welchen dieser noch stehe: denn er selbst sei darüber schon weit hinaus; schon stehe er dabei, dass der Papst der Antichrist sei: das müsse nur noch weiter verhandelt und auseinandergesetzt werden. (lutcat01#19
82 Er giebt aber vor allem scharfe Einwicklung über die Grundfrage in betreff der Kirche. Er bestreitet die alte, von Catharinus wiederholte Behauptung, dass dieselbe nach Matth. 16 aufs Papsttum gebaut sein müsse, will vielmehr für ihr Fundament nur den geistlichen, unsichtbaren Felsen Christus anerkennen, welchem gemäss auch sie selbst geistlichen, unsichtbaren Wesens sei. Und zugleich (430) weist er die Einwendung zurück, dass man von einer solchen Kirche ja nicht wissen könnte, wo in aller Welt etwas von ihr vorzufinden wäre, und dass man eben deshalb einen Papst brauche, damit die Kirche an einem bestimmten Orte sich finden lasse. Diesem Missverständnis gegenüber ist neben seinem Buch gegen Alveld (oben S. 321 = 3,10#54) besonders seine gegenwärtige Schrift wichtig. 
83 Jene Kirche ist nach ihm dennoch eine wirkliche, in der Welt gegenwärtige, im Fleisch lebende Gemeinde, ohne darum an bestimmte Orte und Personen gebunden zu sein. Man kann auch recht wohl erkennen, wo sie in der Welt existiere: an der Taufe, am Sakramente des Abendmahls und vor allem an dem Evangelium, (lutcat02#9) das in ihr verkündigt wird; denn die Stimme des Evangeliums erschallt nicht, wo nicht heiliger Geist ist, und durchs Evangelium, ja durch dieses allein, wird die Kirche geboren, ernährt, erzogen, gestärkt, bewaffnet, erhalten; wo das Eine Evangelium ist, da ist Ein Glaube, Eine Liebe, Ein Geist; wo das Evangelium nicht ist, wie in der Synagoge der Papisten und Thomisten, da ist auch nicht die Kirche Christi, ob man gleich tauft und vom Altare isst. (lutcat02#11
84 Und nun fährt Luther fort: "ich leugne dennoch nicht die Papstkirche und ihre Gewalt, da wir vielmehr über nichts anderes, Christum ausgenommen, ein so gross Zeugnis in der heiligen Schrift haben als über sie." (lutcat02#22f) So will er denn die Zeugnisse über sie dem Catharinus vorführen: es sind aber die Zeugnisse, in welchen der Antichrist angekündigt wurde. Luther hat in solche Ausführungen der Prophetie, wie sie jetzt folgen, nur zu vereinzelten Malen sich eingelassen, so wenig es ihm an dem Scharfsinn und auch an der Phantasie fehlte, womit andere dies zu allen Zeiten versucht haben; die anderen Gegenstände der Lehre und Predigten waren ihm wichtiger; was jene betrifft, so war und blieb für ihn nur das im allgemein eine hochwichtige Wahrheit, dass ein Antichristentum gemäss göttlicher Verheissung kommen müsse, und das Thatsache, dass dieses wirklich im Papsttum erschienen sei. 
85 Doch jetzt also führt er weiter aus, was darüber auch im einzelnen die Schrift offenbare. Daniel (8,25ff) verkündige, dass, nachdem vier grosse Königreiche dahin gegangen seien, ein Dunkel von Übertretungen einbrechen werde und alsdann dastehen werde ein König mächtig von Angesicht (oder vielmehr, wie Luther fasst: von Angesichtern) und klug von Ratschlägen, der da werde mächtig sein und doch nicht durch seine Kraft, und werde verwüsten das Volk der Heiligen und Glück haben mit seinem Betrug und sich erheben in seinem Herzen, bis er werde zerbrochen werden ohne Hand (Luther hat verschiedene Worte, auf die er hier Gewicht legt, später selbst anders übersetzt). (lutcat02#24f
86 Das, sagt Luther, sei derselbe, der nach 2 Thess. 2,3ff sich über Gott erhebe, wirkend mit satanischen Kräften. Jene Übertretungen und Verdunklungen seien dieselben, welche Paulus ankündige 2 Tim 4,3ff und Petrus 2 Petri 2,1ff  (lutcat02#36) und der (431) Judasbrief. (lutcat02#76) Erfüllt werde die Weissagung in der Verkehrung des ganzen Evangeliums durch gottlose Menschenlehren und Menschengebote, -- in dem Papst, der über Gottes Wort sich setze. Das letzte jener Reiche sei das römische gewesen, das nur dem Namen nach an die Deutschen übergegangen sei; in jenem sei das Papsttum geboren und es sei mit seiner Bosheit offenbar geworden, nachdem jenes hinweggethan -- nach 2 Thess. 2,7f. 
87 Zum Beleg für die Erfüllung zählt Luther alle Greuel päpstlicher Lehre und Praxis auf. Indem er ferner jene "Angesichter" des Widerchrists auf die verschiedenen Formen und Larven römischen Aberglaubens und römischer Heuchelei deutet, kommt er hier zuletzt auf die Universitäten, durch welche der allerärgste Schaden gestiftet, nämlich das göttliche Wort selbst zum Mittel des Betruges gemacht werde, und zieht für sie auch die Weissagung Offenb. Joh. 9 bei, wo ein Stern vom Himmel fällt, die Brunnen des Abgrunds durch ihn geöffnet werden, daraus in dicken Rauch Heuschrecken mit der Kraft von Skorpionen aufsteigen, und über sie ein König regiert mit Namen Apollyon, d. h. Verderber. 
88 Luther meint: der Stern möge den Thomas von Aquin bedeuten, der Rauch die leeren Worte und Meinungen des Aristoteles und der Philosophen, die Heuschrecken das Volk der Universitäten, der Apollyon den Meister Aristoteles. Wie aber jener König bei Daniel soll "ohne Hand zerbrochen" und jener Mensch der Sünde 2 Thess. 2,8 von Christus bei seiner Wiederkunft durch den Geist seines Mundes soll umgebracht werden, so erklärt Luther zum Schlusse seiner Schrift: "der Papst und sein Reich werden also, so elendiglich sie sich davor fürchten, nicht durch Laien zerstört werden (denn sie sind dieser milden Strafe unwert), sondern aufbehalten für die Zukunft Christi, dessen allerärgste Feinde sie sind; denn also muss untergehen, wer gegen alles sich erhebt mit dem Geiste des Satans, auf dass der Geist den Geist töte und die Wahrheit den Trug offenbar mache; denn Lüge offenbar machen heisst sie zerstören". (lutcat05#98)
89 So sehr war jetzt Luther für das, was er gegen die gewaltthätigen Pläne eines Hutten damals äusserte, eine Sache der Überzeugung und des Glaubens. Je teufelischer ihm das Papsttum erscheint, desto mehr nur sind ihm der Geist und das Wort die einzigen siegesgewissen Waffen gegen dasselbe. Je höher es sich aufblähte, desto mehr sah er darin ein Zeichen, dass es seinem Ende entgegengehe und der Herr selbst mit seinem Tag und dem Geist seines Mundes nahe sei. -- In einem wieder an Link gerichteten Nachworte seines Buches bezieht sich Luther noch auf jenes Versprechen seiner Schrift von der Babylonischen Gefangenschaft zurück, wonach seinem dort gegebenen Widerruf ein zweiter Teil folgen sollte, dergleichen die Papisten noch nie vernommen hätten; er sagt: "ich meine dies jetzt durch meine Auslegung des Daniels vortrefflich erfüllt zu haben". (n431) (lutcat05#99) (432) 
90          Dem Volk wurde der Gegensatz zwischen Christus und dem Papst als Antichrist jetzt durch Bilder vor Augen gehalten, welche der Maler Lucas Cranach der Ältere entworfen hatte und welche, in Holz geschnitten, mit kurzen, von Luther verfassten Textesworten ausgingen, unter dem Titel: Passional Christi und Antichrist. Sie stellten (wie übrigens ähnliches und schon in früheren Zeiten auf Bildern vorkommt) jene beiden in sechsundzwanzig verschiedenen Situationen einander gegenüber; z. B. Christus mit der Dornenkrone und den Papst mit der dreifachen Papstkrone, Christus wie er andern die Füsse wäscht, und der Papst wie er die seinigen sich küssen lässt u. s. w. 
 91  Unter den Bildern Christi standen jedesmal biblische Sprüche, unter denen des Papstes Aussprüche der kirchlichen Rechtsbücher. So sollte, wie es am Schlusse heisst, "des geistlichen, fleischlichen Rechtes Grund in einer Summe zum gemeinen Nutzen der Christenheit angezeigt werden". Das Buch wurde im März 1521 hergestellt. Es erschien anonym. Prinz Johann Friedrich, der den Verfasser kannte, sprach dem Spalatin sein Wohlgefallen über dasselbe aus. (n432
 92       Durch Link wurde endlich auch die Schrift des Prierias, welcher jene "Epitome" vorangegangen war (oben S. 324 = 3,10#74), Luthern zugeschickt. Er erhielt sie während der Herausgabe seiner Schrift gegen Catharinus, in deren Eingang er noch geäussert hatte: Silvester, der erste seiner thomistischen Gegner, sei verstummt wie eine Spitzmaus. Im Nachwort dieser Schrift erklärt er dann, er habe diesem neues nicht zu erwidern. (n432a) (lutcat#05#102
 93        Ferner vernahm er, dass unter den Löwener Theologen Latomus gegen ihn sich rüste. Dieser gab eine Schrift heaus, in welcher er jene Verdammung der Lutherschen Lehre durch seine Fakultät begründen wollte. Luther wurde mit ihr noch im Frühjahr bekannt. (n432b
 94          So heftig fühlte sich Luther in jenen Tagen des Wartens und der Gefahr fortwährend auch durch die litterarischen Kämpfe umgetrieben. Er äusserte damals: Herkules habe mit einer Hydra zu thun gehabt, er müsse ihrer zehn bestehen. Und auch die leidenschaftliche Heftigkeit, zu welcher er selbst sich fortreissen lasse, fühlte er. Wir sahen längst, wie er die Vorwürfe von Gegnern hierüber zurückwies und auch von einem Spalatin sich in seinem Eifer nicht wollte Einhalt thun lassen. 
 95  Doch einem anderen Freunde gestand er damals: "Mit Recht mahnst Du mich an Bescheidenheit; ich fühle das selbst auch, aber ich bin meiner nicht mächtig; es reisst mich ich weiss nicht was für ein Geist dahin, während ich mir bewusst bin, niemanden übel zu wollen; aber jene drängen mich so wütend, dass ich auf den Satan nicht genug achthabe; darum bete für mich zum Herrn, damit ich das, was für Ihn und für mich, nicht das, was für jene sich ziemt, denken, reden und schreiben möge". Ähnliches bekannte er auch seinem für ihn besorgten Kurfürsten. (n432c) (433) 
 96           Die Arbeiten seines Berufes im einfachen, ruhigen Dienste des göttlichen Wortes hat er trotz dem allem auch jetzt nicht still stehen lassen. 
        Fortwährend predigte er zweimal täglich: in den Predigten über das 1. Buch Mose kam er bis zum 32. Kapitel, in denen über die Evangelium bis zur Verkündigung Johannes des Täufers. 
 97        Jenen ersten Teil seiner Postille (oben S. 306f = 3,9#80) gab er jetzt heraus; er dedizierte sie unter dem 3. März dem Kurfürsten, der ihn so gern mit solchen Werken beschäftigt sah: er hoffe, sagt er hier, nicht mehr auf Frieden, wolle aber nach dem Vorbilde des heiligen Mannes Nehemia mit der einen Hand bauen, während er in de anderen das Schwert bereit hatte zum Kampf mit seinen Arabern. 
 98          Fort und fort schrieb er ferner an seiner Erklärung des Psalters; dazwischen äussert er, sie werde ihm zum Ekel, weil sie zwar den Sinn seines Erachtens treffe, aber gar zu wortreich und chaotisch ausfalle; auch einen "garstigen Fehler" führt er einmal an, der ihm in dem schon gedruckten Teile begegnet sei: er sei damals, wie auch sonst, durch vielerlei Geschäfte zu zerstreut gewesen. (n433
 99        Seit den letzten Tagen des Februar endlich finden wir ihn in der Arbeit an jener Auslegung des "Magnificat" (oben S. 406 = 3,16#47), die er längst Johann Friedrich zugedacht hatte. Er wollte diesem mit ihr noch für seinen freundlichen Brief vom 20. Dezember (oben S. 399 = 3,16#17) danken und ihm auch als künftigen Regenten jenes "geistliche, reine, heilsame Lied der züchtigen Jungfrau" eigens ans Herz legen. So spricht er zu ihm in der dem Büchlein vorangestellten Dedikation (vom 10. März): Fürsten vor allen müssen lernen, wie sie so gar nichts denken können, wo Gott es ihnen nicht eingebe; sie sollten vor anderen Gott fürchten, während ihre Macht und Ehre sie so leicht vermessen mache, ja gar wie Tiere in Lüsten und Willkür dahinfahren lasse; da singe nun die hochgebenedeite Mutter Gottes aufs allerlieblichste von Gottesfurcht und was Gott für ein Herr sei und welches seine Werke seien in den hohen und niederen Ständen.   
 100  Bei seiner Arbeit an diesem Logesang war er sichtlich mit ganzer voller Seele. Man empfindet in seiner Auslegung sein innerstes Leben und Streben, so wie er von Maria sagt, dass sie dort aus ihrer eignen Erfahrung rede, darinnen sie durch den heiligen Geist sei erleuchtet und gelehret worden. Ihr nach verkündet er den Gott, der da sitze am Höhesten, und sehe doch herunter auf die Niedrigsten. Er preist selig den Menschen, der, wie Maria, in der Tiefe und Not auf diesen Gott traue und Gottes Werk süssiglich in sich erfahre, so dass ihm das Herz vor Freuden übergehe und vor grossem Wohlgefallen an Gott hüpfe und springe. Er ermuntert zu dem Glauben, der alle Dinge vermöge und zur Erfahrung göttlicher Werke und hierdurch zur Gottesliebe und zu göttlichem Lob und (434) Lobgesange gelange. 
 101  Und als den rechten und ganzen Glauben stellt er denjenigen dar, mit welchem die Seele auch da bei Gott und in Gottes Liebe und Lob aushalte, wo Gott sich verberge und seiner Güte Glanz an sich ziehe, und mit welchem sie ohne Sucht eignen Genusses dabei sich genügen lasse, dass Gott dennoch gut sei. Voll und lieblich strömt seine Rede dahin, ihrem Texte folgend; sie ist ohne Herbheit und Heftigkeit, auch wo er das arme Volk wegen der vielen Verführung bedauert und vor falchen Predigern warnt. So schrieb er, während er zu gleicher Zeit seine schärfsten Erklärungen über den römischen Antichrist gegen Catharinus ausarbeitete. Von jener Auslegung wurden indessen nur drei Bogen, d. h. etwa der dritte Teil, im Manuskript und zugleich im Drucke fertig, bis alle seine Arbeiten der Ruf nach Worms unterbrach. (n434
 102        Er wurde jetzt wirklich zu einer Vernehmung vor den Reichstag berufen: freilich nicht in dem Sinn, in welchem er es gewünscht hatte. 
       Mit Anfang des März nämlich hatten die Reichstände in Worms sich über ein Gutachten in seiner Sache auf das ihnen vom Kaiser vorgelegte Edikt hin geeinigt. Sie gaben jenem Edikt gegenüber dem Kaiser zu bedenken, wie de gemeine Mann an vielen Orten deutscher Nation in allerlei Gedanken, Phantasteen und Vornehmen hineingeraten und gewachsen sei, und wie deshalb fast mehr Unruhe und Empörung als Gehorsam und Furcht zu erwarten wäre, wenn so scharfe Mandate in die Nation ausgehen sollten, ohne dass Luther vorgefordert würde. 
 103  Demnach beantragten sie, diesen allerdings, und zwar mit freiem Geleit hin und zurück, zu einer Vernehmung durch gelehrte, sachverständige Männer einzuberufen. Das wollen sie jedoch, wie sie ausdrücklich sagen, also verstanden haben: er solle nur darüber gefragt, keineswegs aber mit ihm darüber disputiert werden, ob er zu den Schriften und Artikeln, die er gegen den von ihren Vätern ererbten Glauben habe ausgeben lassen, sich bekenne und darauf beharren wolle oder nicht; wofern er die widerrufe, soll er in andern Punkten und Sachen ferner gehört und, was billig sei, darin verfügt werden; wo er aber auf allen oder etliche Artikeln, die wider die christliche Kirche und wider ihren und ihren Vorfäter bisherigen Glauben seien, bestehen und verharren wollte, so wollen sie sämtlich bei ihrer Väter Glauben ohne fernere Disputation bleiben und denselben handhaben helfen und der Kaiser möge deshalb dann die nötigen Befehle ausgehen lassen. 
 104        Der Kaiser meinte, auch hiermit dem Papste genug zu thun; er erklärte den Ständen, dass er ihren Vorschlag gnädiglich annehme. Schon am 6. März fertigte er die Citation für Luther aus; er hatte anfangs es wenigstens noch vermeiden wollen, durch eigne kaiserliche Schrift ihn herzurufen, und dem Kurfürsten Friedrich angesonnen dies zu thun; der hatte es aber abgelehnt, weil Luther ja auf Kaiserlicher Majestät und der (435) Stände Beschluss vorgefordert werden solle. Der Kaiser konnte, indem er so selber zu dem vom Papst verurteilten Ketzer sich in Beziehung setzte, dann auch nicht umhin, ihn zu titulieren: "Ehrsamer, Geliebter, Andächtiger". Als Zweck gab die Citation nur an, dass bei Luther wegen der bisher von ihm ausgegangenen Lehren und Schriften "Erkundigung (scrutinium) vorgenommen verden sollte". Binnen einundzwanzig Tagen nach Empfang der Citation sollte er sich in Worms stellen. 
 105  Dafür wurde ihm sicheres Geleite zur Hin- und Rückreise zugesagt. Unmittelbar vorher hatte der Kaiser den Ständen noch die Frage vorgelegt, ob nicht schon jetzt Luthers Bücher, weil sie gegen den heiligen Glauben seien, ungesäumt durch Feuer oder Wasser sollten hinweggethan und ob nicht, falls er nicht binnen der festgesetzten Zeit erscheine und demnächst revozierte, alsdann gegen ihn als einen offenbaren Ketzer prozediert werden solle. Und schon unter dem 10. März war ein kaiserliches Mandat abgefasst, welches diese Bücher wenigstens sogleich den Obrigkeiten zu überantworten befahl. Die Stände wollten jedoch, dass dieses Edikt zur Zeit noch nicht ausgehe, dass indessen Luther mit Predigten und Schreiben innehalte und überhaupt von allen Teilen stille gestanden werde. (n435
 106          Der Kaiser beobachtete so in diesen Verhandlungen ein Verhalten, bei welchem er neben dem Zugeständnis, das er machte, doch immer die schärfste Entscheidung gegen Luther sich vorbehielt. 
        Wie wichtig aber dieses Zugeständnis dennoch war und wie gefährlich es für Rom werden konnte, fühlte am besten der päpstliche Legat Aleander. Jene Anrede des kaiserlichen Schreibens an Luther war ihm ein Skandal. Beim päpstlichen Hof geriet man in lebhafte Unruhe. Vergeblich bat Aleander auch, dass man Luther wenigstens ganz insgeheim herführen und ihm zu Worms im kaiserlichen Palast in Herberge, das hiess in Gewahrsam, nehmen möge. 
 107        Die Reichstände ferner rückten, während sie Luthers Vorladung beantragten, zugleich mit einer reichen gewichtigen Sammlung der alten und neuen Beschwerden deutscher Nation gegen den römischen Stuhl vor. Der Kaiser hatte sich schon in seiner Wahlkapitulation verpflichtet, die Rechte Deutschlands in dieser Hinsicht zu wahren und wiederherzustellen. Die Stände erinnerten in ihrem Gutachten über Luther vom 2. März zugleich hieran und der Kaiser erklärte sich "des wohl geneigt" und forderte sie zu einer christlichen Anzeige der Beschwerden und Missbräuche auf. Da stellten sie, indem jeder Fürst das Seinige beitrug, eine Schrift zusammen, welche nach Ton und Inhalt grossenteils für ein Seitenstück zu Luthers Buch an den Adel mit seinen Angriffen auf Rom hätte gelten können. 
 108  Noch besitzen wir die spezielle Beiträge, welche Herzog Georg von Sachsen, dieser treue Anhänger des alten Glaubens gegen Luther, (436) dazu gegeben hat: hier redet er doch von dem Ziehen der Pfründen und Gelder nach Rom, von dem unsittlichen Geldhandel, der dort mit geistlichen Dingen getrieben werde, von der parteiischen, drückenden, auf Gelderwerb ausgehenden Disziplin, welche die bischöflichen Offiziale ausüben, und von vielen anderen Stücken so scharf wie ein Lutheraner; auch er verlangt, dass man Ablass nicht mehr für Geld gebe und den Betrug und Lug der Ablassprediger nicht mehr dulde; ja jenen Offizialen und geistlichen Kommissären wirft er Schändlichkeiten vor, die wir auch in den schärfsten Schriften Luthers nicht genannt finden. Aleander klage schon am 28. Februar über die bösen Demonstrationen dieses Fürsten, der, wie er sagt, "einst ganz der unsrige war". (n436
 109         Dazu bekam der Legat fort und fort von Seiten des Reichtstags das Verlangen nach einem Konzil zu hören, ja auch der kaiserliche Kanzler erklärte ihm, dass er es für unmöglich halte, die Sachen ohne ein Konzil beizulegen. (n436a
 110          Im Zusammenhang hiermit muss auch jenes Gutachten über Luther aufgefasst werden. Wir können es hinterher leicht widersinnig finden, dass der Reichstag diesen berufen habe, und doch immer zu einem Widerruf. Viele, welche ernstlich für Abstellung der längst beklagten Missbräuche und Ärgernisse kämpfen, aber vom Glauben ihrer Väter und der gemeinen Christenheit deshalb nicht lassen wollten, hielten eben immer noch einen Widerruf Luthers in betreff solcher Artikel, welche diesem Glauben wirklich widersprachen, für möglich. Und wie bedeutsam klingt dann der Satz, dass er für diesen Fall "in anderen Punkten und Sachen ferner gehört werden solle". 
 111  Dabei wurde noch unbestimmt gelassen, was von seinen Artikeln und Schriften die Stände wirklich in solchem Widerspruch gegen ihren und ihrer Väter Glauben stehen sahen: sie forderte ja nicht etwa einen einfachen Widerruf der vom Papst verdammten Artikel, erwähnten vielmehr die päpstliche Bulle garnicht. Man nehme hierzu, was sogar ein Glapio über die früheren Schriften Luthers vor seiner "Babylonischen Gefangenschaft" gegen Brück geäussert und wie er die Artikel, die Luther revozieren sollte, bestimmt hat. Die offiziellen Erklärungen des Reichstages aber liessen die Frage noch viel weiter offen; lutherischerseits wurde ja behauptet, dass die Lehren, deren Bestreitung man Luthern am meisten vorwarf, in Wahrheit nie zum feststehenden, ererbten Glauben der Christenheit gehört haben. 
 112  Auch das war wichtig, dass nach dem Willen der Reichstände (sogar des streng katholischen Herzogs von Bayern) zugleich seine Gegner mit ihren Streitpredigten stillstehen sollten: so wenig erschien schon ausgemacht, was wirklich bei ihm verdammlich sei. -- War da nicht möglich, dass Luther eine Mehrheit der Stände durch Zurücknahme dessen, was ihr anstössig war, zufrieden stellte und dann sie zum Kampf für eine Reformation gegen Rom sich (437) verband? Für Luther freilich hingen alle seine Sätze und vor allem diejenigen, in welchen seine Gegner die ärgsten Ketzereien und Lästerungen sahen, aufs innigste mit seiner Grundüberzeugung zusammen. Wer sie richtig verstand und dabei den ganzen Mann kannte, der durfte freilich keinerlei Widerruf erwarten und konnte deshalb, wenn er auf dem Reichstag erschien, bei der Majorität desselben und beim Kaiser nur die schlimmste Entscheidung für ihn voraussehen. 
 113         Das letzere war deutlich genug beim Kurfürsten Friedrich der Fall. Wir müssen aber zugleich die schwierige Lage würdigen, in der er selbst sich befand. Luthers Glaubenszeugnisse hatten ihm wohl das Herz abgewonnen: allein was konnte und durfte er, der einzelne, unter dem Reich stehende Fürst, gegenüber dem Kaiser und Reichstag und mit Rücksicht auf seine eignen Lande thun? und waren denn auch nur für ihn selbst die neuen religiösen Erkenntnisse schon sicher und klar? Er pflegte in Luthers Sache amtlich zu erklären, es sei ihm überhaupt nur erst um eine unparteiische Ermittelung der Wahrheit zu thun. Demgemäss ging sein Bemühen fort und fort dahin, dass Luthers Sache durch deutsche Richter förmlich unparteiisch untersucht werde. Als er dies nicht erreichte, wollte nicht er es sein, der ihn zum gefährlichen Gange nach Worms bestimme. 
 114  Dies war auch die eigentliche Ursache, weshalb er jenes Ansinnen, selbst ihn zu citieren, ablehnte; er bemerkte in seiner Antwort auf jenes Ansinnen (ähnlich wie schon in seiner Antwort an Glapio, oben S. 422 = #51):  er müsste sonst üble Nachrede für sich befürchten, "wo Luthern etwas Beschwerliches und Nachteiliges unterwegen zustünde". Er stellte es ganz Luthers eigner Entscheidung anheim, ob er dem gefährlichen Rufe folgen wolle; es war ihm selbst ungewiss, was derselbe thun werde. (n437
 115         Der Abgang der Citation vom 6. März an Luther verzögerte sich mindestens noch um eine Woche. Vorher empfing dieser noch am 16. März Mitteilungen aus Worms von Spalatin, -- wohl aus der ersten Woche des März. Luther wurde also zuerst von dem Beschluss, ihn vorzuladen und von der Forderung des Widerrufs, die man an ihn stellen werde, in Kenntnis gesetzt, ohne auch schon den wirklichen Wortlaut der Citation zu erfahren; diese selbst ging erst etwa acht Tage nach dem Datum, unter dem sie erlassen war, an ihn ab. (n437a
 116         Er erhielt jene Nachricht am 19. März aus Worms durch Spalatin. Zugleich schickte ihm dieser Artikel zu, welche er werde revozieren müssen, ohne Zweifel nach der Zusammenstellung, welche Glapio dem Brück gemacht hatte, und bezeichnete ihm, wie wir aus Luthers Antwort sehen, auch noch anderes, was er werde zu thun haben. Nach einem Schreiben, das Luther an Kurfürst Friedrich wahrscheinlich mit dieser Antwort an Spalatin abgehen liess, ward ihm auch mitgeteilt, dass ihm das Lehren für künftig (438) verboten werden möchte, zugleich jedoch noch eine Frage an ihn gerichtete, ob er einem unparteiischen Richter sich zu unterwerfen bereit wäre. 
 117         Ungesäumt, noch an dem genannten Tag, antwortete er. Er gab sich, wie sein Brief an Spalatin zeigt, keinen Augenblick einer Täuschung hin, noch geriet er ins Schwanken. "Zweifle nicht," schreibt er, "dass ich nichts widerrufen werde, nachdem ich sehe, dass sie keinen Beweis gegen mich haben, als die Bräuche der Kirche, wie sie erdichten". Dem Kaiser will er antworten, dass er, wenn man ihn bloss eines Widerrufs halber vorlade, nicht kommen werde; denn widerrufen könnte er auch in Wittenberg. Falls ihn dann der Kaiser vor sich rufen würde, um ihm zu töten, so will er hierzu sich erbieten; denn er wolle, so Christus ihm gnädig sie, nicht fliehen, noch dem Wort Gottes in der Schlacht untreu werden; es sei ihm ja doch gewiss, dass die Blutdürstigen nicht ruhen werden, bis sie ihn umgebracht. Ruhig spricht er daneben mit Spalatin von einer Besetzung der hebräischen Professur in Wittenberg, dem Druck seines Lobgesangs der Maria und anderem. -- 
 118  Dem Kurfürsten erklärte er: er wolle die römische Kirche in Demut ehren und ihr nichts vorziehen -- als Gott und sein Wort. Aufs Predigen und Lehren verzichte er gern, in demselben aber sei er Gottes Geboten unterworfen. Darauf, dass er einen unverdächtigen Richter bekäme, gehe all sein eigen Begehren; er nenne den Erzbischof von Trier oder auch den von Salzburg (bei welchem Staupitz war) oder den Bischof von Freising und Naumburg. Einen Widerruf wolle er thun -- in den Stücken, in welchem man ihm Irrtum nachweise; "so ich," sagt er, "je ohne Ursach widerrufen muss, will ich's mit Worten thun und daneben sagen, dass ich's doch anders glaube im Herzen; das wird ihnen aber eine schlechte Ehre sein". -- Auch kurze, erklärende und rechtfertigende Bemerkungen Luthers zu seinen von Glapio ausgehobenen Artikeln, welche unter Luthers Werken sich erhalten haben, sind wohl eben damals von ihm aufgesetzt und nach Worms geschickt worden. (n438
 119        Acht Tage später, am 26. März, dem Dienstag der Karwoche, brachte endlich der Reichsherold Kaspar Sturm, genannt Deutschland, die feierliche Vorladung an Luther. (n438a) Die Forderung des Widerrufs war nun doch darin nicht enthalten, wenigstens nicht ausgesprochen. Dem, was man weiter mit ihm vorhaben möge, fragte Luther nicht nach. Er war jetzt sofort zur Abreise entschlossen und machte sich dazu fertig. Am Ostersonntag schickte er die bis dahin gedruckten Bogen des Lobgesanges der Maria an Herzog Johann Friedrich, vergass auch nicht, eine bibliche Frage, welche dieser an ihn gerichtet hatte, noch kurz zu beantworten. Am Montag schrieb er das Nachwort an Link zu seinem Buch gegen Catharinus. Wohl am Dienstag, den 2. April, brach er von Wittenberg auf. 
 Videre til koestlin3,18!

Noter:

n412:  Kolde, Stellung etc. S. 92.
n414:  Ranke 1,326f. Über Karl V. vgl. Maurenbrechter, Studien und Skizzen zur Geschichte der Reformationszeit.
n415:  Tzl. 2, 189 Seck. 1, 151. 144sq. Kolde a. a. O. S. 116. Maurenbrecher, Gesch. d. Kathol. Reform. 1, 186. 397.
n416:  Über Aleander in Worms vgl. Friedrich, Abhandlungen der histor. Klasse der bayr. Akad. d. Wissensch. B. XI. Abt. 3, S. 55ff (mit Berichten Aleanders); Münter, vermischte Beiträge z. Kirchengesch. S. 48ff.; Waltz, Wormser Reichtstag, in d. Forschungen z. deutschen Gesch. B. 8, S. 25f.; Ranke a. a. O.
n418:  Tzl. 1,481ff. 2, 188ff. (S. 193 ist statt XVII Nov. zu lesen XXVII Nov.); Spal. anm. 18ff. Kolde, Friedrich S. 22f.
n418a:  Br 1,534ff.
n418b:  Br 1, 542. 544. 546.
n419:  St. u. Krit. 1882. S. 697 Br. 1, 543. Zts. f. K. Gesch. 2, 123.
n419a:  Br 1, 548ff.
n424:  Über die Wormser Verhandlungen vgl. besonders: Förstemanns N. Urkundenbuch S. 5ff. 27ff. und die oben zu S. 416 genannten Schriften. Ferner: Bericht des Frankfurter Gesandten Fürstenberg oder Fürstenberger, in: Steitz, Melanchthons- und Luthersherbergen in Frankfurt (Neujahrsblatt des Frankf. Geschichtsvereins 1861). K. Jansen, Aleander am Reichstage zu Worms 1883. -- Bezüglich der Verhandlungen zwischen Glapio und Brück, die nach der bestimmten Angabe Aleanders vom 18. Febr. sieben oder acht Tag lang währten, nehme jetzt auch ich (mit Maurenbrecher a. a. O. 377 gegen meine 1. Aufl. u. Kolde, Stellung etc, S. 99) an, dass sie schon vor dem 13. Febr. statthatten, obgleich Aleanders Bericht vom 14. Febr. noch nicht von ihnen redet (Jansen a. a. O. S. 51: "etwa seit dem 12. Febr."). -- Über Erasmus' Einfluss auf Glapio und ein von ihm für den Kaiser bestimmtes Gutachten: Kolde a. a. O. S. 116ff. Woker, de Erasmi Roterod. studiis iren. 1872 p. 22sqq. Schlottmann a. a. O. p. 226sqq. Dieses Gutachten wird auch unter demjenigen, für dessen Übersendung Hirschfeld am 30. Jan. dem Tucher dankte (St. u. Krit. 1882 S. 698, wo ich an Oecolam. judic. dachte) zu verstehen sein. -- Bezüglich seiner Reichstagsrede bezeugt Aleander (Abh. d. bayr. Akad. a. a. O. S. 103), dass sie von sächsischen Sekretären nachgeschrieben wurde (Försterm. S. 30ff). -- Das Buch des Ambrosius Cathar. erhielt Aleander nicht vor dem 14. Febr. (Abh der bayr. Akad. a. a. O. vgl Försterm. S. 51), die Bulle gegen Luther am 10. (Abh. der bayr. Akad. S. 101). -- Aus der Reichstagessitzung vom 14. Febr. ist Kurfürst Friedrich weggeblieben wegen Unwohlseins (nach Aleander simuliert, vgl. aber Förstem. 10). -- Artikel, welche Luther revocieren sollte, hat Brück gleich in der ersten Konferenz aus Glapios Mund aufgezeichnet: nämlich die bei Försterm. S. 37ff. Eine zweite Zusammenstellung solcher Artikel haben wir Försterm. S. 44f: sie verzeichnete wohl Glapio selbst. In der Konferenz Försterm. S. 50 bezieht sich Glapio auf Artikel, die er übergeben habe, und erwähnt hierbei einen, der auf der zweiten Liste (Förstem. 45) steht; dann erwähnt er Weiteres, "des er zuvor Berührung gethan", und nennt hier Sätze, welche auf der ersten Liste (Försterm. 38. 39) stehen.
n425:  Br 1, 545. 556. 559. 568. C. R. 1, 361. Zts. f. K. Gesch. 2, 119. 3, 301.
n425a:  Br 1, 556ff. Ztschr. f. h. Th. 1837 S. 124f.
n425b:  Br 1, 569. 561. Lateinisches Gedicht über jenes Possenspiel: Selnecere, vita Lutheri, -- disput. subj. J. F. Mayer Wittenb. 1687 p. 133.
n425c:  St. u. Krit. 1882 S. 699.
n426:  EA 24, 202ff. Br 1,559f. C. R. 1, 361. Drussel a. a. O. S. 592f.
n428:  Br 542f. 546. 567. EA 27,200ff. Luther schrieb nach S. 204 "an den Bock", ohne das Ende von dessen "Büchlein" zu erwarten, -- nämlich von Emsers Gegenschrift gegen Luthers Schrift an den Adel; jene war am 20. Jan. fertig, kan aber erst gegen Mitte Februar in Luthers Hände (Br 1, 560 C. R. 1, 281. 285sq.). Durch jene Äusserung Luthers in Leipzig (oben S. 427. 258) will Cochläus ihm entfremdet worden sein (Otto, J. Cochläus etc. 1874 S. 120)
n431:  Zu Murner: Kolde, Anal. S. 26. -- Op. 5,286sqq. Br 1, 569f. 582f.
n432:  EA 63,240f. Br. 1, 571 Tzl. 2, 257. St. u. Krit. 1882 S. 669: Hirschfeld schickt am 29. Mai das Passional an Tucher. Das "Passional" ist 1874 reproduziert worden im Verlag von R. Hoffmans in Leipzig. Findes på nettet: http://www.iconbusters.com/iconbusters/witn/html/passion.htm .
n432a:  Br 1, 585. 6, 538.
n432b:  Br. 1, 567.
n432c:  Br 1, 568. 555. 564f.
n433:  Br 1, 554. 568. 563ff. 567. 2,90.
n434:  EA 45, 211ff. Br 1. 562. 567. 571. 574. 582. -- Nach dem Brief Gerbels an Luther vom 18. Mai 1521, Kolde, Anal. S. 32, wurde damals ein Kommentar zum Matthäusevangelium von Luther erwartet.
n435:  Förstem. S. 57f. S. 54 N. 13 (gehört hinter N. 15 S. 56). S. 61; Waltz a. a. O. S. 30f. -- Jen. 2, 435.-- Jenen Beschluss fassten nach Jansen a. a. O. S. 53 die Stände schon am 19. Febr.
n436.  Förstem. 62f. Abh. d. bayr. Akad. S. 79f. 111.
n436a:  Abh. d. bayr. Akad. S. 78. 80.
n437:  Förstem. 13. Bk. 38f.
n437a:  Geleitsbrief des Kurfürsten Friedrich für Luther Bk. 38: erst vom 11. März; Brief desselben für den die Citation überbringenden Herold: vom 12. März, Förstem. 64.
n438:  Br 1, 573f.: Brief an Spalatin. Der datumlose Brief an den Kurfürsten Br 1, 575 ist wohl gleichzeitig; man könnte denken, er sei etwa nach einer früheren Mitteilung über die zwischen Glapio u. Brück gepflogenen Verhandlungen geschrieben; allein hiergegen sprechen die Briefe 1, 567. 570, in deren Zeit er dann fallen würde. Die articuli revocandi sind ohne Zweifel die bei Förstem. 44ff. (vgl. was am Schluss derselben über Luthers Angriffe auf usus et ritus ecclesiae gesagt ist, mit Br. 1, 574: "quod contra ritus etc".
n438a:  Nach WW 15,2123 schon am 24. März. Für Dienstag d. 26. spricht aber nicht bloss C. 2, 439. 3, 180 TR 4,348, sondern auch der Umstand, dass bei Luthers Ankunft in Worms am 16. Apr. die Frist von 21 Tagen noch nicht überschritten war. -- Sturms voller Name: Förstem. 64. Aus "Herold" ist des deutschen Klanges wegen "Eerhold" (Förstem. 64) oder "Ernhold" (S. 68 Br 1, 580) -- später verkehrterweise "Ehrenherold" gemacht worden.