Am Tage der Heiligen drei Könige. (7)

Sept. 1521


Fra Erl 10,419-456.

Indhold: se h3kong5!

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Omtales Koestlin4,3#21.
 
1         Nun lasst uns die Geistlichen ansehen, und sie gegen diess erste Gebot und christlichen Glauben halten. (E420) Soll jemand geistlich werden, oder einen orden geloben christlich, dass er nicht anlaufe an das erste Gebot, und Gott verläugne, so muss sein Herz und Meinung stehen, und nicht anders sagen, denn also: Wohlan, ich will Pfaff, Mönch, Nonne werden, sonst oder so geloben, nicht, dass ich den Stand oder Orden achte einen Weg zur Seligkeit, auch nicht, dass ich durch solches Leben gedenke fromm zu werden, Sünde zu büssen und Gottes Gnade zu erwerben; da behüte mich Gott für, das wäre Christo und seinem Blute zu nahe, das wäre ihm alle sein Verdienst und Ehre vernichtet, und die höchste Gottesverläugnung und Lästerung. Denn das alles will ich im lautern Glauben bei ihm gewarten, dass er's für mich gethan hat, daran ich nicht zweifele. 
Sondern dieweil ich je was thun muss auf Erden, will ich diess Leben annehmen, mich darinnen üben, meinen Leib kasteien, und meinem Nächsten dienen: gleichwie ein andrer Mensch wirket auf dem Felde, Garten oder Handwerk, ohne alles Aufsehen der Verdienste und Güte in Werken. (vot02#134) Siehe, wo die Meinung nicht ist, da muss Christus verläugnet, und das erste Gebot zunichte werden, und eitel unchristlich, ungläubisch, jüdisch, heidnisch Wesen da seyn. Darauf lautet der mächtige Grundspruch Pauli Röm. 14,23: "Alles, was nicht aus dem Glauben ist, das ist Sünde. Denn ohne Glauben wird niemand selig", Marc. 16,16. So muss auch ohne ihn keine Gerechtigkeit noch Wahrheit seyn.   
3         Sage mir nun, wie viel Pfaffen und Mönche meinest du zu finden, die in solcher christlichen Meinung geistlich werden und leben? Sagen sie nicht fast allesammt: Ei, wenn mein Orden mir nicht sollte mehr gelten, Sünde zu büssen, fromm zu werden, und in Himmel zu kommen, denn einem Bauren sein Pflug, und einem Schneider sein Fingerhut, was machte ich denn in dem Orden und Priesterstande? Traun nein, ich will gute Werke thun, viel Messen halten, für mich und andere Leute bitte und büssen etc. Was sind das für Worte? denn eines ungläubigen Herzens, das Christum verläugnet hat, wselches zueignet seinem Orden und Werken, das es allein in Christo durch den Glauben gewarten sollte. (E421) 
4         Dazu, wie droben gesagt ist, ist aller Geistlichen Meinung und Lehre, dass man durch eigene Werke möge Gottes Gnade erlangen, und Sünde ablegen. Und sind so ganz unverschämt, dass sie ihre Gute Werke, Verdienst und Brüderschaft den andern verkaufen, zusagen und mittheilen; unterwinden sich, das zu thun den Menschen, das allein Christo eigentlich eigen ist, nämlich der Menschen Sünde ablegen, und sie fromm machen. 
5  Davon hat Christus Matth. 24,5. sonderlich verkündiget und gesaget: "Viel werden kommen in meinem Namen, und sagen: Ich bin Christus". Lieber, höre auf die Worte: Ist's nicht also, wie jetzt gesaget ist, dass unsere Pfaffen und Mönche sich selbst zu Christum machen? Wiewohl ihr keiner mit dem Munde saget: Ich bin Christus; so sagen sie doch: Ich helfe andern Leuten, gebe ihnen mein Verdienst, erlange ihnen Gnade, ablege ihre Sünde; welches allein Christi Werk und Amt ist: damit sind sie Christus, ob sie sich nicht Christus nennen. Denn Matthäus spricht nicht, dass sie werden sagen: ich heisse Christus; sondern: ich bin Christus; nicht den Namen, sondern das Amt und Werk Christi nehmen sie ihnen vor. (vot02#84)
6          Darum schliessen wir hier ohne alles Disputiren, und ohne alle Fragen ode Zweifel, dass alle Geistlichen, die nicht christlicher obgesagter Meinung Pfaffen, Mönche oder Nonnen sind, gewisslich wider das erste Gebot Gottes gelobet haben und leben, und zehenmal ärger sind, denn der diebische, falsche Schalk, davon droben ist gesaget. Und sie sind gewisslich der verlorne Haufe, Heiden und Juden, des Teufels eigen, wie sie gehen und stehen; und sie sind es gewisslich und eigentliche, von denen St. Petrus saget 2. Petr. 2,1.3: "Es werden unter euch falsche Lehrer seyn, die den Herrn, der sie erkauft hat, verläugnen, und in Geiz mit erdichteten Worten euch ums Geld betrügen". Das thun sie auch fein; denn alle Güter und Zinse sind zu den Geistlichen kommen, um ihres falschen, unchristlichen geistlichen Lebens willen, welches sie mit falschen Worten aufheben.   
7         Darum allen denen zu rathen ist, dass sie Platten und Kappen, Stift und Klöster lassen, und aufhören (E422) ihre Gelübde zu halten, oder fahen von neuem an, in christlichem Glauben und Meinung, zu geloben solches Leben. Denn das gethane Gelübde, in der unchristlichen Meinung, gilt vor Gott nicht mehr, denn so viel: Siehe da, Gott ich gelobe dir, mein Lebenlang kein Christenmensch zu seyn, widerrufe das Gelübde meiner Taufe, will dir nun ein besser Gelübde thun und halten ausser Christo, in meinem eigenen Wesen und Werken? Ist das nicht ein schrecklich, greulich Gelübde? Nun ist's ja nicht anders, wie aus vorigem gründlich genug erkundet ist; das sind aber, die auf die beste Weise geistlich werden, als man meinet. (vot02#124
8         Denn der tolle, grosse Haufe, der um des Bauchs willen Pfaffe und Mönch wird, dass sie zeitlich versorget werden, welcher das mehrere Theil jetzt sind, ist nicht würdig, dass man von ihm handeln sollte, geschweige, dass seine Gelübde etwas sollte gelten: die mögen freilich weltlich werden, wenn sie wollen, sie sind doch nit geistlich worden noch gewesen. Und wäre ihnen wohl noth, dass sie mit ihrem Affenspiel aufhöreten Gott zu spotten, liessen ihre Präbenden, Lehen, Pfarren, und Möcherei und Nonnerei fahren. O Herr Gott, wie sicher blind ist die Welt! wie ist's verkehret! Die Welt ist jetzt geistlich, die Geistlichen sind die Welt. Wie stark ist des Endechrists Regiment. (n8
9         Auf's andere, wollen wir nun disputieren und setzen: Obgleich jemand christlicher Meinung wäre rechtschaffen geistlich worden, ob der nicht Macht habe, so es Ursach fordert, wiederum weltlich zu werden? Hier begehre ich, dass zuhören wollten allein fromme, redliche Gemüther, die nicht zu urtheilen geschwind, sondern den Grund zu erfahren begierig sind. Denn den tollen Papisten und Herodisten ist nichts zu sagen, kann niemand mit ihnen disputieren; sie können nicht mehr, denn die Ohren zuhalten, die Zähne zusammenbeissen, und schreien: Ketzer, Ketzer, Ketzer! Feuer, Feuer, Feuer! Diese lassen wir fahren, als die Unsinnigen, und reden mit denen, die gern wollen ihre eigne und andrer Leute Gewissen unterrichtet haben. 
10        Es ist ja unwidersprechlich, dass eine christliche Meinung, geistlich zu werden, stehe, wie droben gesaget (E423) ist, darinnen, dass sie nicht darum geistlich werde, als sey der Stand nütz und noth, Sünde zu vertilgen, Gnade zu erwerben, fromm zu werden, Gott sonderlich zu dienen, und selig zu werden; denn das sind Eigenschaften allein des gemeinen christlichen Glaubens, der nirgend, denn in Christo, solcher Güter gewartet, sondern, frei und ledig solches unchristlichen Wahns, allein gedenket eine gute Uebung anzunehmen des Leibes auf diesem Leben. 
11         So ist's auch eben so unwidersprechlich, dass Gott keine Gelübde noch geistlichen Stand annimmt, es geschehe denn in solcher christlichen Meinung; dieweil St. Paulus hier stark stehet und saget Röm. 14,23: "Alles, was nicht aus dem Glauben geschieht, das ist Sünde. Gott mag aber nicht Sünde annehmen", Ps. 5,5. und Habac. 1,13. So denn Gott solche Gelübde und Stand nicht anders aufnimmt, denn als frei und unnöthig zu halten zur Seligkeit, und christliche Meinung auch nichts anders anfähet oder gelobet, wollte ich gerne den hören, der gründlich und mit redlicher Vernunft läugnen könnte, dass ein Geistlicher möge wieder weltlich werden, ohne seiner Seelen Schaden, mit gutem Gewissen vor Gott, sonderlich so er Ursache dazu hat. 
12          Dass man viel saget: Es sey nicht gewöhnlich, heilige Väter haben auch anders gethan und geschrieben; siehet jedermann, dass nichts schleusst. Wir fragen hier nicht, was Gewohnheit thut, oder Schrift der Väter wollen; sondern, was vor Gott angenehm und recht sey. Wer will uns sicher dafür seyn, dass die Gewohnheit nicht unrecht sey, und die Väter nicht geirret haben? sintemal Christus Matth. 24,24. verkündiget, "dass auch die Auserwählten sollen verführet werden von falschen Christen", als die Geistlichen sind. 
13 Sage, was du willst, so kann sich ja nicht zusammen reimen, dass etwas sollte frei und unnöthig zur Seelen Seligkeit vor Gott und dem Gewissen angefangen oder gelobet werden, und möge doch nicht nachgelassen, sondern müsse bei Verlust der Seelen Seligkeit bis in den Tod gehalten werden. Die zwei sind stracks wider einander; denke du bei dir selbst. 
14         Ein christlich Gelübde, geistlich zu werden, muss dergestalt vor Gott lauten: Siehe, lieber Gott, ich (E424) gelobe dir, diess Leben zu halten, das da von Natur frei und ohne Noth zur Seligkeit ist zu halten. Sollte nicht Gott hier antworten: Ei, was gelobest du mir denn dran? und was hältest du dran? Hast du nicht genug nöthiger Ding zu halten? Damit gelobest du mir nichts, denn dass du es halten und wiederumn lassen mögest. Wohlan, das lass ich geschehen. Und also schleusst das Gelübde natürlich vor Gott aus, dass geistlich Leben frei bleibe zu halten und zu lassen; gleich als wenn dein Knecht dir gelobte, und spräche: Herr, ich gelobe dir diesen übrigen Tag einen freien Dienst, den ich thun und lassen mag, die andern Tage bin ich dir verpflicht aus Noth etc. Hier meine ich, ob der Knecht thäte oder liesse, wie sich's begäbe, hätte er seinem Gelübde genug gethan. 
15         Ich kann nicht anders verstehen, denn aller Geistlichen Gelübde sey desgleichen; aus der Ursache, dass der Glaube alle Dinge frei machet, und unmöglich ist, dass etwas soll noth seyn, oder noth gemacht sollte werden zur Seligkeit, weder durch uns selbst, Engel, noch alle Kreatur, ausgenommen allein den Glauben. Und das ist die Freiheit, die uns Christus erworben hat; davon St. Paulus zun Galat. 5,1. lehret, und wider alle Menschenlehre saget: Bleibet stehen in der Freiheit, damit uns Christus erlöset hat. Darum muss alle Geistlichen Gelübde natürlich in sich behalten Freiheit, dasselbige Leben wieder zu lassen, und also lauten: Ich gelobe Gott und dir Keuschheit, Armuth, Gehorsam, nach der Regel St. Augustin, frei zu halten und su lassen, bis in den Tod. (Vot3#108
16         Hier sollte vielleicht jemand anfahen zu lachen, und sagen: das wäre eine närrische, lächerliche Gelübde, und ein lauter Gaukelwerk und Spückniss. Antworte ich: Lass dich's nicht wundern, ob Menschen lächerlich und närrisch Ding thun, wenn sie ausser Gottes Ordnung ihrem Starn folgen, und machen, was sie gut dünket, nicht was Gottes Wort lehret. Lächerlich, närrisch und nichtig ist solches Gelübde; aber damit wird dennoch Gottes Zorn erfüllet, und unzählige Seelen verführet, dass ihm gar kaum die Auserwählten entlaufen. 
17         Menschen haben solch Geloben und Leben erdacht, (E425) darum ist's und bleibet's auch wohl Menschentand; denn vorzeiten, da man die Jugend aufnahm, christlich zu lehren und aufzuziehen, wie man jetzt sollte in den Schulen thun, liess man sie frei eine Zeitlang in der Zucht halten; da blieben nun etliche ihr Lebenlang williglich drinnen, und kamen in eine Gewohnheit, dass wenig aus der Sammlung liefen, blieben gemeiniglich alle bis ans Ende drinnen; also sind zuletzt Stift und Klöster daraus erwachsen. 
18 Da nun die Meister faul worden, und die Jugend unbändig, haben sie erfunden diese Strick und Ketten der Gelübde, haben damit die Gewissen gefangen, sich der Sorge und Aufsehen entlediget, dass ein jeglicher sellbsts sich musste dringen, züchtig und fromm zu seyn und zu bleiben, um des Bandes seines Gelübdes willen: gleichwie in den hohen Schulen auch die verfluchte Weise regieret, mit Eiden, und Gelübden alle Dinge wehren und auszurichten, die arme Jugend zu schändlich verstricken ohn alle Noth. 
19          Also sind aus den freien christlichen Schulen Nothställe und Klöster worden, und ist der Glaube in die Werke verkehret, und die Freiheit durch Gelübde vertilget und gefangen; darum ist's nicht Wunder, wo die christliche Freiheit wieder hervor leuchtet, dass da sid menschlichen Gelübde lächerlich und närrisch angesehen werden. Christliche Freiheit mag nun noch himmermehr mit ängstlichen Gelübden äusserlicher Werke bestehen. Der beiden eins muss weichen, das ist umsonst. Der Glaube machet alle äusserliche Dinge frei; die Gelübden binden sie an: wie mögen sie denne beide zugleich bleiben? So ist der Glaube göttlich, die Gelübde menschlich; darum ist's nicht möglich, dass Gott den Glauben sollte fahren lassen, und auf unser Gelübde sehen. Darum es auch nicht möglich ist, dass der wider Gott sündige, oder seine Gelübde breche, der so lange Pfaff, Mönch, Nonne bleibet, als er will, und weltlich wird, wenn er will. 
20         Wollen noch besser hiervon disputiren, zu Trost den elenden, gefangenen Gewissen, unter diesem Herode und Endechrist verdrückt. Ich setze, dass die Gelübde christlich geschehen, und gleich binden, nöthlich zu halten; was will man dazu sagen, so der eins jemand unmöglich (E426) zu halten würde? Ich nehme für mich das am scheinbarlichsten ist, nämlich das Gelübde der Keuschheit, das man vor Augen siehet, wie es dem mehrern Theil unmöglich ist zu halten. Auch, wo nicht sondere Gnade ist, die Natur viel zu geringe dazu ist, zu halten. 
21        Moses hat viel geschrieben von natürlichem Fliessen Manns und Weibes, beide, wachend und im Schlaf, davon jetzt niemand öffentlich reden darf; (n21) so gar viel reiner sind unsere Ohren worden, denn des heiligen Geistes Mund: schämen uns, da sich nicht zu schämen ist, und schämen uns nicht, da zu schämen ist: wäre doch wohl noth, dass jedermann wohl davon wüsste und unterrichtet wäre, sonderlich die Jugend. Wo nun nicht ist himmlische, hohe Gnade, da muss die Natur fliesssen nach ihrer Art; kommt nicht Mann und Weib zusammen, so gehet sie doch ihren eignen Gang, und ist ungehalteb: das wohl besser wäre, Männlein und Weiblein wären bei einander, als Gott geschaffen hat, und die Natur giebt. Da hat man nu viel Lehre und BHücher von geschrieben; wollte Gott, es hülfe, und wäre alles wohl geschrieben. 
22        So frage ich nun: Wie will man rathen einem solchen, dem es unmöglich ist zu halten? Sprichst du, man solle mit Verboten wehren; wohlan, so wird der dreien eins folgen, dieweil nicht hohe Gnade da ist: Männlein und Weiblein werden da zusammen laufen, wo sie mögen, wie jetzt unter den Pfaffen geschieht; oder die Natur wird sich selbst lösen; oder wo der keines geschieht, so wird ein ewiges Brennen und heimliches Leiden da seyn. Da hast du denn eine Teufelsmarter gemacht, und geschieht, dass der mann nähme wohl das hässlichste Weib auf Erden; Weib nähme wohl den unlustigsten Mann auf Erden, vor wüthender böser Lust des Fleisches. 
23         Verzeihen sollen und werden mir züchtige Ohren; ich muss drein greifen, in der Seelen Krankheit, wie ein Arzt in den Mist und heimliche Stätte, soll ich anders dazu rathen. Nun mag und will Gott keine gezwungene, u9nwillige Keuschheit, und ist auch vor ihm keine Keuschheit, sie sey denn willig, wie alle andere Gottesdienste müssen willig seyn, oder er achtet ihrer (E427) nicht. Was machest du denn, dass du diesen armen Menschen sein Lebenlang behältest in unkeuscher Keuschheit? dass er ohn Unterlass mit dem Herzen wider sein Gelübde sündiget, und vielleicht besser wäre, das Männlein hätte zuweilen ein Fräulein, und das Fräulein einen Buben bei sich. 
24         Hier lehren etliche, es sey genug, dass jemand williglich die Keuschheit anfahe und gelobe, das soll helfen, ob er hinfort unwillig würde, dass in Kraft des willigen Anfahens nicht schade. O ihr Verführer und blinden Leiter, die ihr Gottes Dienst nach dem Werk, und nicht nach dem Geist richtet. Es ist umsonst alles, was unwillig geschieht, wäre auch besser, gelassen. Denn es mag geschehen, dass, so Männlein und Weiblein bei einander sind, geringere Flammen und Begierden haben, denn solche einzeln Mann und Weib: je grösser aber die Begierden sind, je grösser die Sünde der Unkeuschheit ist. 
25 So mögen nun diese dreierlei Menschen keinen Rath finden; der Papst lässt sie fliessen, brennen und martern, wie sie können, dass ich achte, es sind die Kinder, die dem feurigen Abgott Möloch im Volk Israel geopfert und verbrennet wurden. 
26        So spricht du: Wie soll ich ihm anders thun? Es ziemet sich nicht, sie lassen ehelich werden, des Gelübdes halben, dieweil die Schrift saget: Vovete et reddite: gelobet und haltet. Diese Antwort wollte ich haben. Nun antworte du mir auch wieder: Es ziemet sich nicht, sie lassen eheliche werden, sprichst du: warum ziemet sich's denn, sie lassen buben, fliessen und brennen? Wird hier nicht das Gelübde ärger zerrissen, denn so sie ehelich wären? Wie gar fein hilfst das zum Gelübde, dass du die Ehe wehrest, und siehest, dass du buben, und fliessen, und brennen nicht wehren magst. Ich meine, das heisse, den Balken im Auge lassen, und den Stecken heraus ziehen. 
27        Ja, sagest du, der Mann mag zuletzt das Weib lassen, und keusch leben, das er nicht mag thun in der Ehe. Lieber, dess gieb mir etliche Exempel: Es geschieht ehe, dass sich eheliche Leute sondern, und williglich enthalten, denn solch Volk; aber lass das fahren bis auf ein andermal. Hier antwortet mir: St. Augustinus (E428) setzet in seiner Regel, dass seine Brüder nicht sollen allein gehen, sondern zween und zween; das habe ich gelobet bis in den Tod; wohlan, ich werde gefangen, und gezwungen, allein zu seyn, sage mir, wo bleibet meine Gelübde? Soll ich meine Gelübde hier halten, so muss ich mich ehe tödten lassen, ehe ich leide, dass ich allein sey. Wie aber, wenn sie mich nicht tödten wollen, und mit Gewalt allein behalten, da muss ja meine Gelübde gebrochen werden, oder muss in sich beschlossen haben allezeit diesen Zusatz: Ich gelobe die Regel in diesem und diesem Stück zu halten, so viel mir möglich ist. 
28         Weiter: Ich gelobe zu beten, Kleider tragen, und andere dergleichen Stücke in der Regel. Wohlan, ich werde krank, muss zu Bette liegen, und kann noch mag der keines gehalten; wo bleibet hier das Gebot: Vovete et reddite: gelobet und haltet? Es hilft mich nicht, dass ich krank bin; denn Gottes Gebot soll man unverrückt halten, es gelte Sterben, Leben, krank oder gesund seyn. Was willst du hiezu sagen? Es gilt hier nicht lose, faule, ungegründete Ausrede dichten; wir handeln ernste Dinge, daran der Seelen Heil lieget, da man redlich, richtig und gründlich auf antworten soll. 
29 Darum, ob du wolltest sagen: Wenn ich gefangen und gezwungen bin allein zu seyn, und wenn ich krank bin, dass ich die andern Stücke nicht halten kann, sey genug, dass ich doen den Willen habe zu halten, und mit Unwillen wider die Regel thue, Gott sehe den Willen an, wo die That nicht folgen mag. Lieber, das hilft nicht; mein Gelübde ist geschehen auf die That, und begreifet nicht den Willen allein, sondern das Werk, in der Regel beschrieben. 
30          Darum, wo das Werk nicht folget, ist das Gelübde verbrochen, oder das Gelübde schleusst aus den Fall des Unvermögens. Sonst möchte ich auch ein Weib nehmen, und sagen: Ich wollte Keuschheit gerne mit Willen halten, und thue es unwillig, aber es ist mir unmöglich, meine Natur zwinget, fähet und gewinnet mir an. Wer ist in aller Welt, der nicht lieber wollte keusch und ohne Weib leben, wo er so wohl konnte, als er wollte? Du muss anders hierzu reden. (E429) 
31          Nun siehe, so in den andern Stücken vorbehalten ist die Unmöglichkeit (wie niemand läugnen kann,) in geistlichen Gelübden, und niemand sündiget, ob er sein Lebenlang nimmer das Gelübde erfüllet, der Unmöglichkeit halben, wollte ich gern Grund hören redlich, warum allein die Keuschheit muss gehalten werden, sie sey möglich oder unmöglich, und nicht auch im Gelübde sollte vorbehalten seyn dieser Zusatz: Ich gelobe Keuschheit, so viel es mir möglich ist? Wollen wir ohne faule Fratzen reden, so müssen wir sagen, dass entweder die unmögliche Keuschheit, wie die andern unmöglichen Stücke, nimmer gelobet wird; oder ist kein Mönch auf Erden je kommen. Denn es ist nie keiner gewesen, der nicht einmal krank sey worden, oder sonst verhindert, dass er etliche Stücke seiner Regel hat müssen lassen, das doch wider sein Gelübde ist. 
32         Ueber das alles ist einträchtiglich ihrer aller Brauch, dass sie solche Stücke der Regel frei lassen in der Gewalt des Obersten, dass derselbige mag mit seinen Unteren dispensiren, und ihnen zu halten überheben, in welchem Stücke er will; nicht allein aus Ursach der Unmöglichkeit, sondern auch der Bequemlichkeit, und wie es ihm gut dünket; das doch alllzumal wider die Gelübde ist, woe die Gelübde ohne allen Zusatz zu verstehen sind. Denn was du Gott gelobest zu halten, wird dir freilich keine Kreatur abnehmen. 
33 Nun gelobest du die ganze Regell, und dein Prälat überhebet dich, in welchem Stück er will, oder du bedarfest; das ohne Zweifel aller Mönche Gelübde sich lässt ansehen, als sey diess sein Inhalt: Ich gelobe die Regel zu halten, so fern mir möglich, und meinem Prälaten gefällig ist. Wenn das nicht der Inhalt und Meinung des Gelübdes ist, so sind abermal alle Orden und Klöster falsch und verdammt; oder ist noch nie kein Mönch gewesen auf Erden. Denn es hat diesen Punct nie keiner anders geglaubet und geachtet. 
34 Warum sollte denn nun nicht auch ein Prälat Macht haben, einem Bruder Urlaub zu geben, weltlich und ehelich zu werden, wo er sähe die feurige und unruhige Anfechtung des Fleisches ihn quälen? Kann er das Gelübde der Keuschheit nicht nachlassen, wie lässt er die andern alle nach? Kann (E430) er aber die andern nachlassen, warum nicht auch die Keuschheit, so sie mehr Ursach hat, denn die andern. 
35         Daher ist kommen, dass sie die Gelübde getheilet haben in substantialia und accidentalia; das ist, etliche Gelübde sind beweglich, etliche unbeweglich. Der unbeweglichen haben sie drei gemacht, Armuth, Keuschheit und Gehorsam. Die andern alle mit der ganzen Regel und Orden nennen sie bewegliche. 
36        Wie ist der Teufel so ein böser Schalk und tausendfältiger List voll? Wenn wir sie hier fragen, aus was Grund sie solchen Unterscheid machen, und wer ihnen die Gewlat gegeben habe, das zu thun, so mögen sie nichts anders sagen, denn dass sie es thun aus eigener Gewalt, ohne allen Grund und Ursach. Denn da sie sahen, dass es unmöglich Ding war, dass sie orden oder Regel gelobten, und möchte schlecht nicht gehalten werden, da dachten sie: Ei, was wollen wir nun machen, das ist alles gelobet, und wird nicht gehalten? Sollen sie alle verdammt werden, so ist kein Mönch im Stande der Seligkeit, und wären alle Orden und Regel nichts anders, denn eitel unmöglich närrisch Ding. Wir wollen ihm also thun, wollen drei Stück ausschliessen, die unbeweglich sollen heissen, und welcher dieselbigen nicht hält, dass derselbige sey verdammt; die andern sollen beweglich und unverdammlich heissen: und also ist's auch gangen, also halten, brauchen und lehren sie auch allesammt. Aber haltet stille, lieben Herren, wir haben etwas mit euch hievon zu reden. 
37         Wenn das gilt, dass ihr Macht habet, zu machen beweglich und unbeweglich, so habet ihr auch Macht, die Leute zu verdammen und zu seligen. Saget mir aber, wie werde ich's gewiss, dass solch eure Theilung recht sey, und Gott gefalle? wer will mein Gewissen stillen und versichern, wo es gedrungen wird mit diesem Gebot: Vovete et reddite? Meinet ihr, dass mir genug seyn werde, dass ihr's so theilet, oder, dass ihr anzeiget, wie es nicht wird gehalten? Nein, eure Theilung und nicht halten, wird mir nicht genug thun wider diesen Sturm, Vovete et reddite. Ich habe nicht gelibet die unbeweglichen allein, sondern die ganze (E431) Regel mit, beweglichem und unbeweglichen. Der oberste Richter wird's nicht leiden, dass ich sesin Wort wechsele und sage: Omnia vovete, aliqua reddite; sondern er wird sagen: Quodcunque voveris, redde. Et iterum: Redde vota tua.
38         Darum ist gewisslich diess Ausschliessen der dreier Gelübde ein irrig verführisch Ding, aus lauterm menschlichen Vermessen erdichtet, oder alle Gelübde müssen gleich beweglich seyn: denn sie sind gleich gelobet, von gleichem Gebot erfordert, müssen auch gleich zu halten oder zu lassen seyn. Was möget ihd hiezu sagen, lieben Herren? 
39 Ihr werdet sagen: Es sey unmöglich und vergeblich Ding, wo es also gethan ist um geistlich Leben. Das ist auch wahr; Narren sind wir, geloben, wissen nicht, was wir geloben, wollen uns darnach selbst helfen, und machen möglich, unmöglich, zu halten, zu lassen, beweglich, unbeweglich, was uns dünket. Aber das wird uns der Oberste nicht gestatten, er wird sein Gebot nicht so lassen hin und her weben, nach unserm Willen. 
40        Ihr habt solches vom Papst gelernet, der nimmt auch diess Gebot Gottes: Vovete et reddite, und zeucht es, wie fern er will. Alle Gelübde will er abthun, ohne Keuschheit und Wallen gen Rom, zu St. Jacob und Jerusalem, und soll Gottes Gebot nun einen solchen Verstand gewinnen: Gelobet Keuschheit und Wallen zu St. Jacob, gen Rom und Jerusalem, das haltet, was ihr sonst gelobet, dürfet ihr nicht halten. 
41 Siehe, also soll Gottes Gebot in seiner Macht stehen, was zu halten oder nicht zu halten sey. O du verfluchte Abominatio, wie frech, frevel ist dein Uebermuth wider deinen Gott. Was hat er aber für Grund und Ursach dazu? Keine andere, denn dass Keuschheit und Wallfahrt ein gross Ding ist, aber die andern Stücke sind klein. Siehe, da der unsinnige Narr und Gotteslästerer, der Gottes Gebot auflöset, wenn es klein Ding gebeut; und halten lehret, wenn es gross Ding gebeut: gleich starr, stracks wider Christum, Matth. 5,19: "Wer eines aus den kleinsten Geboten auflöset, und die Menschen also lehret, der soll der Kleineste im Himmel seyn." Wie der Papst, was klein (E432) Ding ist, sollst du nicht halten, und wir lösen auf das Gebot: Vovete et reddite, in allen kleinen Dingen: alsu thun die Geistlichen, seine Kinder, wie sie ihr Vater lehret, sprechen: Vovete et reddite, die drei unbeweglichen Gelübde; aber vovete et non reddite, die beweglichen Gelübde. Da siehe, ob nicht geistlicher Stand des Teufels eigen Regiment und Wesen ist, mit eitel Lügen und Gotteslästerung gegründet. 
42         Nicht also, lieber Mensch! es sey klein oder gross, was in Gottes Geboten ist begriffen, soll und muss gehalten werden. Man muss hier nicht nach den Werken, sondern nach dem Gebot richten: nicht musst du sehen, ob das Werk gross, klein, gehalten oder ungehalten ist; sondern nur darauf, ob's geboten sey. Ist's geboten, so ist kein Nachlassen mehr da, es sey wie es wolle. Denn Christus saget, nicht ein Jota oder Titel soll von dem Gesetz vergehen, es muss alles geschehen. Aber der Papst mit seinen Jüngern nimmt nicht allein Jota und Titel von diesem Gebot, Vovete et reddite, sondern Buchstaben, Text, Sinn und alles mit einander. 
43        Die Geistlichen mögen je nicht läugnen, dass sie alle bewegliche Gelübde geloben, und unter dem Wort, Vovete, begriffen sind; denn sie nennen es je Vota, Gelübde, wiewohl sie bewegliche daraus machen. So können sie auchy nimmer läugnen, dass sie schuldig sind dieselbigen zu halten, und müssen auch unter dem Wort, Reddite, bleiben. Sonst möchtest du auch wohl deinem Nächsten im Herzen feind seyn, und sagen, du seyst nicht schuldig ihn zu lieben, sondern sey genug, dass du ihn nicht tödtest, und also das grosse Theil haltest im fünften Gebot, und lassest das kleinste. Also fortan, möchten wir alle Gebot Gottes theilen in grosse und kleine, oder in bewegliche und unbewegliche Werke, und sagen, die kleinen oder beweglichen wären wir nicht schuldig zu halten. Da sey Gott vor, wiewhol der Papst mit den hohen Schulen also hält und lehret, dem folgen, leider, die Geistlichen. 
44         Was wollen wir denn nun hier machen? Sollen die Geistlichen alle ihre Gelübde und Regel für unbewegliche halten, welcher will unter ihnen selig werden? Willst du sie denn alle verdammen und verwerfen? Ich (E433) wollte nicht gerne einen verdammen; wollte viel lieber, dass sie alle wieder aus den Klöstern liefen, oder auf eine andere Weise geistlich würden. Mit der Weise müssen sie gewisslich alle verdammet werden, wenn sie Gottes Wort nach ihrem Muthwillen reissen und dehnen. Darum habe ich diess alles disputirt, dass ich unwidersprechlich erzwänge, dass entweder alle Gelübde beweglich, oder alle unbeweglich, und ganz gleich, eines wie das andere seyn müsse. 
45 Und so eines unter ihnen mag mit gutem Gewissen, aus Ursache, nachgelassen werden, dass auch die Keuschheit und alle andere mögen und sollen nachgelassen werden, wo es Noth und Ursache fordert. Hoffe, ich habe hiemit das Maul gestopfet allen Widersachern, dass sie drob erstummen müssen, und nichts dazu wissen zu antworten. 
46         Weil wir denn nun öffentlich sehen, dass die unmöglichen werden nachgelassen, auch von den heiligen Leuten, und Gott sie nicht von ihnen fordert, will ich beschlossen haben, dass kein Gelübde vor Gott anders angenommen werde, auch nicht anders geschehen mag, denn mit dem Vorbehalt und Meinung, so es möglich ist, und den Prälaten gefället, auf dass wir allen jungen Mönchen und Nonnen mögen Weiber und Männer geben, und wiederum weltlich machen, wo es ihnen noth ist, und nicht halten können mit gutem Gewissen und göttlichem Gefallen und Willen; damit wir die Klöster wiederum bringen in ihre alte, erste, ursprüngliche Reformation und Wesen, dass sie seyn christliche Schulen, darinnen man die Knaben und Mägdlein lehre Zucht, Ehre und den Glauben, darnach sie drinnen mögen frei bleiben, bis in den Tod, oder wie lange sie wollen; und Gott hat sie auch nie anders angesehen noch gewollt. 
47        Weiter wollen wir noch ein Treffen mit ihnen thun, dass wir sehen, wie ganz verwirret, bodenlos Ding das geistliche Wesen ist. Ich setze, dass ihr Traum wahr sey, von den dreien unbeweglichen Gelübden, als da sind, Armuth, Keuschheit, Gehorsam. Armuth ist zweierlei, geistlich und leiblich. Von der geistlichen saget Christus Matth. 5,3: "Selig sind die Armen des Geistes"; die ist, dass der Mensch gelassen sey, und (E434) bereit aller Güter zu entbehren, und eine abgesonderte Begierde zu ihnen träget im Herzen, ob er wohl viel Gutes habe und regiere, wie Abraham, Isaac und Jacob, und alle fromme Christen. Diese Armuth ist gemein allen Christen, in der Taufe gelobet, und wird nicht von den Geistlichen gelobet; denn ihr Gelübde fordert, dass zuvor die christliche, evangelische, gemeine Armuth da sey. 
48          Leiblich ist, kein Gut äusserlich besitzen oder haben. Diese ist nicht möglich, Christus hat si auch nicht geboten noch gehalten; denn der Mensch kann ohne zeitliche Speise und Kleider nicht leben. Darum haben sie es dahin gedeutet, dass leibliche Armuth sey, nichts eignes haben. Diese Armuth hat Lucas beschrieben Apg. 4,34. in den Aposteln, "Christus hielt sie auch, denn sein Beutel, den Judas trug, war allen Aposteln gemein", (n48) dass Johannes Kap. 12,6. nicht saget, Judas habe Christi Beutel getragen; sondern: Er hatte den Beutel, und was gegeben ward, das trug er. Diese Worte beweisen, dass der Beutel sey aller gemein gewesen. Er hätte sonst gesagtet, er hatte Christi Beutel, und trug, was Christo gegeben ward. 
49         Nun  siehe, St. Bonaventura ward ein Cardinal; Eugenius, der Papst, war St. Bernhards Jünger, und viel Geistlichen sind Bischöfe und Päpste worden. Sage, wo ist das Gelübde ihres Armuths da geblieben? Sie sind je heilig. Und wo das Gelübde nicht wäre beweglich und frei vor Gott gewesen, so wären sie gewisslich verdammt, als die ihr Gelübde nicht haben gehalten bis in den Tod. Nun haben je Päpste, Cardinäle, Bischöfe eigene Güter, machen damit, was sie wollen; welches ist stracks wider das Gelübde des Armuths. Also, dass bei jedermann Papst-, Cardinal-, Bischofstand, gleich weltlich wird geachtet gegen der Mönchen Stand. 
50       Wlllst du hie sagen, sie sind dem Gehorsam gefolget, und in einem vollkommenern Stand gestiegen, und haben nicht eigene, sondern der Kirchen Güter unter sich. Lieber, siehe was du sagest, sind das nicht eitel Wörtlein? Meinest du aber mir damit das Maul zu schmieren? Nicht also, lieber Bruder! Zum ersten, (E435) Gehorsam hin, Gehorsam her; Gelübde halten ist Gottes Gebot und Gottes Gehorsam, aus welchem nicht zu folgen ist auch einem Engel; wie St. Paulus Galat. 1, 8. saget: und Petrus Apostg. 5,29: "Man muss Gott mehr gehorsam seyn, denn den Menschen". Sind sie nun aus Gottes Gehorsam, um des Papsts Gehorsam willen gangen, so sind sie aus dem Himmel in die Hölle gegangen. Nein, du musst mir Gottes Gebot und Gehorsam nicht so hinwerfen. Denn so wollte ich auch sagen, dass du möchtest aus dem Gelübde der Keuschhsit treten um des Papst willen, und alle Gebot Gottes übertreten. Magst dui ein Gotes Gebot um Menschen willen übertreten, so magst du sie auch alle übertreten. 
51         Zum andern: Wenn gleich der Cardinal-, Papst-, Bischofstand wäre ein vollkommener Stand, dennoch ist nicht aus Gottes Gebot zu treten. Denn ausser Gottes Gebot ist kein Stand, geschweige denn ein vollkommener Stand, sondern eitel Irrthum und Verführung. Vollkommenheit ist nicht wider Gottes Gebot, ja, sie gehet allein in Gottes Geboten, und zerreisset keines, sondern hält sie allesammt. Siehe, mit was grossen Lügen und Alfänzen gehen das Volk um, dass es nicht weiss, was und wovon es redet, machet Vollkommenheit ausser Gottes Gebot, und will Gottes Gebot damit aufheben. 
52 Nun aber Papst-, Cardinal-, Bischofstand, ein lauter Herrenstand ist, der allerunvollkommenste; so werden wir diese Heiligen nicht erhalten, wir bekennen denn, dass alle Gelübde vor Gott nur eine Zeit währen und frei sind zu wandeln, wie diess Gelübde des Armuths wir sehen hier gewandelt. Warum sollte denn die Keuschheit nicht auch sich wandeln aus Noth und Ursache, so sie nicht höher denn Armuth gelobet ist? Aber lass doch seyn, dass solche Heiligen sind in einen vollkommenen Stand getreten, aus dem Gelübde des Armuths, so musst du mir zugeben, dass der eheliche Stand vollkommen ist gegen dem Stand der Unkeuschheit, oder gegen unmögliche Keuschheit, wie St. Paulus 1. Cor. 7,9. sagt: "Es ist besser freien, denn brennen". 
53 Es ist je besser bei ehelichem Weibe liegen, denn bei einer unehelichen, oder fliessen, oder brennen. Wohlan, so lass (E436) austreten in diesen vollkommenen Stand der Ehe, alle, die da halten eine unkeusche Keuschheit und einen unvollkommenen, unwilligen Stand der Keuschheit; oder willst du das nicht, so gilt deine Entschuldigung mit dem vollkommenen Stand auch nichts. 
54        Zum dritten: Wie darfst du so kühne seyn und sagen, das Gelübde des Armuths sey daru9m nicht gebrochen, dass sie nicht ihre eigene, sondern der Kirchen Güter handeln? Wenn schon das so wäre, was wären sie besser, denn ein weltlicher Hausknecht oder Amtmann? Warum haltet ihr denn sieselbigen nicht auch davon für geistlich, dass sie nicht eigene Güter regieren? Eitel faule Theidinge sind es. Nun aber ist's nicht wahr, die Bischöfe haben Güter als ihre eigenen, und ist ihr Wesen, gegen die Geistlichen geachtet, tausend Meilen ungleich, des Armuths halben. Darum ist hier nichts aufzubringen, man muss bekennen, das Armuth sey gelobet, nicht weiter, denn so fern der Prälat will, oder Ursache fordert, wollen wir anders die Heiligen erhalten. 
55          Und was bedarf's viel Umschweifs? Es ist offenbar, dass ein geistlicher Mann gelobet nur die kindische, knechtische Armuth, die darinnen stehet, dass er keine Güter in den Händen habe, sondern sey unterthan, und nehme, was man ihm giebet; so bald er aber ins Regiment kommt, dass er andern vorstehet und Güter austheilet, so ist er nicht mehr im Gelübde des Armuths, bis dass er abgesetzet, wieder unterthan wird. Denn was ist zwischen einem solchen Regenten und weltlichen Hausvater oder Amtmann Unterscheid, so viel es die Güter zu haben, gebrauchen, regieren, theilen, belanget? Es sind nur erdichtete Wort, wie St. Petrus saget, was man anders davon saget, im Grunde ist's ganz weltlich Amt, Werk und Stand. Darum sehen wir, wie Gott die Gelübde nicht anders aufnimmt, denn frei und beweglich; sonst müsste kein Kloster einen Prälaten haben. Dass die Noth zwinget die Klöster zu halten für junger Leute Schulen und Uebungen. 
56        Desgleichen kann und mag der Gehorsam nicht anders verstanden weden, denn der kindische und knechtische (E437) Gehorsam; denn die Worte des Gelübdes drücken klärlich aus, dem Abt oder Prior gehorsam zu seyn. Wenn denn nun der einer ein Bischof oder Prälat wird, wo bleibet das Gelübde des Gehorsams? Man muss jetzt ihm gehorsam seyn, und er ist nicht gehorsam.
57         Willst du her abermal deine faule Ausrede darbringen, dass ein solcher in einen höhern Gehorsam tritt, oder behält das Herz willig, gehorsam wiederum zu werden, das ist alles schon verlegt; denn es heisst: Vovete et reddite; wider die Worte bestehet keine Glosse, Gott will weder um Hoher, Mittler, noch Niedriger Gehorsam sein Gebot zerrissen haben. So ist's offenbar, dass Geistliche geloben, nicht des Herzens, sondern leibliche Unterthänigkeit; denn des Herzens willige Unterthänigkeit ist allen Christen gemein gegen jedermann, wie St. Paulus Röm. 12,10: "Ihr sollt euch unter einander achten, dass ein jeglicher des andern Oberster sey." 
58 Nun müssen abermal die Klöster keine Prälaten haben noch Bischöfe geben können; oder die gelobte Unterthänigkeit gehet au mit dem Gelübde. Darum siehe, wie fein sie diese zwei Gelübde unbeweglich genennet, wie gehen sie mit Fabeln und erdichteten Worten um. Gott lässt seine Heiligen auch also geloben und leben, duldet ihre Thorheit; aber er nimmt nicht auf die unbeweglichen Gelübden, wie du siehest aus allem diesem Disputiren: denn sie sind wide die christliche Freiheit und alle gute Ordnung, allein, dass der böse Geist also sein Spiel soll und muss haben mit den Ungläubigen, und sein Narrenwerk in ihnen wirken, wie St. Paulus lehret.
59         Also bleibet nun übrig das einige Gelübde der Keuschheit, das muss alleine unbeweglich, unnachlässlich bleiben, welches doch billig sollte das allerfreiste und beweglichste seyn. In allen andern saget man: Vovete et non reddite; hier alleine ist's eisern und Stählern, Vovete et reddite. Ist's nicht eine greuliche Verkehrung? Aber der böse Geist hat's darum gethan, dass er die Seelen desto stärker in der Unkeuschheit behielte, und da fassete, da sie an schwächsten sind ung tug zu halten; sahe wohl, dass alle andere Gelübden möchten leichter gehalten werden. Darum drang er nicht drauf; (E438) aber auf diess Unmögliche dringet er allein, dass er seiner Tyrannei gewiss würde. Ach Herr GOtt, welch Spückniss und Affenspiel treiber er mit dem geistlichen Stande. 
60         Also finden wir im ganzen geistlichen Wesen nichts Gründliches, Gewisses und Beständiges, es wanket und fähret noch alles ohne Schrift und Vernunft, dass gnugsam wäre, alles zu lassen und davon zu laufen, allein die Ursache, dass kein Grund der Schrift da ist, und so mannigfaltigen Irrthum und Lügen an den Hauptstücken hat: dazu von Christo Matth. 24., von Paulo 2. Tim 3., von Petro 2. Epist. 2. so hart verdammet und verfluchet, dass wenn du zehen Gelübden gethan hättest, weil du siehest, dass es auf's Teufels Thun und wider Gott gethan ist, schuldig wärest abzutreten, oder je auf eine neue, freie Weise zu geloben, wie droben ist gesaget. 
61         Eins haben sie, das sie aufwerfen. Es seyn heilige Väter im geistlichen Stande gewesen. Aber dagegen sollte sie erschrecken, dass Christus spricht, die Auserwählten mögen verführet werden von ihnen; wie allhier die Magi von Herode verführet wurden, und der Exempel viel mehr. Die drei Männer, Ananias, Azarias, Misael, blieben im Feuerofen Babylonis, Naeman aus Syrien blieb fromm im Tempel des Abgotts allein.
62 St. Hagnes blieb keusch im gemeinen Frauenhause, und die Märtyrer blieben heilig in kerkern, und noch täglich bleiben Christen fromm, im Fleisch, in der Welt, mitten under den Teufeln; sollte er denn nicht auch Franciscum, Bernhardum und ihres gleichen, mitten im Irrthum behalten haben können, und, ob sie mit unter geirret hätten, wieder herausführen? 
63         Er hat fast keinen grossen Heiligen ohne Irrthum leben lassen. Mosen und Aaron, und Mirjam, David, Salomon, Ezechiam, und viel mehr hat er lassen straucheln, auf dass je niemand auf die blossen Exempel der Heiligen und Werke ohne Schrift sich verlassen sollte. Aber wir plumpen einhin, was wir nun sehen und hören von Heiligen, da fallen wir auf und treffen gemeiniglich das, da sie als Menschen gebrechlich geirret (E439) haben. 
64 Da muss denn der Irrthum uns einen gründliche Wahrheit seyn, und bauen also auf die krumme Wand, davon Psalm 62,4.5: "Wie fallet ihr einher auf den Mann, ihr werdet euch tödten; gerade, als auf einer handenden Wand, und auf zerfallenen Mauren; aber sie haben dedacht ihn aufzuwerfen, suchen nur, wie sie lügen: mit dem Munde benedeien sie, aber mit dem Herzen vermaledeien sie" etc. 
65         Wenn aber alle Dinge sonst gut wären im geistlichen Stande, so wäre doch des Missbrauch der Messen genugsam, dass man davor flöhe, wo man ihn höret nennen. Ich achte, dass solcher Missbrauch des hohen Sacraments diesem Stand vorbehalten ist, als dem ärgsten, verderblichsten und greulichsten, der auf Erden kommen ist, und unter den bössen der grösste und letzte seyn wird. Da machen sie aus der Messe ein Opfer und gut Wertk, das sie den Leuten verkaufen, und alle Zinse darauf stiften. O der erschrecklichen Verkehrung! was Zorns sollte die nicht verdienen? Wollte Gott, dass alle Beimessen wären abgethan; so wäre eine Hoffnung, dass und Gott ein wenig gnädiger würde. 
66 Nun aber wir verblendet, meinen wir, wir thäten grosse Sünde, wenn wir die Messen liessen fallen; und vermessen, mit solchem greulichen Missbrauch Gott versöhnen und dienen, ist des Zorns kein Ende, und wird all unser Gebet eitel Sünde, wie Ps. 109,7. verkündiget hat. Es sollte nur eine Messe des Tages gehalten, und sie als ein gemein Sacrament gehandelt werden; ja, die Woche nur eine Messe, wäre noch besser. Aber dem Dinge ist nicht zu rathen, es ist zu tief eingesessen. 
67          Diesen Auslauf will ich gethan haben zu gute, wer sein gebrauchen will; mir lieget nichts daran, ob die Geistlichen über mich zürnen und schreien werden. Mir ist lieber, sie zürnen, denn Christus. Ich weiss mich schuldig, den elenden Gewissen und Seelen zu rathen und helfen, von dem, das mir Gott gegeben hat, jedermann mitzutheilen; die Schuld will ich nicht auf mir lassen. Wer es nicht aufnimmt, für den werde ich nicht Antwort geben: er sehe auf sich selbst, er hat meinen treuen Dienst und Rath dahin; könnte ich mehr, ich thäte ihm (E440) mehr. Werde und bleibe geistlich, wer da will; wer aber will selig werden, der sehe zu, dass er christlich werde, und lasse Geistliche Geistliche seyn. 
68        Es werden hier vielleicht die keuschen Herzen und heiligen Gottespriester, denen nichts gefället, ohne was sie selbst reden und schreiben, das Maul aufwerfen und sagen: O wir drückt den Mönch die Kutte, wie gerne hätte er ein Weib. Aber lass sie nur lästern, und ihren Muthwillen haben, die keuschen Herzen und grossen Heiligen; lass sie eisern und steinern seyn, wie sie sich selbst aufwerfen: verleugne du nur nicht, dass du ein Mensch seyst, der Fleisch und Blut hat; lass darnach Gott richten zwischen den engelischen starken Helden, und den kranken verachteten Sündern. Ich hoffe, ich sey so ferne kommen, dass ich von Gottes Gnaden bleiben kann, wie ich bin; wiewohl ich noch nicht bin übern Berg, und den keuschen Herzen mich nicht getraue zu vergleichen; wäre mir auch leid, und Gott wollte mich gnädiglich dafür behüten. 
69     Denn so du sie erkenntest, wer sie sind, die so grosse Keuschheit vorgeben und Zucht erzeigen, und was da sey, das St. Paulus saget Eph. 5,12: "was sie heimlich thun, das ist auch zu sagen schändlich;" du würdest ihre hochgelobte Keuschheit nicht würdig achten, dass eine Bübin sollte ihre Schuh daran wischen. Es gehet hier auch die Verkehrung, dass die Keuschen sind die Unkeuschen, und treuget alles, was da gleisset. 
70         Lieber Knabe, schäme du dich's nicht, dass du eines Mägdlein begehrest, und das Mägdlein eines Knaben begehret; lass nur zur Ehe gelangen, nicht zur Büberei, so ist's dir keine Schande, so wenig als Essen und Trinken eine Schande ist. Keuschheit soll eine Tugend seyn, die daher fähret in Gottes Wunderwerken: als, wenn ein Mensch nciht ässe noch trünke. Sie ist über die gesunde Natur, geschweige über die sündliche verderbte Natur. Gott hat nicht viel Jungfrauen lange leben lassen, sondern mit ihnen frisch aus der Welt geeilet, als Cäcilia, Hagnes, Lucia, Agatha, und ihres gleichen; er weiss wohl, wie edel der Schatz ist, und schwerlich lange mag erhalten werden. Wenn in einer jeglichen Stadt fünf Knaben und fünf Mägdlein wären, (E441) die zwanzig Jahr alt, ganz rein, nichts von Naturflüssen empfunden hätten, dürfte ich sagen, die Christenheit stünde bas, denn zu der Apostel und Märtyrer Zeiten. 
71         Ach Herre Gott, ich achte, dass Unkeuschheit durch keine andere Weise hätte mögen mehr und greulicher einreissen, denn durch solche Gebote und Gelübde der Keuschheit. Welch ein Sodoma und Gomorra hat der Teufel durch solche Gebote udn Gelübd zugerichtet, und die seltsame Keuschheit zu unseligem Jammer so ganz gemein gemacht. Es ist weder gemeine Frauenhäuser, noch keine Reizung so schädlich, als diese Gebote und Gelübde, vom Teufel selbst erfunden. 
72         Hierbei sage ich nun, was von Knaben und Mägdlein sind geistlich worden, ehe sie gefühlet, was Fleisch und Blut ist, als da sind von 15, 16. 20 Jahren, die soll man nur flugs heraus reissen, so sie es begehren; denn ihr Gelübde ist doch zumal gar nichts, als hätte es ein Kind gelobet. Hier ist nicht anzusehen die Fastnachtweihung, ob er Priester, Diacon, oder sonst einen heiligen Orden habe. Es ist Gaukelwerk mit dem Weihen, und gilt nichts vor Gott. Das sey davon gnug, kommen nun wieder auf unsere Dinge, da wir's gelassen haben. 
73         Da (n73) die Magi sind von Herode kommen, und zu Bethlehem sich kehreten, ist ihnen der Stern wieder erschienen, und sie sind sehr froh worden. Das geschieht allemal, wenn das Herze nach dem Irrthum und Verführung der menschlichen Lehre wieder kommt zur Erkenntnis der lautern Wahrheit und Evangelii, da wird's gleich des Herodis los, und siehet, wie gar gewiss und licht der Weg der Wahrheit ist, gegen dem Schein, den die Herodisten verwenden; da wird das Herz auch froh. Denn das Evangelium ist eine tröstliche Lehre, die uns aus menschlicher Vermessenheit führet in die Zuversicht blosser Gnade Gottes, wie Psalm 4, 7. 8: "Herr das Licht deines Angesichtes erhebe über uns, damit giebest du Freude meinem Herzen". (E442) 
74        Wiederum, alle, die in Menschenlehren und eigenem Vermögen wandeln, die führen ein hart, ängstlich Leben, und ist doch kein nütze. Welch Herze sollte nciht froh werden, das da erkennet, wie des papsts Regiment eitel Müh und Beschwerung der Gewissen ist, und alle Welt mit seinem Schein betreugt. Das göttliche Licht und Wahrheit hat die Natur, dass es die Gewissen aufrichtet, die Herzen tröstet, und einen freieh Geist machet; gleichwie wiederum Menschenlehren natürlich die Gewissen niederdrücken, die Herzen martern, und Geist auslöschen. 
75       Ueber das, so gehet der Stern vor ihnen her, lässt sie nicht, bis dass er sie zu Christo bringe, gehet auch nicht weiter, bleibet stehen oben über, das das Kind ist. Also thut das Licht des heiligen Evangelii, das ist, wie eine licht Lucerne in den Finsternissen, als St. Pstrus nennet 2. Petr. 1, 19. und gehet vor uns, führet uns, so wir nur daran hangen mit festem Glauben, lässt uns nicht, bis dass es uns bringe zu Christo und der Wahrheit: gehet auch nicht weiter; denn ausser Christo lehret es nichts. 
76        Also ist in diesem Sternleiten bedeutet die Art und Werke des Evangelii, und durch die Magi alle Gläubigen: dass, gleichwie sie der Stern leiblich führrete zu Christo, und sie ihm leiblich folgeten, also führet das Evangelium geistlich die Herzen der Menschen in dieser Welt, und die gläubigen Herzen sehen es, und folgen auch ihm mit Freuden, bis sie zu Christo kommen. 
77         Also rühmet sich St. Paulus 1. Cor. 2,2: "Ich habe mich lassen dünken, ich wüsste nichts, da ich bei euch war, denn allein Jesum Christum, und denselbigen nur als Gekreuzigten." Und Col. 2,3. verbeut er, "wir sollen je keiner Lehre folgen, die nicht Christum lehret." Was ist das anders, denn dass dieser Stern allein Christum und nichts anders weiset, gehen auch nicht weiter? Also sind in dieser Figur alle Menschenlehre verdammet, und soll nicht mehr den Christen geprediget werden, denn das blosse, lautere, einige Licht des Evangelii, und wir demselbigen Stern sollen alleine folgen. Darum ist auch hier Papst, Bischof, Pfaffen, (E443) Mönche, mit allem ihrem Regiment Lehre verdammt, als des Herodis Tyrannei zu meiden. 
78         Auch wird hier den Papisten und Herodisten das Maul gestopfet, und ihre Lügen redlich gestrafet, da sie lehren mit muthwilligem Frevel: Man soll die christliche Kirche und den Glauben bei ihnen gewarten, und wer sie nicht höre, der soll geachtet werden, er höre die christliche Kirche nicht. Sie wollen das Zeichen und der Stern seyn, der zu Christo und der Wahrheit führe; aber es ist falsch un derlogen.
79 Willst du wissen, wo Christus und die Wahrheit ist? das lerne hier aus dieser Historie. Siehe nicht auf den Papst, nicht auf die Bischofshüte, nicht auf die hohen Schulen und Klöstger; lass dich nicht irren, dass sie viel predigen, beten, singen, und Messe halten; frage nciht darnach, dass sie anstatt der Apostel sitzen, u9nd geistlich Amt aufwerfen: das mag alles trügen, und treuget ohn Unterlass; sie irren, und lehren Irrthum. 
80        Es ist nicht mehr, denn nur ein einiges gewisses Zeichen, dabei du erkennen mögest, wo Christus und seine Kirch ist, das ist dieser Steern, das heilige Evangelium; alles andere ist falsch, und fehlet. Wo ber das Evangelium geprediget wird, da leuchtet dieser Stern, da ist gewisslich Christus, da findest du gewisslich die Kirche, es sey in der Türkei, Russen, Böhmen, oder wo es wolle. Es ist nicht möglich, dass Gottes Wort sollte lauten, und Gott, Christus und der heilige Geist nicht da seyn. Wiederum, ist's nicht möglich, dass Gott, Christus, heiliger Geist, Kirche, oder etwas Seliges seyb sollte, da Gottes Wort nicht lautet, wenn sie gleich alle Wunder thäten; sondern es müssen eitel Herodisten und Teufels Regiment da seyn. Nun suehet je jedermann, wie der Papst und die Geistlichen ohne Gottes Wort nur mit Menschenlehren umgehen. 
81  "Und sie giengen ins Haus, und haben gefunden das Kind mit Maria, seiner Mutter, und sind nieder gefallen, und haben ihn angebetet." (Matt 2,11a) 
82         Diess Haus ist die christliche Kirche, die Versammlung aller Gläubigen auf Erden, in welcher du allein (E444) findest Christum und seine Mutter; denn allein in der christlichen Kirche sind sie, die vom heiligen Geist schwanger und fruchbar, christlich gebären und ein christlich Leben führen. Alles, was ausser diesem Hause ist, wie hübsch es immer gleisset, wie vernünftig est ist, so ist weder Christus, noch seine Mutter da, das ist, es ist kein christlich Leben da; welches ohne Glauben und heiligen Geist nicht seyn mag. 
83        Darum, wenn dich Papst, Bischof, oder wer es auch ist, fordert, du sollest auf sie sehen, wenn due die Kirche sehen wollest, so gedenke an diess Evangelium, und siehe nach dem Stern; sey gewiss, wo der Stern nicht über stehet, das ist das Haus gewisslich nicht, da Christus und seine Mutter funden wird; das ist, worüber nicht das Evangelium schwebet und leuchtet, da isst gewisslich nicht die christliche Kirche. Es wird dir dieser Stern nicht fehlen; so wirst du ohne ihn nimmer recht antreffen. Er führet zu diesem Hause, und bleibet über diesem Hause: also bringet dich das Evangelium in die Kirche, und bleibet auch über der Kirche, stehet fest, lässet sich durch keine Verfolgung davon treiben; es lautet und leuchtet frei und öffentlich, dass alle seine Feinde verdreusset; wie wir das alles sehen erfüllet in den Aposteln, Märtyrern, allen Heiligen und noch täglich, wo es geprediget wird. 
84 "Und sie haben aufgethan ihre Schätze, und ihm geopfert Gold, Weihrauch und Myrrhen." (Matt 2,11b)
85        Alle leibliche Opfer im Gesetz Mosis, und wo sie geschehen sind, bedeuten das geistliche Opfer, davon Hebr. 13,15. stehet: "Lass uns durch ihn opfern allezeit, das Opfer des Lobes Gott", das ist, Frucht des Mundes, der da bekennet seinen Namen. Und Hos. 14,2.3: "Kehre dich, Israel, zu Gott, deinem Herrn, denn du bist gefallen in deinen Sünden. Nehmet Worte mit euch, und kehret euch zu Gott, und sprechet zu ihm: Nimm von uns alle Sünde, und ergreif das Gut (n85), so wollen wir dir opfern die Kälber (E445) unsers Mundes", das ist, Lob und Dank. Das sind die rechten Kälber, die man dir opfern soll; davon auch Psalm 51,21: "Herr thue gut durch deine Gnade, Zion, dass erbauet werden die Mauren Jerusalem. Alsdenn wirst du aufnehmen die Opfer, denn werden sie auf deinem Altar Kälber opfern". 
86         Item Psalm 50,7-15: "Höre zu, Israel: Ich bin dein Gott, ich habe nicht mit dir zu strafen um deines Opfers willen. Was willst du mir opfern? Soll ich Kalbfleisch esse und Bocksblut trinken? wenn ich hungerig würde, wollte ich dir nicht viel sagen. Ist doch die Welt mein, alle Vögel der Luft und alle Thiere auf Erden, es ist schon alles vor mir, was du mir opfern kannst. Opfere du deinem Gott das Opfer des Lobes, und halte ihm, was du ihm gelobest hast. Das Opfer des Lobes ehret mich recht, und das ist der der Weg zur Seligkeit."
87 Aus diesen Sprüchen ist klar, das Opfer, so es angenehm seyn soll vor Gott, soll es Lob und Dank seyn, oder je nicht ohne Lob und Dank. Und wo es ohne Lob und Dank geschieht, will und mag er's nicht, wie er auch Jes. 1,11. saget:: "Was soll mir euer Opfer? Ich will eures Räucherns nicht". 
88         Wir können auch sonst nichts Gott geben; denn es ist schon alles sein, und wir haben's alles von ihm: allein Lob, Dank und Ehre können wir ihm geben. Das meinet auch Psalm 116,12.13: "Was soll ich doch Gott bezahlen für alles Gute, das er mir gegeben hat? Ich will nehmen den heilbaren Kelch, und anrufen Gottes Namen. Du hast zerrissen meine Bande, darum will ich dir opfern das Opfer des Lobes". 
89          Nun ist Lob nicht anders, denn bekennen die Wohlthat, von Gott empfangen, und dieselbige nicht uns, sondern allein ihm zuschreiben und wieder heim tragen. Und dasselbige Loben und Bekennen geschieht zweierlei Weise. Einmal, vor Gott allein, zum andernmal, vor den Menschen, und ist ein eigentlich Werk und Frucht des Glaubens; davon lehret St. Paulus Römn 10,9.10: "Mit dem Herzen glaubet man, dadurch wird man rechtfertig; aber mit dem Munde bekennet man, dadurch wird man selig. Denn so du bekennest (E446) mit deinem Munde, dass Jesus der Herr sey, und glaubest mit deinem Herzen, dass ihn Gott von den Todten erwecket hat, so wirst du selig."
90        Als sollte St. Paulus sagen: Das ist nicht der rechte Glaube, dass du heimlich wolltest im Herzen an Christum glauben, und im Winkel loben; du musst ihn frei mit dem Munde bekennen vor jedermann, wie du glaubest im Herzen. Das gilt dir denn alsbald den Hals. Denn solch Bekennen mag Teufel und Mensch nicht hören, und das Kreuz ist an solch Bekennen gebunden; wie du siehest, das auch jetzt der Papst, Bischof, Pfaffen, Mönche, Christi Wort nicht hören noch leiden können, dass wohl der Prophet saget: "Ich will den heilbaren Kelch nehmen, und Gottes Namen anrufen". Als sollte er sagen: Soll ich Gott loben und bekennen, so werden sie mich drob drängen und ängsten mit dem Kelch der Marter: wohlan, ich will ihn annehmen in Gottes Namen, und Gottes Lob darum nicht schweigen: er wird mir auch nicht schaden, sondern heilbar seyn und nur frisch zur Seligkeit helfen; das will auch Christus Marc. 8,38: "Wer sich mein und meiner Worte schämet vor diesem sündigen und ehebrechreischen Geschlechte, dess wird sich der Sohn des Menschen auch schämen, wenn er kommt in der Klarheit seines Vaters mit seinen heiligen Engeln."
91         Es haben viele über diesen dreien Opfern ausgeleget, einer sonst, der ander so, doch gemeiniglich alle dabei bleiben, dass es dreierlei Bekenntnisse sind. Darum wollen wir nehmen, was uns jetzt däucht aus allen. Das güldene Opfer, sagen sie, bedeute, dass sie bekennen, Christus sey ein König. Der Weihrauch, dass er sey ein Priester. Die Myrrhen, dass er sey gestorben und begraben. Alle drei Stücke sollen auf Christum nach der Menschheit sich reimen, so doch, dass er Gott sey, und um der Gottheit willen solches der Menschheit geschehen sey. 
92         Zum ersten, bekennet und lobet der christliche Glaube, dass Christus ein König und Herr sey über alle Dinge, nach dem Spruch Psalm 8,7: "Du hast ihn zum Herrn gemachet über die Werke deiner Hände, und alle Dinge unter seine Füsse gethan". Und Ps. 110,1: (E447) "Gott hat gesagt zu meinem Herrn, setze dich zu meiner Rechten, bis dass ich lege deine Feinde zu deinem Fussschemel." Diess Bekenntniss in rechtem Glauben ist ein hoher, mächtiger Trotz und Hochmuth aller Christgläubigen, wider alles, das wider sie ist, es sey, (wie St. Paulus Röm. 8,36. saget,) "Schwert, Hunger, Frost, und alle Kreatur". Wer will einem Christen Schaden thun oder erschrecken, so er diess Gold opfert, glaubet und bekennet, dass sein Herr Christus auch des Todes, der Hölle, der Teufel und aller Kreaturen ein Herr ist, und alles in seinen Händen, ja, unter seinen Füssen lieget?
93          Wer einen gnädigen Fürsten hat, der fürchtet kein Ding, das unter demselbigen Fürsten ist, trotzt darauf, rühmet und bekennet seines Herrn Gnade und Macht. Wie vielmehr trotzt und rühmet ein Christenmensch wider die Pein, Tod, Hölle, Teufel, und spricht trostlich zu ihm: Was magst du mir thun? Bist du nicht unter den Füssen meines Herrn? Trotz und friss mich ohne seinen Willen. Siehe, ein solch frei Herze machet diess güldene Opfer.O wie seltsam ist das jetzt worden; darum ist's gar tröstlich, so dich etwas schrecket oder beschädiget, dass du mündlich heraus fahrest, Christum bekennest, und sagest: Omnia subiecisti sub pedibus eius: Alle Dinge sind unter seinen Füssen, wer will den wider mich seyn? 
94        Zum andern: Weihrauch gebrauchet man zu Gottesdienst, nach dem Gesetz Mosis, zu räuchern im Tempel, welches zugebühret dem priesterlichen Amte. Darum ist Weihrauch opfern nichts anders, denn Christum einen Priester bekennen, der zwischen Gott und uns ein Mittler sey, wie St. Paulus Röm 8,34. saget, dass er für uns rede und mittele vor Gott, welches ist und auf's allernöthigste. Denn durch sein Königreich und Herrschaft beschirmet er uns vor allen Uebel in allen Dingen; aber durch seine Priesterschaft beschirmet er uns vor allen Sünden und Gottes Zorn, tritt vor uns, und opfert sich selber, Gott zu versöhnen, dass wir durch ihn eine Zuversicht haben zu Gott, und unser Gewissen vor seinem Zorn und Gericht sich nicht entsetzet noch fürchtet, wie Paulus saget Röm, 5,2: (E448) "Durch ihn haben wir Friede zu Gott, und einen Zugang zu seiner Gnade im Glauben". 
95         Nun isst das viel grösser, dass er uns gegen Gott sicher und unser Gewissen zufrieden machet, dass nciht Gott und wir selbst wider uns seyn, denn dass er die Kreaturen uns unschädlich machet. Denn es viel grösser ist, Schuld, denn Pein, Sünde, denn Tod. Sintemal die Sünde den Tod bringet, und ohne Sünde der Tod nicht wäre, oder je nicht schädlich wäre. 
96   Wie nun Christus ein Herr ist über Sünde und Tod, und in seiner Gewalt, Gnade und Leben zu geben allen, die an ihn glauben; also ist, Gold und Weihrauch opfern, dieselbigen zwei Amt und Werke von ihm bekennen und ihm danken, wie St. Paulus thut 1. Cor. 13, 55. 56: "Wo ist Tod dein Spiess? Des Todes Spiess ist die Sünde, aber das Gesetz ist der Sünden Kraft. Aber Gott sey Lob und Dank, der uns gegebn hat den Sieg über Tod und Sünde, durch Jesum Christum, unsern Herrn."
97         Das ist gar ein hoher Trotz, das ein Mensch gegen seine Sünde, gegen sein böses Gewissen, gegen Gottes schrecklichen Zorn und Gericht, kann setzen diesen Priester, mit festem Glauben sagen und bekennen: Tu es Sacerdos in aeternum. Du bist ein ewiger Priester. Bist du aber ein Priester, so vertrittest du aller Sünde, die dich einen solchen Priester bekennen. Wie wenig nun dich Gottes Gerich, Zorn, Sünde und böses Gewissen, mag verdammen oder erschrecken; so wenig verdammet und erschrecket es auch mich, für welchen du ein solcher Priester bist. Siehe, das heist recht Weihrauch opfern, unverzaget seyn wider alle Sünde und Gottes Zorn, durch Christum im Glauben. 
98         Zum dritten: Myrrhen brauchet man, die todten Körper zu salben, dass sie nichtg verwesen im Grabe. Darum ist Christi Sterben und Auferstehen hierinnen verzeichnet; denn er allein ist, der gestorben, begraben und nicht verweset ist, sondern wieder auferwecket von Todten, wie Psalm 16,10. saget: "Du wirst meine Seele nicht lassen in der Hölle, und wirst nicht zugeben, dass dein Heiliger sehe die Verwesung". Und seine Unverwesenheit ist bedeutet durch alle, die durch (E449) leibliche Myrrhen verwahret und behalten werden. So ist nun, Myrrhen opfern, so viel als bekennen, dass Christus gestorben, und doch unverwesete blieben sey; das ist, Tod im Leben überwunden sey, und er noch nie gestorben nach der Gottheit, und die Menschheit auch wiederum vom Tod erwecket. 
99         Diess Bekennen ist das allernöthigste unter den dreien, wiewohl sie alle drei noth und ungescheiden müssen seyn. Denn, dass er dir ein König und Priester ist worden, und solch gross Gut gegeben, darfst du nicht denken, dass er umsonst geschehen sey, oder wenig gekostet habe, oder durch dein Verdinst dir komme. Sünde und Tod ist dir in ihm und durch ihn überwunden, dir Gnade und Leben gegeben; aber es ist ihm sauer worden, hat ihn viel gestanden, hat's mit seinem eigenen Blut, Leib und Leben auf's allertheuerste erworben. Denn Gottes Zorn, Gericht, Gewissen, Hölle, Tod und alle böse Dinge hinlegen, und alles Gut erwerben, hat nicht mögen geschehen, göttlicher Gerechtigkeit musste gnug geschehen, die Sünde bezahlet, der Tod mit Recht überwunden werden. 
100        Darum hat St. Paulus den Gebrauch, dass, wo er Gottes Gnade in Christo prediget, rühret er gemeiniglich sein Leiden und Blut daneben, auf dass er anzeige, wie uns alle Güter durch Christum, nciht ohne sein unsäglich Verdienst und Kost, gegeben sind; so spricht er Röm, 3,25: "Gott hat ihn gesetzt zum Gnadenthron im Glauben, durch sein Blut". Und 1. Cor. 2,2: "Ich habe mich unter euch nicht lassen dünken, dass ich wisse, denn allein Christum und denselbigen gekreuzigten" etc. Darum ist Myrrhenopfer, bekennen die grosse Kost und Mühe, die es Christum gestanden hat, dass er ist unser Priester und König worden. 
101         Siehe, das sind die drei Stücke, darinnen wir Christum loben und bekennen sollen, seine drei Werke, die er uns erzeiget hat, und noch täglich erzeiget, bis an den jüngsten Tag. Und die Ordnng ist auch fein; aber der Evangelist hebt am Golde, am höchsten an. Denn, dass er König ist über alle Dinge, uns zu gut, wäre nicht möglich, er hätte uns denn zuvor Gott versöhnet, (E450) und unser Gewissen versichert, auf dass er mit Ruhe und Frieden in uns regieren und wirken könnte, als in seinem eignen Reich; darum musste e auch Priester seyn, für uns. Sollte er aber Priester seyn, und uns nach priesterlichem Amt mit Gott versöhnen, musste er Gottes Gerechtigkeit für uns gnug thun. 
102   Da war aber kein ander Gnugthun, er musste sich selbst dargegeben, sterben, und also Sünde mit dem Tod in sich selber überwinden. Also ist er durch Sterben zum Priesterthun, durch Priesterthum zum Königreich kommen; und die Myrrhen vor dem Weihrauch, und den Weihrauch vor dem Gold empfangen. 
103         Aber doch erzählet die Schrift allezeit ehe das Königreich, darnach das Priesterthum, darnach sein Sterben, wie Ps. 110, 1.4.7. auch thut, der zum ersten sein Königreich beschreibet also: "Gott hat gesagt zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich lege deine Feinde zu deinem Fussbank". Folget darnach von seinem Priesterthum also: "Gott hat geschworen, und wird ihn nimmer gereuen. Du bist ein Priester ewiglich nach der Weisse Melchisedech". Zuletzt beschleusst er von seiner Marter also: "Er wird vom Wasserstrom trinken in seiner Wegefahrt, darum wird er das Haupt erheben". Also möchte man hier auch sagen: Er wird die Myrrhen kosten; darum wird er Priester werden: und ist Priester; darum wird er auch König seyn: dass eines aus dem andern folge, eines des andern Ursach sey, und sich auf einander treiben. 
104          Bei dieser einfältigen, schlechten Deutung, lass ich's bleiben, befehle die hohen Betrachtungen den Müssigern. Hierauf ist uns am meisten acht zu haben, dass wir dieser dreien Bekenntnisse keine nicht absondern, sondern zusammen opfern. Und wiewohl Jesaias 60,6. in der Epistel, allein saget vom Gold und Weihrauch, scwheiget der Myrrhen, mag vielleicht darum geschehen seyn, dass Christi Königreich und Priesterthum ist allezei von Anbeginn der Welt gewesen, wie St. Paulus saget Hebr. 13,8: "Christus gestern und heute und ewiglich;" denn alle Heiligen sind vom Tode und Sünden durch ihyn und seinen Glauben erlöset; so ist doch zu der Zeit das dritte Stück, sein Leiden, die Myrrhen, (E451) noch nicht vollzogen gewest, welches dem Evangelisten nach der geschehenen Erfüllung zu meldem wohl gebühret hat. 
105          Die Herodisten aber und Papisten haben diese drei Opfer nicht allein zertrennet, sondern auch mit unsäglichem Greuel vertilget, behalten doch die Namen, und bekennen mit Worten, dass Christus ein König, Priester, und für uns gestorben sey; aber mit andern Gegenworten, mit dem Herzen und ganzen Wesen läugnen sie das alles, und verdammen es auf's allergreulichste. Und dass wir, solches zu merken, an der Myrrhen anfahen, dieweil sie lehren, dass der Menschn ohne Gottes Gnade von ihm selbst, aus natürlichem Vermögen seiner Vernunft und freien Willens, möge sich würdig und empfähig machen göttlicher Hulde: was ist das anders, denn ohne Christi Blut und Leiden wollen selbst von eigenem Thun göttlicher Gerechtigkeit genug thun, seinen Zorn und Gericht stillen, dem Gewissen Friede schaffen? 
106  Das ist je Christi Blut und alles sein Leiden, ja seine ganze Menschheit, mit allen seinem Thun, zunichte machen, unnütze achten und mit Füssen treten; davon St. Paulus Hebr. 6,4. 5.6. saget: "Es ist unmöglich, dass die, so gefallen sind, sollten eine Verneurung der Busse haben, sintemal sie abermals kreuzigen Gottes Sohn in ihnen selbst, und machen ihn zum Spott." Denn ausser Christo ist keine Gnade noch Busse, sondern eitel Zorn; noch lehren die Papisten ausser ihm Gnade suchen und finden. Also ist das Myrrhenopfer gar aufgehoben. 
107         So muss das Weihrauchopfer zuvor nichts seyn. Denn wie soll Christus ihr Priester und Mittler seyn, wenn sie so gut und rein sind, dass sie seines Bluts und Mittlens nicht bedürfen, sondern durch sich selbst mittlen und für sich selbst vor Gott treten, Gnade und Leben zu erlangen durch natürlich Vermögen? Damit bekennen sie je, und lehren, dass natürlich Vermögen rein und gut sey; so darf Christus da nicht Priester seyn. Wer hätte je mögen glauben, dass mit den Christen sollte dahin kommen, dass jemand solches würde lehren, oder hören, das schrecklich zu denken ist? 
108         Nun sehen wir je, dass alle hohe Schulen sammt (E152) dem Papst und Geistlichen nichts anders lehren noch halten, und soll Ketzerei seyn, wer anders lehret. Wie eben hat sie Petrus 2. Petr. 2, 1. getroffen, da er saget: "Es werden falsche Lehrer unter euch seyn, die den Herrn, der sie erkaufet hat, werden verläugnen." Er saget nicht: sie werden Christum verläugnen, sondern den Herrn, der sie erkaufet hat; als sollte er sagen: Christum werden sie bekennen mit Worten; aber sie werden ihn nicht halten, dass er sie erkaufet habe mit seinem Blut; sondern ohne sein Blut werden sie sich selbst erlösen, aus eigener natürlicher Kraft Gottes Gnade erlanden wollen, welche doch allein Christus mit seinem Blut uns allen erkaufet hat. Das ist's, dass sie meinen, es koste oder gestehe nichts, Gottes Gnade zu erwerben; darum fallen sie daher, wollen sie selbst erwerben, und Christi Erkaufen nicht leiden. 
109          Wo nun Christus nicht wird erkennet füe einen Priester, mag er viel weniger für einen könig erkannt werden; denn sie sind ihm in keinem Weg unterthan, sie sind ihre eigene Herren, das ist, des Teufels eigen Gesinde; weil sie nicht wollen ihn lassen über sie regieren und allein in ihnen wirken, so bleibet er doch ein König, Priester und Erlöser, ohne ihren Dank, über alle Kreaturen. Siehe, also erkennest du, dass jetzt die Zeit ist, da St. Petrus Christum dreimal verläugnet; wollte Gott, sie höreten das Hahnengeschrei, kämen wieder zu sich selbst, erkenneten ihren Fall, weineten auch bitterlich, und giengen aus dem Hause Caiphä, das ist, aus der höllischen Versammlung des Papsts, da das Feuer weltlicher Liebe ist angezündet, und des Papsts Gesinde umher stehet, und wärmet sich; denn die göttliche Liebe ist ganz und gar in ihnen erkaltet. Das sey gnug von den geistlichen Opfern. Folget: 
110      "Und sie haben eine Antwort im Schlaf empfangen, dass sie nicht sollten wieder zu Herodes kommen, und sind durch einen andern Weg wieder heim gezogen in ihr Land". (Matt 2,12) 
111        Das ist der endliche Beschluss, dass wir Menschenlehre meiden sollen, und nicht wiederum darin fallen, (E453) so wir einmal davon erlöset sind: gleichwie diese Magi, einmal von Herode los, nicht wieder zu ihm kommen; also sage ich auch, dass wir des Papsts und aller Papisten Gesetz und Lehre meiden sollen, bei Gottes Ungnaden und unsrer Seelen Heil, sintemal wir die rechte evangelische Wahrheit erkennet haben. Denn sie lehren uns nur von Gott kommen, dass wir unsrer eigenen Vernunft und Werk folgen; damit wird Gott sein Werk verhindert, der doch soll und will alle Dinge in uns wirken und geben, will auch solches von uns an ihm gewartet haben. Aber Menschenlehre machen uns, dass wir alle Werke zuvor anheben, wollen die ersten seyn, und Gott suchen, und er soll hernach kommen, und uns zusehen, was wir angefangen haben. 
112        Dass ich dir dess ein Exempel setze: Die jetzt scheinen am allerbesten lehren die Jugend, sagen ihnen vor, sie sollen gerne beten und in die Kirche gehen, sollen keusch leben und fromm seyn; sagen aber nicht, wo sie das anfahen und suchen sollen; gerade, als wäre es genug, dass sie gelehret haben, sie sollen fromm seyn. Item, wenn sie ehelich oder geistlich darnach sollen werden, meinen sie, es sey genug, dass sie es selbst anfahen, sehen Gott nicht an, dass sie ihn darum grüsseten; darnach, wenn sie es angefangen haben, soll denn Gott kommen, und sehen, was sie gemacht haben, ihm die Sache gefallen lassen und gut machen. Ja, man zeucht das junge Volk also, dass sich ein Mägdlein schämet Gott zu bitten um einen Knaben, und ein Knabe um ein Mägdlein, meinen, es sey ein närrisch Ding, Gott darum zu bitten, sie müssen selbst einhin plumpen. 
113          Daher kommt es auch, dass die Ehe so selten wohl geräth. Sollte nicht ein Mägdlein also gelehret werden mit allem Ernst, dass es hintrete vor Gott, und spreche mit aller Zuversicht: Siehe, lieber Gott, ich bin nun zu meinen Jahren kommen, dass ich ehelich werden mag, sey du mein Vater, und lass mich dein Kind seyn, gieb mir einen frommen Knaben, und hilf mir mit Gnaden zum ehelichen Stande, oder, so dir's gefället, gieb mir einen Geist, keusch zu bleiben. 
114        Also sollte auch ein Knabe um ein Mägdlein (E454) bitten, und alle seine Dinge nicht selbst anfahen, sondern Gott darum bitten, dass er's anfahe, und den ersten Stein lege; das wären rechte Gottes Kinder, die nichts anfiengen, sie grüsseten denn zuvor Gott darum, wie geringe es auch wäre. So bliebe Christus unser könig, und alle unsere Werke wären seine Werke und wohl gethan. Aber Menschenlehren leiden das nicht, die plumpen einhin, als wäre kein Gott, und sie müssten's thun, das wohl gethan seyn soll. Siehe, aus dem Exempel lerne, wie alle Menschenlehren so verführerisch und wider Gott sind. 
115          Es sind aber drei Weisen, Menschenlehren zu meiden: Einmal, dass sie allein mit dem Gewissen vermieden werden, und nicht mit der That. Als, wenn ich nach des Papsts Gesetz beichte, bete, fast, nicht der Meinung, dass ich's thun müsse, oder sey Sünde, so ich's liesse; sondern, dass ich's freiwillig thue von mir selbst, ohne Noth, möchte es wohl lassen, so ich wollte. Allhier gehet wohl das Werk der menschlichen Lehre, aber das Gewissen ist frei, und achtet das Thun wie das Lassen, isst ihm keine Sünde, so es lässet, kein Gutes, ob sie es thue: denn es leistet nicht Gehorsam, sondern thut seinen eignen Wohlgefallen drinnen; das sind wohl die besten. 
116         Also sine die Magi noch in Heerodis Lande, ziehen auch unter seiner Herrschaft; aber sie achten sein nichts, kommen nicht zu ihm, leisten ihm auch keinen Gehorsam. Wer nun auch also unter dem papst ist und wirket, dass er nicht aus Gehorsam, sondern aus eigenem freien Willen sein Gesetze hält, so ferne es nicht wider Gottes Wort ist, wie, wenn, wo, und wie lange er will, dem schaden sie nicht. Aber das ist ein hoher Verstand, den wenig Leute haben, und, gleichwie diesen Magis im Schlaf und heimlich, allein durch Gottes Geist im Herzen erkannt, den man freilich niemand mit Worten von aussen einreden kann, wo es das Herz nicht selbst vom Himmel empfindet. 
117         Die andere Weise ist, beide, mit dem Gewissen und mit Werken meiden; als die thun, die sie ganz (E455) und gar mit Füssen treten, thun nur das Widerspiel, mit fröhlichem sichern Gewissen. Und diese Weise ist die nöthigste und beste, um der schwachen Gewissen willen, dass man sie wohl heraus bringe, und mache sie den ersten stärkesten gleich, vollkommen und frei; welches man mit Worten und Gewissen allein nicht wohl mag thun, man greife denn drein, und zeige ihnen auch mit Exempeln das Widerspiel: gleichwie Christus thät, und liess seine Jünger, wieder der Pharisäer Gesetz, die Hände nicht waschen. Also wäre es gut, wer jetzt die gebotene Beichte, Gebet, Fasten auf bestimmte Zeit, liesse anstehen, dass man mit Exempeln beweisete, wie des Papsts Gesetze Narrenwerk und Trügerei wäre, thäte solches alles auf andere Zeit freiwillig. 
118         Die dritte Weise ist, allein mit der That meiden, und nicht mit dem Gewissen; wie die thun, die sich frech anstehen lassen, und glauben doch, sie thun unrecht, dass sie es nicht halten. Und solches Gewissen stickt, leider, in aller Welt im gemeinen Mann. Um dieser willen nennet St. Paulus 2. Tim. 3,1. diese Zeit eine gefährliche Zeit. Denn solche Gewissen sündigen ohne Unterlass, soe halten oder halten nicht, und der Papst ist ihr Seelenmörder und Ursach solcher Gefahr und Sünde mit seinem Gebot. Halten sie, so thun sie wider den Glauben, der frei seyn soll von allem Menschenlehren: halten sie nicht, so thun sie wider ihr Gewissen, welches glaubet, es müsse sie halten. Diesen ist noth, dass man sie wohl unterrichtet im freien christlichen Glauben, und das falsche Gewissen ablegen; oder, wo sie das nicht vermögen, "ihre Schwachheit (wie St. Paulus Röm 15,1. lehret,) eine Zeitlang tragen, und sie lassen neben dem Glauben solchem Gewissen folgen und halten, bis dass sie auch gross und stark werden". (n118
119         Siehe, das ist der andere Weg heim zu ziehen, nicht wieder zu Herode kommen. Denn aller Anfang, fromm zu werden, geschieht gemeiniglich durch Menschenlehre und äusserliche Heiligkeit; aber man muss herauskommen (E456) in den lautern Glauben, und darnach nicht wiederum in die Werke aus dem Glauben fallen. Also kommen wir recht in unser Vaterland, da wir herkommen sind, das ist, zu Gott, von dem wir geschaffen sind; und kommt das Ende mit dem Ursprung wieder zusammen, wie ein güldener Ring. Das helfe uns Gott, durch Christum, unsern König und Priester, gebenedeitet in Ewigkeit. 
Ende des zehnten Bandes. 

Noter:

n8:  Denne forvendthed dukker op igen i skriftet om øvrigheden, lyd2#25.

n21:  Luther kan tænke på 3 Mos 15,16: Når nogen har sædafgang, skal han bade hele sin krop i vand; han er uren indtil aften. 3 Mos 15,32: Det var loven om den mand, der har udflåd, og om den, der har sædafgang og bliver uren ved det, 3 Mos 22,4: Ingen som helst af Arons efterkommere, der er spedalsk eller har udflåd, må spise af helliggaverne, før han er ren. Den, der rører ved nogen, som er blevet uren ved berøring med lig, eller den, der har sædafgang, v5  eller den, der rører ved noget kryb, man bliver uren ved, eller ved et menneske, man bliver uren ved, hvad slags urenhed det end er, v6  den, der rører ved noget af det, er uren indtil aften; han må ikke spise af helliggaverne, før han har badet sin krop i vand. og 5 Mos 23,11: Er der nogen hos dig, som på grund af sædafgang om natten ikke er ren, skal han gå uden for lejren; han må ikke komme ind i lejren. v12  Ved aftenstid skal han bade sig i vand, og når solen er gået ned, må han komme ind i lejren.

n48:  Erlangerudgaven har vist anbragt anførelsestegnene forkert; dette er ikke noget citat fra Apg 4,34, men en overvejelse, Luther gør sig.

n73:  Erlangernote: Von hier an haben den Text wieder beide Editionen.

n85:  Erlangernote: A. das ist, lass fahren das Böse, das du durch deine Hand über uns führest, und nimm Gutes in die Hand, das du uns gebest,

n118:  Igen er det galt med anførelsestegnene. Dette er ikke et citat fra Rom 15,1, men Luthers udlægning deraf. Rom 15,1 lyder: Vi, som er stærke, skylder at bære de svages svagheder og ikke tænke på os selv. Vulgata: debemus autem nos firmiores inbecillitates infirmorum  sustinere et non nobis placere